Der Teufel in uns - Mord in Bonn
und im roten, weiten Shirt.
„Wie geht’s dir?“ Sascha drückte ihr vorsichtig einen Kuss auf die Stirn.
„Besser. Ich hab noch ein bisschen geschlafen.“ Annika gähnte und setzte sich schwerfällig auf.
„Und, hat er sich inzwischen bewegt?“
„Weiß nicht, es fühlt sich alles so schwer an.“
„Ok, zieh deine Schuhe an und eine Jacke, wir fahren sofort zu Dr. Bergfuß!“
„Ach nee...“
„Doch! Komm, steh auf! Ich will jetzt wissen, ob alles in Ordnung ist!“
Annika schien kaum vom Sofa hochzukommen, aber Sascha kannte kein Erbarmen.
„Ja, ist ja gut“, murrte sie ungnädig. „Ich muss aber vorher noch mal aufs Klo!“
Eine halbe Stunde später saßen sie in Dr. Bergfuß´ Wartezimmer, das seinem Namen alle Ehre machte. Nachdem Sascha vorne beim Personal von wegen Notfall ein bisschen Druck gemacht hatte, schien alles noch langsamer voranzugehen.
Um elf Uhr wurden sie schließlich (nachdem Annika zum dritten Mal die Toilette aufgesucht hatte) vorgelassen, der Doktor untersuchte Annika gründlich, hängte sie noch für eine Weile ans CTG und behauptete dann, alles sei in bester Ordnung, der kleine Gabriel habe sicher nur ein längeres Schläfchen gehalten. Und am Mittwochvormittag solle Annika unbedingt noch mal bei ihm vorbeischauen.
Sascha war so erleichtert, dass er darüber sogar seinen Ärger über die Praxis-Besatzung vergaß. Mit ein paar Witzchen und wieder positiver Betrachtung der Welt brachte er Annika zurück nach Hause und fuhr anschließend in gewohnt schnittigem Tempo zum Polizeipräsidium.
Andreas empfing ihn mit ernster Miene. „Wie geht’s Annika?“
„Gut.“
„Ich dachte, es war ein Notfall?“
„Ja, sah so aus. Aber dann war es doch falscher Alarm.“
„Willst du jetzt etwa bei jedem Anruf von ihr nach Hause rasen?“
„Das verstehst du nicht. Du kannst nicht nachvollziehen, welche Sorgen man sich als werdender Vater um sein Kind macht.“
„Würdest du mir das bitte nicht alle fünf Minuten unter die Nase reiben!“, verlangte Andreas und runzelte die Stirn. „Ich hab vorhin veranlasst, dass die Straße zwischen den Tennisplätzen und der Kirche unter die Lupe genommen wird, Da ist ja viel Feld, Wald und Wiese, vielleicht finden wir da den Tatort. Dich brauche ich allerdings hier. Wir müssen uns dringend mit der Bonner Sektenwelt beschäftigen.“
„Was ist denn mit Heinemanns Frau?“
„Sie ist gar nicht seine Ehefrau. Sie heißt Yvette Glaser, ist 45 und Mitglied der ,Freien Gemeinde Glaube, Glück und Gerechtigkeit‘. Und das sei keine Sekte, wie sie ungefähr 82 Mal betonte.“
„Meinst du, die beiden sind eine Sackgasse?“
Andreas kritzelte etwas auf ein Blatt. „Wahrscheinlich. Aber immerhin haben wir jetzt eine grobe Richtung, in der wir nachforschen können.“
„Also, ich bin skeptisch.“ Sascha holte sich einen Kaffee, setzte sich und schaltete den PC ein. „Ich hab genug Filme über religiös motivierte Serienkiller gesehen – und das sind durchweg Einzelgänger, die garantiert keine netten Kirchengruppen besuchen.“
„Danke. Aber wir sind in Bonn, hier ist das anders.“
„Glaube ich nicht. Aber wenn es deinem Seelenfrieden dient, gucke ich mal nach, was unsere schöne Stadt an Glaubensrichtungen so zu bieten hat. Wie heißt noch mal der Verein von der Heinemann?“
„Die Frau heißt Glaser und der Verein ‚Freie Gemeinde Glaube, Glück und Gerechtigkeit‘.“
Sascha gab sich wirklich Mühe. Aber eine derartige Gemeinde existierte schlicht nicht im Internet.
„Vielleicht ist das eine von den Sekten, die jede Art von moderner Technik ablehnen.“ Andreas machte sich noch eine Notiz. „Was gibt’s denn sonst so?“
Sascha gab Sekten in Bonn ein und wurde gleich mit einer Vielzahl von Einträgen bombardiert. Gleich über den ersten stieß er auf die Seite ‚sekten-info-nrw.de‘, die Information und Beratung anbot. Er fand eine Auflistung von gut und gerne 20 Sekten, die in NRW ihr Unwesen trieben und von denen er größtenteils noch nie gehört hatte.
Er diktierte Andreas ein paar Namen. „Wenn du willst, vertiefe ich mich mal in die Einzelheiten. Das wird aber dauern.“
„Ja, mach das. Such mir aber erst ein paar Adressen und Telefonnummern raus. Ich telefoniere dann ein bisschen rum.“
Auf diese Weise vergingen einige Stunden, bis Andreas einen Anruf erhielt. Er lauschte, rief zweimal „Wie bitte?“ in den Hörer und informierte anschließend Sascha.
„Das war Peer. Manfred Baum ist zwischen
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