Der stumme Handlungsreisende
nachzudenken.
Die Schwester verstand nur
allzu schnell, was ich meinte. »Das ist eine Versuchsklinik«,
sagte sie. »Wir nehmen hier nicht jeden.«
»Das war kein besonders
erfolgreiches Unternehmen, Mr. Samson«, sagte Weston zu mir.
Beklommen tastete ich nach
dem Fingerabdruckglas in meiner Tasche. Im Innersten wußte ich, daß
es Pighees Fingerabdrücke waren und daß es Linn nicht gut ging.
Wir fanden Sam im Warteraum
der Notaufnahme. Reglos und mit auf die Hände gestütztem Kopf saß
sie da. Ich setzte mich neben sie und legte ihr meinen Arm um die
Schultern.
»Man hat sie
aufgenommen«, sagte Sam. »Mir ist nichts anderes eingefallen.
Sie war sehr traurig, Daddy.«
23
Weston hatte mir nicht mehr
viel zu sagen, bevor er wieder seiner Wege ging. Er hatte Verständnis
für meine Verdächtigungen, war aber froh, daß er nicht
verantwortlich war für diesen speziellen Versuch, Aufklärung zu
erlangen. Ich konnte ihn verstehen. Ich fühlte mich auch nicht
besonders aufgeklärt.
Sam und ich sprachen auf dem
Weg nach Hause nicht viel miteinander.
Sam und ich sprachen den Rest
des Abends nicht viel miteinander.
Ich erwachte mitten in der
Nacht und sprach mit mir selbst. Ich fragte mich, was ich mir da
eigentlich in den Kopf gesetzt hatte. Mir den Weg in das Krankenzimmer
eines aufs schwerste verletzten Mannes zu erzwingen. Darauf zu bestehen,
daß seine ebenfalls nicht gesunde Frau das Haus verließ,
obwohl sie es nicht wollte. Noch tiefer in meinem Innern nagte die Frage,
wie ich überhaupt so verstiegen sein konnte, mich Privatdetektiv zu
schimpfen, wenn ich mich nicht zusammennehmen, wenn meine Verdächtigungswut
so mit mir durchgehen konnte.
Ich fragte mich, was ich in
dem Bett verloren hatte, in dem eigentlich Linn schlafen sollte.
*
Um zwanzig nach zehn weckte
Sam mich. »Daddy. Daddy! Da ist eine Dame, die dich sehen möchte.«
Es gibt schlimmere Gründe,
geweckt zu werden. Ich streckte mich, kratzte mich, schlug die Decke zurück
und ging in mein Büro.
Wo ich Mrs. Thomas vorfand.
»Es wäre schön, wenn wir alle bis nach halb acht schlafen
könnten«, sagte sie. Ich hatte irgendwie das Geühl, daß
sie nicht besonders zufrieden mit mir war. Aber ich würde sie schon
auf ihren Platz verweisen.
»Was kann ich für
Sie tun, Mrs. Thomas?«
»Sie können mir
das hier erklären«, sagte sie und reichte mir ein Blatt Papier.
»Sieht wie eine
Rechnung aus«, sagte ich. »Von mir.«
»Genau. Über
zweiundachtzig Dollar! Das ist lächerlich.«
Ich überflog die
Aufstellungen von Zeiten und Ausgaben. »Nein, das ist es nicht. Es
ist sehr vernünftig.«
»Vernünftig? Was
glauben Sie, wer Sie sind - Sherlock Holmes?«
»Wir haben uns, bevor
ich mit der Arbeit angefangen habe, über den Preis verständigt«,
sagte ich. »Und wenn überhaupt, ist es eine Unterschätzung.«
»Nun«, sagte sie
steif. »Diese Haltung habe ich nicht erwartet.«
»Welche Haltung haben
Sie denn erwartet?«
»Eine Entschuldigung
habe ich erwartet.«
»Wenn Sie nicht
zufrieden sind, schlage ich Ihnen vor, eine andere Detektei aufzusuchen
oder die Verbraucherberatung. Fragen Sie diese Leute mal, ob sie das Gefühl
hätten, der Preis für meine Arbeit sei unvernünftig.«
»Sie scheinen die
Absicht zu haben, ziemlich großzügig mit meiner Zeit umzugehen«,
sagte sie. »Zweifellos genau so großzügig, wie Sie es bei
der Berechnung Ihrer Arbeitszeiten waren.«
»Eine Menge Leute würden
Ihnen zwanzig Prozent dessen, was Jay Dundree Ihnen gegeben hat, in
Rechnung stellen. Eine Art Finderlohn - als direktes Ergebnis ihrer
Arbeit.«
»Ihr Glück, daß
Sie das nicht versucht haben.« Aber sie leugnete nicht meine
Andeutung, daß die zwanzig Prozent mehr gewesen wären als die
zweiundachtzig Dollar, die ich ihr berechnet hatte.
»Ich bin ungewöhnlich
gewissenhaft, was die Berechnung meiner Arbeitszeiten betrifft«,
sagte ich. »Es tut mir leid, wenn die Höhe der Rechnung Sie
überrascht hat, aber es gibt nur eine Möglichkeit, wie Sie es
billiger bekommen hätten. Wenn Sie nämlich von Anfang an
festgestellt hätten, daß Sie nicht ganz so erpicht auf einen
Besuch bei Ihrem Bruder waren, wie Sie dachten.«
»Glauben Sie nicht, daß
ich das einfach so auf sich beruhen lasse«, sagte Mrs. Thomas. Aber
wenigstens verschwand sie aus meinem Büro und ließ mich in
Ruhe.
Was glaubte sie
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