Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
der nächsten Maschine, und…“
„Emily. Er hat dich doch schon gefunden. Ich garantiere dir, dass er die Pension bewacht, in der du wohnst. Wenn er merkt, dass du abreist, ist dein Leben schneller vorbei, als du denken kannst. Und wenn du Pech hast, macht er dich zu einer von uns.“
„Was soll ich denn sonst tun? Mich in eine Ecke setzen und warten, bis er kommt?“
Eine Weile saßen die beiden Frauen ratlos zusammen und überlegten, was sie Roy entgegen setzen konnten. Es mochten fünfzehn Minuten vergangen sein, als Emily sich schließlich entschlossen aufsetzte und ihre Großtante grimmig ansah.
„Ich gehe zu ihm.“
Die andere starrte sie ungläubig an. „Wie meinst du das?“
„Du gehörst zu ihrem Volk. Du weißt doch sicher, wo ich Roy finden kann! Dieser Vampir denkt, dass Edward Watson ihn damals absichtlich umgebracht hat. Und das ist nicht richtig. Also werde ich zu ihm gehen und ihm erklären, dass das damals ein Unfall war!“
Edwina lachte laut auf. „Emily! Du kannst nicht einfach in eine Unterkunft hinein marschieren und etwas erklären ! Das sind Vampire! Instinktgesteuerte Wesen, die nur zwei Dinge wahrnehmen, wenn du ihre Welt betrittst: deinen Pulsschlag und den Duft deines Blutes! Roy wird dich in seiner Wut sofort zerfleischen!“
„Dann sterbe ich halt etwas früher als geplant. Etwas anderes als der Tod erwartet mich ja anscheinend sowieso nicht! Ich muss es versuchen, Tante Edwina! Ich muss versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass es ein Unfall war!“
Ihre Großtante schüttelte energisch den Kopf und erhob sich erregt.
„Emily, so geht das nicht. Wirklich nicht. Du rennst in dein sicheres Verderben, und das kann ich nicht zulassen. Roy hat genug von uns getötet, bevor sie auch nur ansatzweise in der Lage waren, ihn über seinen Irrtum aufzuklären. Ich habe es damals versucht, doch in seiner Raserei hat er mir nicht einmal zugehört . Das Resultat siehst du. Du brauchst zumindest ansatzweise… Schutz. Jemanden, der für dich bürgt und darauf achtet, dass die Vampire dich nicht nach zwei Sekunden töten.“
Emily nickte. „Aber das würde bedeuten, dass ich mich einem Vampir anvertrauen muss, richtig?“
„Ja. Anders geht es nicht.“
Emily sah ihre Tante ein wenig schüchtern an. „Wirst du mich begleiten?“
Die andere schüttelte heftig den Kopf. „Nein, meine Liebe. Ich kann dich nicht begleiten. Ich bin in den Unterkünften nicht mehr willkommen. Ich habe zu vehement darauf bestanden, hier mein eigenes, abgeschiedenes Dasein zu führen. Du musst jemanden bei dir haben, der in den Unterkünften zu Hause ist.“
„Na klar. Das wird ja auch ganz einfach.“ Emily rümpfte die Nase und ließ sich in einen Sessel fallen, als Hoffnungslosigkeit sie für einen Moment überkam.
„Du hast nur eine einzige Chance. Dein Cousin Gene ist Wächter der Stätte auf dem Highgate Cemetary. Du musst ihn aufsuchen und ihm sagen, wer du bist. Wenn du Glück hast und er gute Laune hat, wird er dir helfen.“
„Wächter der Stätte? Was heißt das?“
„Die Unterkünfte der Vampire sind über ganz England verteilt, und allein in London gibt es zwanzig, soweit ich richtig informiert bin. Ihr Eingang liegt stets verborgen und ist nur durch einen langen Tunnel mit der eigentlichen Unterkunft verbunden. Aber es gibt genug neugierige Kinder, Hobby-Archäologen oder andere Menschen, die manchmal durch Zufall einen Eingang aufspüren. Für diese Fälle gibt es an jedem Eingang einen Wächter der Stätte. Er bewacht den Eingang und tötet notfalls, wen oder was immer versucht, dort einzudringen. Wie gesagt, dein Cousin Gene ist einer von ihnen.“
Edwina ging zu einem kleinen Sekretär in der Ecke des Wohnzimmers und zeichnete den Weg auf einen Zettel, den sie Emily anschließend reichte. Die junge Frau runzelte die Stirn, als sie sah, wo die Zeichnung sie hinführte.
„Ich muss wieder in den gruseligen Teil des Friedhofs?“
Edwina lächelte. „Ja, wenn du ihn so bezeichnen willst. Wenn du in die Nähe kommst, ruf leise nach Gene. Rufe gezielt seinen Namen. Dann bist du nicht irgendein Eindringling, sondern er weiß dann , dass du ihn suchst. Eine gute Voraussetzung, um ihn zum Zuhören zu bewegen. Und dann sag ihm sofort, wer du bist. Gene ist ein Vampir und Roy gehorsam, doch er hält immer noch viel auf Familienbande. Er wird nicht wollen, dass sich der Fluch erfüllt, und schon gar nicht durch seine Hilfe.“
Erneut legte sich Stille über den kleinen Raum, und
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