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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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radioaktiven Zeug. Einige Papierschnitzel mit Notizen
     drauf. Rechnungskopien. Ich weiß nicht genau, was es eigentlich ist.«
    »Wie sieht es mit den
     Sachen im Haus aus? Irgend etwas Radioaktives?«
    »Wir sind nicht mit
     einem Geigerzähler hingegangen, wenn es das ist, was du meinst, aber
     wir haben eine Menge davon mitgenommen und sehen es uns noch an. Was ist
     deiner Meinung nach da eigentlich passiert? Was soll das Ganze?«
    »Als ich dich dort
     hinschickte, dachte ich, du würdest irgendwelche Sachen finden, die
     beweisen, daß John Pighee seine Frau mit radioaktivem Kalzium gefüttert
     hat, das schließlich ihren Knochenkrebs auslöste.«
    »Mein Gott. Getötet
     von einem Toten.«
    »Aber jetzt bin ich mir
     da nicht mehr so sicher«, sagte ich. »Laß Mrs. Thomas
     doch einmal herein, ja?«
    »Sie hereinlassen? Bist
     du sicher?«
    »Ja. Komm mit ihr, aber
     halt dich etwas abseits.«
    Er zuckte mit den Schultern
     und ging hinaus, um sie zu holen. Meine Aktien waren gestiegen.
    Mrs. Thomas kam rot und
     rasend ins Zimmer gestürmt; ihr Gesicht sah aus, als hätte man
     ihr gerade den Pelz geschoren, und die Spuren dieses Mißbrauchs
     brannten noch auf ihrer Haut.
    »Sie!« sagte sie
     und hätte mich beinahe geschlagen. »Sie haben mein Vertrauen mißbraucht.
     Es sollte gesetzlich verboten sein, seinen Klienten zu hintergehen.«
    »Das ist es auch«,
     sagte ich, »es sei denn, es handelt sich um Informationen, die ein
     Verbrechen betreffen.«
    »Was für ein
     Verbrechen?« fragte sie mit plötzlicher Koketterie.
    Ich hielt das Tagebuch ihres
     Bruders empor. »Das haben Sie doch Tag für Tag gelesen, oder?«
    Sie dachte darüber nach,
     ob sie es leugnen sollte. Dann entschloß sie sich zu einem beherzten
     Ja.
    »Als Sie mich
     engagierten, wußten Sie also, daß diese Gruppe, mit der John
     gearbeitet hatte, der Grund dafür war, daß er keine Besucher
     haben durfte.«
    »Nun ja«, sagte
     sie.
    »Aber Sie haben mich zu
     Hilfe geholt, um Druck auf sie auszuüben, so daß sie Ihnen Geld
     gaben, vielleicht das Geld, das Sie früher von John bekamen.«
    »Er hätte es so
     gewollt«, sagte sie mit einigem Nachdruck. »Da stand ich und
     bekam überhaupt nichts, und diese Leute haben sie zu einer reichen
     Frau gemacht, solange er krank war. Aber es war nicht sie, die ihm am
     Herzen lag.«
    »Nein. Das waren Sie
     und Marcia Merom, aber ganz bestimmt nicht Linn.«
    »Ganz bestimmt nicht.
     Sie war schon schlimm genug am Anfang, als sie ihn in die Falle gelockt
     hat mit… na ja, so wie sie es eben getan hat. Aber nach dem Tod der
     Kinder bedeutete sie ihm nichts mehr; nichts.«
    »Sie hielt ihn zurück.
     Wenn sie aus dem Weg war, hätte ihn nichts mehr aufhalten können.«
    »Sie war ein Hemmschuh«,
     sagte sie.
    »Nur daß er
     nichts tun wollte, um sie loszuwerden.«
    »Nein«, sagte sie
     erhitzt. »Also…« Sie riß sich zusammen.
    »Also halfen Sie ihm,
     so wie Sie ihm immer geholfen haben, seit er ein Baby war.«
    Sie sagte nichts.
    »Und außerdem«,
     sagte ich, »wenn John sterben sollte…«
    »Er wird nicht sterben.«
    »Aber wenn es so wäre,
     würde Linn alles erben. Es sei denn, sie würde als erste
     sterben.«
    Sie saß nur da und
     funkelte mich an. So deutlich, wie ein stummes Geständnis nur sein
     konnte.

46
    Am Nachmittag bekam ich
     Besuch von Sam. Ray McGonigle begleitete sie. »He, Mann«,
     sagte er. Aber er trat zurück, als Sam näher kam und sich an
     mein Bett setzte.
    Ich sah, daß sie
     geweint hatte. 
    »Daddy«, sagte
     sie. »Daddy.«
    »Was ist, Kind?«
    »Ich habe heute morgen
     mit Mama telefoniert. Sie sagt, ich muß nach Hause kommen. Ich muß
     zurück in die Schule.«
    »Natürlich mußt
     du das«, sagte ich.
    »Ich meine, ich muß
     jetzt gehen. Ray bringt mich zum Flughafen.«
    »Ein besserer Vater würde
     solche Dinge im Auge behalten«, sagte ich. Mit einem Mal war mir zum
     Heulen. Aber, um es ihr nicht noch schwerer zu machen, kämpfte ich
     mannhaft dagegen an. Dann fand ich aber, daß ich durchaus weinen
     sollte, wenn mir danach war. Aber zu dem Zeitpunkt konnte ich es schon
     nicht mehr.
    »Ich war drauf und
     dran, Mama zu sagen, daß ich nicht zurück in die Schule will«,
     sagte Sam. »Aber da ich nur noch ein Jahr bis zum Abschluß
     habe, meine ich, ich sollte es dieses eine Jahr auch noch aushalten.«
    »Natürlich
     solltest du das«, sagte ich.
    »Daddy«, begann
     sie, aber wir wurden von einem Krawall draußen vor der

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