Der stumme Handlungsreisende
Anschlüsse wuchsen wie Haare aus ihm
heraus. Eine Maschine hing direkt über seiner Brust.
Sein Kopf war bis auf die
Nase mit einem braunen Stoff verhüllt, der wie eine mit irgendwelchen
Chemikalien imprägnierte Bandage aussah. Seine Augen und der Rest der
linken Seite seines Gesichts waren bedeckt.
»Mein Gott«,
sagte Weston. Es war kein schöner Anblick.
»Ich bitte Sie alle,
dem Patienten nicht zu nahe zu kommen«, sagte Dr. Merom. Dundree,
der hinter ihr stand, nickte langsam. »Ich werde die Apparaturen,
die Sie vor sich sehen, nicht näher beschreiben. Nur ein paar von den
offensichtlicheren Dingen.«
Welche die Monitore seines
Herzens einschlossen, seines Atems, seiner Nierenfunktion, seiner Nährstoffaufnahme,
der Körperausscheidungen, der Temperatur, des Salzhaushaltes, der
verschiedenen Blutwerte und der Leberfunktion.
»Sind Sie zufrieden?«
fragte Dundree uns.
»Ja«, sagte
Weston scharf.
»Nein«, sagte
ich. Dann, an Weston gewandt: »Sehen Sie ihn sich gut an.«
»Was soll ich mir da
ansehen?«
»Ist das John Pighee?«
»Wer könnte das
sagen?«
Dundree runzelte die Stirn.
»Wollen Sie damit andeuten, daß das hier möglicherweise
nicht John Pighee ist?«
»Genau«, sagte
ich.
»Lächerlich.«
Wir diskutierten die Sache im
Ankleideraum weiter. »Ich finde es nicht lächerlich«,
sagte ich. »Wenn ihr keinen in seine Nähe lassen wollt,
woher sollen wir dann wissen, wer er ist?«
»Ihre Phantasie muß
mit Ihnen durchgehen, oder Sie sind krank. Das ist ganz eindeutig John
Pighee.«
»Ich hätte gern
einen Satz seiner Fingerabdrücke«, sagte ich. Nur, um meinen
Beliebtheitsgrad zu einem neuen Weltkrekord aufzuschwingen.
Merom war gelassen, aber
Dundree war außer sich vor Wut. »Was glauben Sie, wer Sie
sind?« rief er. »Was sind Sie für ein Verrückter?«
»Ich glaube, ich bin
der bevollmächtigte Repräsentant von Mrs. Linn Pighee, und ich
habe das Recht, eine eindeutige Identifikation zu verlangen.«
Dundree wandte sich an
Weston. »Sie sind der Anwalt. Stimmen Sie dieser… dieser
beleidigenden Forderung zu?«
Weston schien sich
ausgesprochen unwohl zu fühlen. Aber er entschied sich schließlich
doch für die richtige Seite. »Wenn es ohne übertriebenes
Risiko gemacht werden kann, sehe ich nicht ein, warum Sie dagegen sein
sollten.«
Sie nahmen dem Patienten auf
einem sterilen Glas Fingerabdrücke ab, und zehn Minuten später
waren Weston und ich auf dem Weg aus dem Krankenhaus.
Aber bevor ich Dr. Merom
verließ, sagte ich: »Ich hoffe, Sie nehmen das Ganze nicht
persönlich. Ich versuche nur, im besten Interesse meiner Klientin zu
handeln, so wie Sie wahrscheinlich im besten Interesse Ihres Patienten
handeln.«
Sie machte keinen übermäßig
liebenswerten Eindruck.
»Wie ist die Prognose für
Pighee?« fuhr ich fort.
»Das kann man unmöglich
sagen.«
»Er könnte also
trotz allem immer noch sterben?«
»Das ist durchaus möglich,
obwohl sein Zustand jetzt schon seit einiger Zeit stabil ist.«
»Was ist mit dem
Gehirnschaden?« Das war das einzige Organ, auf das sie nicht eigens
unsere Aufmerksamkeit gelenkt hatte.
»Wir überwachen
natürlich seine zerebrale Aktivität«, sagte sie. »Das
ist so ungefähr das einzige, was wir tun können. Es sähe
besser aus, wenn er bei Bewußtsein wäre, aber das kann durchaus
noch kommen.«
»Wenn er stirbt, hat es
wenigstens eine gute Seite«, sagte ich mit gespielter
Unbeschwertheit.
»Und die wäre?«
fragte Dr. Merom.
»Ich kann dann einen
Umschlag öffnen, den ich in meinem Büro habe. Ein Vermächtnis
von John Pighee. Darf nur im Falle seines Todes geöffnet werden.«
Merom und Dundree tauschten
Blicke miteinander, die für einen kurzen Moment Besorgnis, Angst und
Verwirrung zeigten. Dann sagte Dr. Merom: »Nun, ich hoffe doch sehr,
daß es dazu nicht kommen wird.«
Ich war nicht allzu stolz auf
meine Bemerkung, aber zumindest hatte ich eine Reaktion bekommen. Wir
gelangten an die Pendeltüren, und Weston und ich waren wieder zurück
in der Besucherzone der Klinik.
Sam und Linn waren nicht da.
Die Krankenschwester hinter
dem Schreibtisch kam meiner Frage zuvor. Sie sagte: »Der älteren
Frau ist schlecht geworden, während sie hier gewartet hat. Die junge Dame hat sie zur Untersuchung
in die Notaufnahme gebracht.«
»Nicht hier!«
sagte ich, ohne
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