Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
man ihn wissen lassen, dass die Kirche keine Stellungnahme abgeben würde.
»Es ist also jemand da eingebrochen und hat das Baby zurückgelassen?«, fragte er.
»Hat ganz den Anschein.«
»Und es ist erfroren?«
»Sieht so aus«, sagte Cyn. »Es ist übrigens ein Mädchen.«
»Wissen wir, ob es äußere Verletzungen gibt? Ob das Baby, sagen wir mal … erdrosselt wurde?«
»Du bist echt krank im Kopf, Shane, weißt du das?«
»Darum liebst du mich.«
»Bis jetzt wissen wir nur, dass ein Baby erfroren in einer alten Aluminiumwanne gefunden wurde. Das müsste dir doch erst mal reichen.«
Blödsinn, dachte Shane. Nichts war je genug.
Als er über die Story nachdachte, rief das Wissen, wohin dies alles führen könnte, ein erregendes Gefühl bei ihm hervor. Die Story enthielt sämtliche Zutaten einer Sensationsgeschichte und konnte ihn zum Gewinner der Einschaltquoten machen, konnte ihm sogar ein paar Livereportagen einbringen. Und genau solche Berichte waren es, die einem Reporter, der auf der Suche nach neuen Storys ständig auf Achse war, eines Tages einen Platz neben den Moderatoren verschafft. Nicht etwa, dass Shane dies anstrebte. Den Moderator, der kein narzisstisches Arschloch war, musste er erst noch kennenlernen.
In diesem Fall war die Kirche in die Angelegenheit verstrickt (und jede Sache, in die in Philadelphia die katholische Kirche verstrickt war, barg das Potenzial einer echten Sensation). Es bestand die Möglichkeit, dass es sich um eine Art Ritualmord handelte, und es gab ein totes Baby. Das waren drei Volltreffer.
Shane sah die Grafiken schon vor Augen: Pentagramm, Kreuze, Babyschuhe.
Blut.
Er musste aufhören, sonst bekam er eine Erektion.
»Sind noch andere Sender an dem Fall dran?«, fragte er.
Cyn zeigte auf die Monitore auf der anderen Seite des Raumes. »Kein Sender unterbricht sein Programm wegen aktueller Meldungen.«
»Wo ist Dawn?«
Cyn schaute unter den Schreibtisch des Nachrichtendirektors. »Da, wo sie normalerweise ihre Mittagspause verbringt, sehe ich sie schon mal nicht.«
Shane lachte und schaute sich das Überschussmaterial des Filmberichts an, den Cyn gedreht hatte. Ein Mann und eine Frau stiegen aus einem Zivilfahrzeug des Philadelphia Police Departments und gingen die Gasse neben der Kirche hinunter. Shane ließ den Film ein paar Mal vor- und zurücklaufen.
»Kennst du diese Detectives?«, fragte er.
»Klar«, sagte Cyn. »Seitdem ich hier bin, haben sie in mehreren aufsehenerregenden Fällen ermittelt. Kevin Byrne und Jessica Balzano.«
»Kann man mit ihnen reden?« Eigentlich wollte Shane nur wissen, ob man mit Jessica Balzano reden könne, doch Cyn hätte ihn auf Anhieb durchschaut.
»Genauso wie mit den anderen«, erwiderte sie.
Shane wusste, was sie meinte. Es kam selten vor, dass ein Polizist – erst recht ein Detective – mit den Medien über einen laufenden Fall sprach. Es sei denn, sie brauchten die Medien, um einen Verdächtigen zu finden. Dann waren sie plötzlich lieb und nett. Es war eine ausgesprochene Hassliebe und zugleich eine Symbiose. Eine echte Zweckgemeinschaft.
»Kevin Byrne ist eine harte Nuss«, fügte Cyn hinzu.
»Inwiefern?«
»Er lässt sich nicht in die Karten schauen. Sogar über Dinge, über die er sprechen dürfte, verliert er kein Wort. Wenn du ihn drängst, verweist er dich an den Pressesprecher der Polizei.«
»Er war noch nie meinem überzeugenden Charme ausgesetzt.«
Cyn lachte auf. »Hast du gesehen, wie groß der Typ ist? Dein überzeugender Charme könnte dazu führen, dass du in einem Krankenhausbett aufwachst, mit einer Infusion am Arm.«
Das werden wir ja sehen, dachte Shane.
Cyn brachte das Filmmaterial zum Schneiden ins Studio. Inzwischen setzte Shane sich an einen Computer, loggte sich ins Netz ein und suchte nach Hintergrundinformationen über die beiden Detectives. Aus mehreren Gründen war es klug, so viele Namen wie möglich in Erfahrung zu bringen, wenn man vernünftig über ein Verbrechen berichten wollte. Detectives, Staatsanwälte, Verteidiger. Man wusste nie, was man in Zukunft wissen musste.
Cyns Info, dass die beiden Detectives in aufsehenerregenden Fällen ermittelt hatten, entsprach der Wahrheit.
Shane begann mit Jessica Balzano und erfuhr, dass das Philadelphia Magazine vor ein paar Jahren eine Story über sie gebracht hatte. Balzano war in Süd-Philadelphia aufgewachsen und mit einem Detective aus dem Drogendezernat verheiratet. Die beiden hatten eine Tochter namens Sophie. Jessicas Vater,
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