Der Tod ist mein
sie zärtlich an. Seine goldenen Augen verströmten Erleichterung und Liebe. Er hatte die Statur einer Eiche und das Herz und oft die Nerven eines sechsjährigen Kindes kurz vor seinem ersten Schultag.
Tatsächlich hatte er, wie Mavis es so elegant zum Ausdruck gebracht hatte, vor Beginn der Modenschau vor lauter Aufregung gekotzt.
»Hingegen das grüne Satinkleid…« Er bedachte Roarke mit einem scheuen Lächeln. »Ich gebe zu, als ich das entworfen habe, habe ich an Eve gedacht. Die Farbe und der Schnitt sind wie für sie geschaffen.«
»Dann muss sie es unbedingt haben. Nicht wahr, Eve?«
Da sie immer noch damit beschäftigt war herauszufinden, ob auf ihrem Teller Fleisch oder eine der gängigen Simulationen zu entdecken war, fragte sie mit einem leisen Knurren: »Ist das, was hier versteckt ist, Hühnchen oder was?«
»Das ist die so genannte Cuisine Artiste«, erklärte ihr Gatte und reichte ihr ein Brötchen in der Größe eines Kreditchips. »Dabei ist die Ästhetik wichtiger als der Geschmack.« Er beugte sich zu ihr herüber und gab ihr einen Kuss. »Wir holen uns auf dem Weg nach Hause noch eine Pizza.«
»Gute Idee. Ich sollte ein bisschen rumlaufen und gucken, ob ich Mira finde oder sonst noch irgendetwas in Bewegung bringen kann.«
»Ich komme mit.« Entschieden stand Roarke auf und zog höflich ihren Stuhl ein Stück nach hinten.
»Fein. War wirklich eine tolle Show, Leonardo. Vor allem das grüne Kleid hat mir gefallen.«
Er sah sie strahlend an, zog sie zu sich herunter, küsste sie dankbar auf die Wange, und als sich Eve zum Gehen wandte, hörte sie, dass Mavis kichernd sagte, sie brauchte zur Feier des Abends unbedingt einen Tornado.
Überall im Ballsaal waren Tische mit schneeweißen Decken und silbernen Kerzenleuchtern aufgestellt. Sechs enorme Kronleuchter hingen von der hohen Decke und verströmten ein angenehm gedämpftes Licht. Die Kellner glitten lautlos durch die Gegend, füllten Gläser mit rot schimmerndem Wein und trugen in einer eleganten Choreographie die leeren Teller aus dem Saal.
Die hochprozentigen Getränke hatten die Zungen der Anwesenden gelöst. Der Lärmpegel war deutlich angestiegen, und auch das Gelächter klang freier als zuvor.
Es war anscheinend ein beliebter Sport, sich zwischen den Tischen zu bewegen, vor allem, da die meisten das Essen zwar bewunderten, sich aber nicht die Mühe machten, es tatsächlich zu verzehren.
»Was haben die Tickets für den Abend gekostet, fünf-, zehntausend?«, wollte sie von ihrem Gatten wissen.
»Ein bisschen mehr.«
»Was für ein Beschiss. Da drüben ist Mira, sie verlässt gerade den Raum. Muss anscheinend mal aufs Klo, denn ihr Mann ist nicht dabei. Ich gehe ihr mal nach.« Sie legte den Kopf auf die Seite und sah Roarke bittend an: »Warum stellst du nicht an meiner Stelle noch ein paar weitere Nachforschungen an?«
»Mit dem größten Vergnügen. Aber dann möchte ich mit dir tanzen, meine geliebte Eve, und anschließend noch Peperoni auf die Pizza.«
Sie grinste, und es war ihr völlig egal, dass alle Welt ihr dabei zusah, als sie ihm einen Kuss gab und erklärte: »Ich bin mit beidem einverstanden. Bin sofort wieder da.«
Sie ging durch dieselbe Tür, durch die Charlotte Mira zuvor entschwunden war, und marschierte auf der Suche nach der Damentoilette durch das ausladende Foyer.
Im Vorraum der Toilette hingen die gleichen glitzernden Kronleuchter von den Decken, und eine in elegantem Schwarz und Weiß gekleidete Droidin stand höflich in einer Ecke, um den Damen, falls sie irgendwelche Wünsche hätten, zu Diensten zu sein. Über dem langen, rosafarbenen Schminktisch waren mehr als ein Dutzend einzeln beleuchtete Spiegel angebracht. Und neben einem ordentlichen, ausgedehnten Vorrat dekorativer Flaschen mit verschiedenen Cremes und Düften gab es Einwegbürsten oder -kämme, Haargels, Sprays sowie Lotionen jeder Art.
Falls gnädige Frau ihren Lippenstift oder irgendein anderes Verschönerungsmittel vergessen oder gar verloren hatte, öffnete die Droidin gern den riesigen Wandschrank, in dem sich eine große Auswahl der beliebtesten Schattierungen der besten Marken fand.
Mira saß am Ende des Tisches auf einem stoffbespannten Stuhl. Sie hatte die Lichter ihres Spiegels angeknipst, hockte jedoch, statt sich wie erwartet frisch zu machen, lediglich still da.
Sie wirkte blass und unglücklich, fand Eve. Auf einmal fühlte sie sich wie ein Eindringling und überlegte gerade, ob sie den Raum diskret wieder verlassen
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