Der Sonntagsmann
dachte, wir könnten einfach mit dem Auto irgendwohin fahren. Und ich helfe dir suchen.«
»Und wo? Wir können doch nicht einfach losfahren und mal hier hinter einem Busch und da um eine Hausecke gucken! Hallo! Mama! Bist du da?«
Robert zuckte die Schultern. »Im Fernsehen finden irgendwelche adoptierten Kinder ihre Eltern sogar noch in Thailand. Wir könnten es doch wenigstens versuchen. Was meinst du?«
»Wenn du dich mit so einer alten Schrottkarre auf den Weg machen willst, dann hält uns die Polizei schon auf, ehe wir die Stadt verlassen haben. Schließlich halten sie nicht unbedingt Janne Steinreich mit seinem BMW auf, sondern Leute wie dich, nicht wahr? Wann haben sie dich zuletzt angehalten?«
»Letzten Monat zweimal.«
»Da siehst du. Und das ohne Führerschein. Bei dir mitfahren ist was für Loser.«
»Aber hättest du denn keine Lust? Zu suchen?«
Kari antwortete nicht. Sie setzte sich aufs Bett. Robert wartete.
»Wie sollen wir das denn anstellen?«, fragte sie dann und sah ihn an.
»Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Ich habe schließlich einiges an Mist gebaut …« Er hielt die Vorladung hoch, um seine Worte zu unterstreichen. »… und meine Alte hat eine Menge Post von der Schule, vom Jugendamt und von der Polizei gekriegt, ehe ich zu alt dafür und von zu Hause ausgezogen war. Über mich muss es unendlich viel Papier geben. Sicher haben sie dafür einen ganzen Wald abholzen müssen! Wenn du adoptiert worden bist, gibt es darüber bestimmt auch irgendwo eine Unmenge Papier. Okay, deine Adoptivmutter wusste nicht, wer deine richtigen Eltern waren, aber vielleicht steht das ja irgendwo in diesen Papieren. Verstehst du, was ich meine?«
»Ich habe Mama gefragt. Sie hat gesagt, sie hätte keine Ahnung.«
»Und wenn das nicht die Wahrheit war? Sie hat das vielleicht nur gesagt, damit du dich nicht statt für sie für deine richtigen Eltern entscheidest. Das wäre vermutlich nicht so cool für sie gewesen.«
Er setzte sich neben sie aufs Bett. »Wie alt warst du, als sie dich aufgenommen haben?«
»Noch ganz klein. Auf jeden Fall noch kein Jahr alt.«
»Wo habt ihr damals gewohnt?«
»Auf den Lofoten.«
»Wo ist das?«
»In Norwegen, ziemlich weit im Norden. Mein Adoptivvater war Norweger. Ich war erst fünf, als er starb, ich kann mich kaum an ihn erinnern. Mama war aus Schweden und zog sehr schnell nach seinem Tod wieder nach Schweden zurück.«
»Dann fahren wir in dieses Foten und schauen da mal nach.«
Er stand auf. »Oder hast du was Besseres vor?«, fragte er.
»Nicht wirklich«, antwortete sie und hielt ihm das Papier von der Polizei unter die Nase. »Aber ich hatte vor, morgen zu diesem Verhör zu gehen. Reicht es nicht, dass einer von uns polizeilich gesucht wird?«
10. KAPITEL
Elina ließ ihr Auto meist zu Hause stehen, da sie im Stadtteil Oxbacken wohnte, nur ein paar Straßen vom Polizeipräsidium entfernt. Außerdem hatte sie es sich angewohnt, einen Morgenspaziergang zu machen. Heute nahm sie allerdings ihren Wagen. Nach der Acht-Uhr-Besprechung wollte sie sich dünn machen. Sie wollte zur Tärna Folkhögskola fahren. Vielleicht gab es dort noch Unterlagen über Ylva Malmberg, Zeugnisse, Aufsätze, oder was es damals an diesen Volkshochschulen sonst so gab. Vielleicht erinnerte sich noch jemand an sie, ein Lehrer, ein Hausmeister oder jemand vom Küchenpersonal. Es würde sich wohl kaum etwas ergeben, was nicht schon in den Ermittlungsakten stand, aber Elina wollte sich Ylvas damaliges Umfeld ansehen. Sie wusste zwar nicht genau warum, aber dieselben Schritte zu tun wie die Opfer ihrer Mordfälle brachte ihr diese Personen stets näher. Genauso hatten die Dielenbretter damals schon geknarrt, so war die Aussicht gewesen, in diesem Zimmer hatte ein Mensch geredet und gelacht, den es jetzt nicht mehr gab. Auf dem Weg dorthin wollte sie auch bei Ylvas Wohnung in der Sandgärdsgatan vorbeifahren, einfach nur um sich das Haus anzusehen.
Am Nachmittag wollte sie die Ermittlungen, mit denen sie gerade befasst war, zum Abschluss bringen. Vor allen Dingen wollte sie die Unterlagen über die misshandelte Frau vervollständigen. Der Mann saß in U-Haft, es ließ sich also nicht länger aufschieben.
Die Acht-Uhr-Runde hatte sich fast vollzählig zur Besprechung eingefunden, so war es montags eigentlich immer. Auch John Rosén war anwesend, und Elina nahm neben ihm Platz. Auf der anderen Seite des Tisches saß Henrik Svalberg, ihr Kollege aus der Mordgruppe. Den vierten
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