Der Tanz Der Klingen
bedaure lediglich, dass mir ein solch trauriger Anlass solche Freude beschert, Euer Gnaden.« Er mochte hochgestochene Floskeln.
»Du kannst doch reiten, oder?« Seit dreieinhalb Jahren waren sie verheiratet, und er musste sie danach fragen?
»Ich reite sehr gut, Hoheit.« Doch sie war sicher, dass dies auf keine ihrer bürgerlichen Zofen zutraf. Würde dieses Pech sie ihres unverhofften Glücks berauben? Wenn Rubin das Problem angemessener Gefährtinnen für sie nicht erwähnte, würde sie es jedenfalls nicht tun.
»Also morgen dann«, meinte er leichthin. »Wir brechen bei Sonnenaufgang auf und reiten nach Vamky, wo wir die Nacht verbringen, ehe wir den Pass zu überqueren versuchen. Wenn das Wetter sich verschlechtert, können wir es womöglich nicht wagen, aber der Bote hatte keine Schwierigkeiten.«
»Ich freue mich schon sehr darauf. Wird Fürst Volpe uns begleiten?«
Rubin lächelte mit feuchten, bemalten Lippen. »Wenn er sich zu benehmen weiß. Bis dann, meine Liebe.« Und damit verließ er sie.
Frederik lugte an Johanna vorbei, um zu überprüfen, ob es wieder sicher war, sich sehen zu lassen.
Nun denn! Dies war der bemerkenswerteste Tag, den seine Mutter seit seiner Geburt erlebt hatte. Johanna ließ Frederik bei Ruxandra. Das Problem der Begleitung löste sie, indem sie ihm keine Beachtung schenkte und nur ihr Hauptdienstmädchen Arghira mitnahm, die so wie sie ein Mädchen vom Lande war und Pferde in- und auswendig kannte. Der Rest des Tages und die halbe Nacht verflogen mit emsigen Vorbereitungen. Johanna vermeinte, kaum geschlafen zu haben, ehe sie an der Seite ihres Gemahls durch die Palasttore hinausritt.
4
Der Tag war windig und sonnig. Das Volk der Stadt säumte die Straßen vor ihnen. Männer lüpften die Hüte und verbeugten sich, Frauen knicksten. Rubin entschied, den Fluss zu überqueren und die Straße nach Westen einzuschlagen, wobei er eine gemächliche Geschwindigkeit vorgab. Der Tross bestand aus zwei Frauen und dreißig Männern, denn ein Großherzog reiste nie ohne Herolde, Diener und Soldaten der Palastwache. Die meiste Zeit ritt er schweigend vor sich hin und dachte unbekannte Gedanken, doch bisweilen löste er sich davon, um sich zu unterhalten, und dann konnte er sich als bezaubernde Gesellschaft erweisen. Sie sprachen über das Land, umherspringende Lämmer, pflügende und säende Bauern. Dabei stellte sich heraus, dass er einiges über Landwirtschaft wusste, seine Haupteinnahmequelle für Steuern.
Rubin behandelte seine Gemahlin nie vorsätzlich schlecht, er konnte lediglich keine Beziehung zu jemandem aufbauen, der so viel jünger war und tiefer auf der gesellschaftlichen Leiter stand. Sie hatten keine gemeinsamen Freunde, keinen gemeinsamen Hintergrund, keine gemeinsamen Vorlieben. Für gewöhnlich zeigte er sich großzügig, wenn sie um etwas bat, aber da der Adel eine bürgerliche Herzogin ablehnte, nahm er sie nie zu Bällen oder Banketten mit, und Johanna vermutete, dass ihm jede Ausrede recht war, solchen Anlässen fernzubleiben. Seine einzige wahre Leidenschaft war die zwanghafte Hatz auf junge Mädchen, denen er nachstellte, indem er ihre Eltern bestach oder unter Druck setzte. Johanna war stets darauf bedacht gewesen, nicht gegen seine Untreue aufzubegehren, da ihm augenscheinlich mehr als an allem anderen daran gelegen war.
Nun hatte er etwas gefunden, das er mit ihr teilen konnte, nämlich einen Staatsbesuch in Trenko. Er hätte keine Bedenken, dass man sie auch dort ablehnen würde, meinte er. Das käme einem schwerwiegenden diplomatischen Vorfall gleich. Sie fragte nicht, ob es denn kein diplomatischer Fehltritt wäre, eine Gemahlin niederer Herkunft zu einem Staatsbegräbnis mitzubringen.
»Würdet Ihr mir etwas über Trenko erzählen, Euer Gnaden?«, bat sie.
Er zuckte mit den Schultern. »Etwa genauso groß wie Krupina, aber noch recht jung im Vergleich zu unserer langen Geschichte. Wir haben wenig gemein – unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Landwirtschaft, unterschiedliches Klima. Ein paar Mal waren die beiden Staaten unter einem Herrscher vereint, aber niemals lang. Es scheint besser für uns, getrennte Wege zu gehen und zusammenzuarbeiten, indem wir den Pass für den Handel öffnen und für Armeen schließen.«
Allmählich näherten sich zu beiden Seiten die Hügel, brachten erst Weinhänge, dann Weiden und schließlich Wälder mit sich. Spät am Tag kamen sie an Fadrenschloss vorbei. Johanna sprach es nicht aus, aber sie wusste, dass der Turm von
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