Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
Eindruck, je benutzt zu werden.
„Sag mal, hast du so eine ordentliche Putzfrau, oder kochst du nie?“
Edwina fuhr erstaunt herum, sah sich in der Küche um und schien für Sekundenbruchteile in Erklärungsnot, bevor sie gelöst zu lachen begann. „Ich koche tatsächlich nie. Ich kann es einfach nicht! Meine Küche ist ein trostloser, ungenutzter Ort…“
Dass Edwina in ihrer eigenen Küche nach Teebeuteln suchen musste, machte ihre junge Großnichte zwar etwas stutzig, blieb aber ansonsten unbeachtet. Nach einigem Hin und Her setzte die Frau sich schließlich zu ihrem Gast und musterte die langen braunen Haare wohlwollend.
„Bist ein hübsches Ding geworden, k l eine Emily!“
„Du hast mich früher schon einmal gesehen?“
Edwina lächelte traurig. „Ja, als kleines Mädchen. Und nur aus der Ferne. Aber das ist eine andere Geschichte.“ Einen Moment senkte sich Schweigen über den Raum. Nervös ging Edwina zurück in die Küche und brachte Emily schließlich eine große Tasse mit dampfendem Kamillentee. „Entschuldige, anderen hatte ich nicht da. So, und Emma ist also gestorben, sagst du.“
Emily nickte und nippte an dem heißen Tee. „Ja. Vor zwölf Tagen. Sie sagen, es war ein Herzstillstand. Ich wusste nicht, dass meine Mutter krank war. Ich meine… man kippt doch nicht einfach um und ist tot, wenn man gesund ist, oder?“
Edwina antwortete nicht, sondern starrte nur bedächtig vor sich hin. Doch dann blickte sie ihre Großnichte plötzlich sehr aufmerksam an und fragte: „Wurde das Testament schon verlesen?“
Emily nickte. „Es ist witzig, dass du danach fragst, denn ich wollte dich auch genau darauf ansprechen. Die Hinterlassenschaft meiner Mutter wirft einige Fragen auf, und sie hat in ihrem letzten Brief an mich ein großes Geheimnis um etwas gemacht.“
„Was für ein Geheimnis?“
„Das weiß ich noch nicht. Ehrlich gesagt bin ich deswegen hier. Sie hat mir religiöse Gegenstände aus ihrem Bankschließfach vermacht und mir nur gesagt, ich muss den Rest selbst herausfinden.“
Emily nahm verwirrt zur Kenntnis, dass Edwina Watson plötzlich sehr nervös zu werden schien. Sie rutschte auf ihrem Sessel hin und her, bis sie es schließlich nicht mehr aushielt, aufstand und im Zimmer auf und ab lief.
„Was genau waren das für Dinge?“
„Ein Rosenkranz, ein Kreuz und Weihwasser. Und ein Hinweis. Ich hab die Sache so weit verfolgt, wie ich konnte und bin schließlich auf dem Speicher unseres Hauses auf ein paar alte Fotos gestoßen. Auch auf eins von dir, deswegen bin ich hier. Ich dachte, du könntest mir vielleicht helfen.“
Umständlich kramte Emily die Fotos aus ihrer Handtasche. Zuerst zeigte sie Edwina das von ihr selbst. „Sieh mal. Ist schon eine Weile her, aber…“ Der jungen Frau blieb der Rest des Satzes im Halse stecken. Sie schaute auf das Foto, und dann auf die Frau vor sich, und musste zu ihrem Erstaunen feststellen dass sie um keinen Tag gealtert war. Im Gegenteil, Edwina schien eher jünger geworden zu sein.
„Wie zum Teufel ist das möglich…?“
Edwina lächelte matt und nahm das Foto in die Hand. Beinahe zärtlich strich sie darüber. „Es ist so lange her… und doch scheint es mir, als wäre es erst vor Minuten gewesen. Was hast du noch gefunden?“
Emily ließ sich schnell ablenken und zeigte ihr das seltsame Gruppenbild. „Siehst du? Da und hier sind Lücken. Als ob dort jemand stehen müsste. Und auf der Rückseite sind Namen vermerkt. Aber da ist niemand!“
Edwina wurde bleich. „Diese Idioten haben tatsächlich… es stimmt also. “
„Hm?“ Emily sah ihre Tante ratlos an. „Edwina?“
„Ja. Alles in Ordnung. Ich dachte nur gerade…“
„Sag es mir ruhig. Bitte, sag es mir, wenn du mir helfen kannst, dieses ominöse Rätsel zu lösen, das Mutter mir aufgegeben hat. Ich stoße ständig nur auf neue Hinweise, die noch mehr Fragen mit sich bringen , aber nirgendwo scheint eine Antwort in Sicht zu sein. Und alles scheint irgendwie damit zusammen zu hängen, dass kaum jemand von unserer Familie übrig ist!“
Edwina nickte bedächtig und atmete einmal tief durch.
„Da hast du nicht ganz Unrecht, meine Kleine.“
„Du weißt etwas darüber, habe ich Recht ?“ Emily sprang vor Aufregung auf, lief einmal hektisch durch das geräumige Wohnzimmer und setzte sich dann wieder, als ihre Knie weich wurden vor Nervosität. Endlich bekam sie Antworten!
„Schön, irgendwann wirst du es ja doch erfahren. Dann jetzt besser von mir und in
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