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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Klauen vergelten!
    Schrillstimmes Blick war eisig. »Ja, und im Gegensatz zu dir habe ich da auch was zu suchen!«
    »Was meinst du damit?«
    »Das weißt du genau. Du hast dich bei ihr eingeschlichen, damit du nicht mehr die Gänge putzen und Gemüse schälen musst!«
    Jini war verblüfft. Aber nur einen Moment lang. »Sag mal, was für ein Problem hast du eigentlich? Denkst du etwa, du kannst besser als die Regentin entscheiden, wer gut für sie ist?«
    Gut so, lass dich nicht einschüchtern, Nachtmädchen, dachte Mi‘raela bei sich.
    »Nein, das natürlich nicht«, entgegnete Hetta patzig. »Aber ich finde, du gehörst hier überhaupt nicht her. Was machst du eigentlich in der Burg?«
    Jini zuckte die Schultern. »Was ich hier mache? Ich lebe hier, und bis vor kurzem habe ich auch noch hier gearbeitet und mir mein Essen verdient. Arbeitest du, oder hast du die schönen Kleider alle von deinem Herrn Papa?«
    Mi‘raela wurde immer unwohler zu Mute. Es war niemand sonst im Gang, außer ihr gab es keine Zeugen. Wusste Jini, dass Schrillstimme immer einen Dolch im Ärmel trug? Angeblich für Notfälle, Spinnenfinger hatte ihn ihr gegeben. Er war mit einem Gift präpariert, das ganz langsam tötete, sodass es aussah, als hätte das Opfer nur irgendeine Krankheit gehabt.
    Ich muss die beiden ablenken, dachte Mi‘raela. Zu ihrem Glück witterte sie zwei Gänge weiter einen Nimbel. Eines dieser albernen Geschöpfe, die wie ein Suppenteller auf Beinen aussehen und die mit ihren spitzen Schnauzen auf der Suche nach Insekten in den Ritzen von Felsen herumschnobern. Es kostete sie nur einen Moment, ihn zu überwältigen. Doch sie biss ihm nicht die Kehle durch – Nimbel schmeckten sowieso nicht besonders, ihre haarlose braune Haut war dick und ledrig –, sondern packte ihn nur im Genick. »Du kannst dir deine Freiheit verdienen«, flüsterte sie dem fiependen Geschöpf zu. »Du rennst jetzt auf die beiden Dörflinge da zu und läufst der Rothaarigen zwischen die Füße. Wenn du das überlebst, bist du frei.«
    Der Nimbel wusste, was ein gutes Geschäft war, und Schrillstimme konnte ausgesprochen laut schreien. Ein halbes Dutzend Soldaten, die gerade in den Übungsräumen trainiert hatten, stürzte herbei. Im Getümmel konnte Mi‘raela Jini wegziehen und mit ihr in die Tiefen der Burg flüchten.
    »Du hast Glück, dass du noch lebst, Glück«, sagte Mi‘raela und erzählte ihr von dem Dolch.
    »Oh«, meinte Jini. »Und das würde sie wirklich tun?«
    »Sie würde und sie hat schon«, sagte Mi‘raela und erzählte ihr von dem Diener, gegen den Schrillstimme im letzten Winter eine Abneigung entwickelt hatte. Seine Knochen moderten in einer der Gruben, die es für solche Zwecke außerhalb der Burg gab.
    »Ich werde vorsichtiger sein«, versprach Jini, dann liefen sie Seite an Seite die Gänge hinunter zu den Speicherseen.
    * * *
     
    Auf einen Schlag fiel mir die Szene mit den Feuer-Leuten wieder ein, bei der Joelle mit Säurekugeln um sich geschmissen hatte. »Ja, ich glaube, es ist wirklich Zeit für die Wahrheit«, sagte ich, und in meinem Kopf wirbelten die Gedanken umher.
    Ein paar Gäste kamen von draußen herein, drängten sich auf dem Weg in die Schänke an uns vorbei und warfen uns seltsame Blicke zu. Hier konnten wir nicht bleiben. Schließlich landeten wir in meinem Zimmer, in dem peinlicherweise noch all meine verschwitzten, dreckverkrusteten Wüstenklamotten auf dem Bett und den Stühlen verstreut lagen. Aber Joelle schien es nicht zu bemerken, und es schien sowieso am natürlichsten, sich im Schneidersitz auf den aus Pflanzenfasern gewebten Teppich zu setzen.
    »Gut«, meinte ich. »Was genau wolltest du mir sagen?«
    »Ich habe den Rat angelogen.« Plötzlich wirkte Joelle wieder ganz ruhig. Sie nahm einen Schluck aus meinem Wasserbeutel und wischte sich den Mund ab. »Gesagt habe ich, dass ich mit anderen Gilden auskomme. Aber das stimmt nicht. Ich hasse sie.«
    Mir wurde klar, warum sie es erst jetzt zugab. Inzwischen waren wir weit genug von Vanamee entfernt, dass ich und Merwyn bei dieser Neuigkeit nicht gleich umkehren und sie wieder daheim abliefern konnten. »Na, toll«, brummte ich verärgert. Und das nach ihrer Standpauke wegen Pflichtvergessenheit, die ich eben hatte einstecken müssen! »Ich meine, wir werden in der nächsten Zeit nur Menschen anderer Gilden begegnen, glaubst du, dass deine Säurekugeln für die alle reichen?«
    Joelles Augen blitzten gefährlich. »Hör mir erstmal zu, Tjeri.

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