Der Steinwandler pyramiden2
mühelos damit zurecht.
Isphet und Yaqob führten die Prozession in den See an. Wir schwiegen und nur die Laute des erwachenden Landes waren zu hören. Nebel trieb über dem See und verfing sich in den großen Schilfbänken zu beiden Seiten, aber er war nicht dicht, und als am östlichen Horizont rosafarbenes Licht erschien, wichen die Schilfbänke zurück und wir fanden uns auf einem offenen Gewässer wieder, das noch immer seicht genug für unsere Stangen war.
Isphet führte uns zu einer Stelle so weit draußen auf dem See, daß die Schilfbänke zu einem grünen Strich in der Ferne geworden waren. Sie gab ein Zeichen, und die Boote wurden zu einem weiten Kreis zusammengeführt und die Stangen in die Boote genommen. Ich befürchtete, daß sich der Kreis wieder öffnen würde, aber vielleicht war die Magie unter uns bereits stark, denn der Kreis blieb erhalten.
Bei Isphets nächstem Zeichen standen die von uns auf, die gesessen hatten, und wandten sich dem Kreisinneren zu, und die Kähne schwankten kaum. Wir alle trugen hellblaue Gewänder, keinen Schmuck, keine Gürtel und keine Schärpen.
Das Haar fiel lose herab, so daß die kühle Brise mit ihm spielte.
Alle Augen waren auf Isphet gerichtet. Sie war ganz in Weiß gekleidet, und mit ihrem schwarzen Haar, das ihr über die Schultern floß, und ihren ungewöhnlich dunklen Augen sah sie wie eine große Zauberin aus.
Sie hielt uns alle in ihrem Bann.
Wir standen ruhig da, die Blicke fest auf sie gerichtet.
Langsam hob sie den Arm, dann, mit einer schnellen Bewegung, schwenkte sie die Hand in einem großen Bogen über das Wasser.
Und Millionen von rosaroten und dunkelroten Juitvögeln erhoben sich mit einem Schlag aus den Schilfbänken in den Himmel, und es klang wie ein mächtiges Rauschen. Ich starrte Isphet an; in meinen Augen sah die rosa- und rotfarbige Woge hinter ihr wie ein großer Flammengürtel aus.
Dann erregte eine andere Bewegung meine Aufmerksamkeit.
Das Wasser innerhalb des Kreises unserer Kähne wirbelte wie ein Mahlstrom herum, obwohl sich keines der Boote an seinem Rand bewegte. Die Morgendämmerung tauchte uns nun in ihr Licht, und ich konnte sehen, daß sich das grüne Wasser in der Mitte des Kreises schwarz verfärbte.
Isphet warf Metallpulver mitten hinein, und Farben wirbelten nun in dem Rund: Blau, dann auf Isphets Befehl Rot, dann Gold und schließlich helles Smaragdgrün.
»Nehmt die Farben in euch auf«, flüsterte sie über dem Kreis,
»lauscht ihren Stimmen, Boaz, hörst du, wie wir sie verstehen?«
Ja.
Ja, das tat er. Er war einer von uns und hatte im Gegensatz zu mir keine Angst, als er das erste Mal in die Macht der Farben eintauchte. Er ließ sich mühelos und ohne zu zögern von der Macht umfangen.
Ja.
Ich konnte ein Brausen hören – das Wasser, das immer wilder wurde, aber ich beachtete es nicht und ließ mich ebenfalls von der Macht mitreißen.
Dann waren die Soulenai mitten unter uns.
Ich erbebte, denn ihre Gegenwart war anders als je zuvor, stärker. Viel lebendiger.
Gib nach, Boaz, fühlte ich Isphet drängen, laß dich von ihrer Macht erfüllen, dich bereichern.
Als ich mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken legte und mich von ihrer Gegenwart durchdringen ließ, fühlte ich, wie Boaz das gleiche tat.
Wieder ging er in ihnen auf, ohne zu zögern.
Gib dich hin… Diesmal sprachen die Soulenai, und ich konnte die Neugier spüren, als sie durch Boaz wogten, ihn erforschten, Nähe zu ihm suchten.
Er ließ es geschehen.
Sie bewegten sich durch jeden von uns und auch zwischen uns – etwas, das sie noch nie zuvor getan hatten.
Ich schlug die Augen auf. Wandelten die Soulenai unter uns?
So fühlte es sich an, oh ja, denn das war eine Macht, die ich noch nicht kannte. Sie waren lebendig an diesem Ort, sehr stark, und ich fragte mich, warum das so war.
Dann sprachen sie.
Im Land sterben die Elementenkünste. Der Krieg ist wieder da, und das Land verwandelt sich erneut in Stein. Am Ende wird sogar das Lied der Frösche sterben. Dann wird alles verloren sein. Ihr alle, die ihr euch hier versammelt habt, sollt die Steine wieder zum Leben erwecken und das Land erneuern.
Ihr seid unsere geliebten Kinder, und ihr werdet die Verantwortung dafür tragen.
Aber unter euch sind einige, die eine größere Last als andere werden tragen müssen. Hört zu und wisset. Isphet…
Und die Soulenai wandelten unter uns. Ich konnte sie jetzt sowohl sehen als auch fühlen. Ein Licht umgab Isphet, und ich konnte darin
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