Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
zum Beispiel Außenstehenden, dass sie Mitglieder der Gruppe sind, um sich äußerlich in die Mehrheitsströmung zu integrieren.
Alia trat als vierte Frau in Bin Ladens Haushalt ein 69 und erhielt dadurch eine Position, die manchmal als jene der „Sklavenfrau“bezeichnet wird, insbesondere von Frauen, die über etwas mehr Besitz verfügen. Für ein 14-jähriges Mädchen dürfte es besonders schwer gewesen sein, sich, nachdem es aus ihrer Familie herausgerissen worden war, auch noch dem strengen Regiment in Bin Ladens Haus zu unterwerfen. Im Unterschied zu den übrigen Ehefrauen war Alia nämlich modern und weltlich eingestellt, doch wie alle Frauen Bin Ladens trat sie in der Öffentlichkeit nur vollständig verschleiert auf und ließ nicht einmal ihre Augen sehen hinter dem Schleier aus mehreren Schichten schwarzen Leinens. 70
Das einzige Kind von Mohammed Bin Laden und Alia wurde im Januar 1958 in Riad geboren und erhielt den Namen Osama, „der Löwe“, nach einem der Gefährten des Propheten. 71 Als Osama ein halbes Jahr alt war, zog die gesamte Großfamilie in die heilige Stadt Medina, wo Mohammed Bin Laden mit der Renovierung der Moschee des Propheten begann. Doch Osama verbrachte den größten Teil seiner Kindheit in Dschidda. Obwohl sein Vater nun reich und berühmt war, wohnte die Familie in einem großen, heruntergekommenen Haus in al-Amarija, einem einfachen Viertel mit kleinen Läden und Wäscheleinen auf den Balkonen. Das war der erste Vorort von Dschidda, der außerhalb der alten Stadtmauern errichtet wurde. Das Haus steht heute nicht mehr, an seiner Stelle wurde eine Moschee gebaut, aber Mohammed Bin Ladens Büro auf der anderen Straßenseite existiert noch - ein verfallenes, einstöckiges Stuckgebäude mit einer langen Reihe verriegelter Fenster. Dies zeugt von der Bescheidenheit eines Mannes, der es verabscheute, seinen Reichtum zur Schau zu stellen. „Mein Vater, seine Seele ruhe in Frieden, war sehr streng und legte keinen Wert auf Äußerlichkeiten“, erzählte Osama. „Unser Haus war schlichter als die Häuser der meisten Leute, die für uns arbeiteten.“ 72
Osama verbrachte seine ersten Lebensjahre inmitten einer großen Kinderschar im Haus seines Vaters. Mohammed führte die Familie wie ein Unternehmen, jede Ehefrau musste über ihre Abteilung Bericht erstatten. Die Kinder sahen den berühmten Mann nur selten, weil er häufig geschäftlich unterwegs war. 73 Wenn er heimkam, rief er sie in sein Büro und betrachtete seine zahlreiche Nachkommenschaft. 74 In der islamischen Fastenzeit küsste er sie und schenkte jedem Kind eine Goldmünze 75 ; sonst sprach er kaum mit ihnen. 76 „Ich erinnere mich, dass ich einmal ein Gedicht vor ihm vorgetragen habe, worauf er mir hundert Rial schenkte, was damals sehr viel Geld war“, berichtete Osama. 77 Die Kinder versuchten entweder ihren Vater zu erfreuen oder sich vor ihm zu verstecken. Es überrascht nicht, dass der ferne und mächtige Vater in seinem scheuen, hageren Sohn tiefe Sehnsüchte weckte, obwohl sie nur selten miteinander sprachen.
Mohammed empfing häufig angesehene männliche Besucher in seinem bescheidenen Heim, vor allem während der Hadsch, wenn Pilger aus aller Herren Länder auf ihrem Weg zu den heiligen Stätten durch Dschidda zogen. Nach typischer saudischer Gepflogenheit saßen die Männer barfuß auf dem mit Teppichen belegten Boden, einen Arm auf ein Kissen gestützt, während Mohammeds jüngere Söhne wortlos zwischen ihnen umhergingen, ihnen Datteln brachten und schwachen Kardamom-Kaffee aus langschnabeligen Silberkannen einschenkten. Der Patriarch liebte religiöse Debatten, lud gern die berühmtesten Geistlichen des Landes ein und diskutierte mit ihnen über ausgefallene theologische Fragen. 78
Unterdessen expandierte das Bauunternehmen Bin Ladens ins Ausland. Eines von Mohammeds größeren Projekten außerhalb Saudi-Arabiens war die Renovierung der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem, was bedeutete, dass nun die drei wichtigsten Stätten des Islams seinen Stempel trugen. „Er rief seine Ingenieure zusammen und beauftragte sie, die Kosten für das Projekt zu berechnen, ohne einen Profit einzukalkulieren“, erklärte Osama später. „Weil sich Gott ihm gegenüber so großzügig zeigte, betete er manchmal an einem Tag in allen drei Moscheen.“ 79
Mohammed Bin Laden hatte die Angewohnheit, ehemalige Ehefrauen, die ihm Kinder geschenkt hatten, mit Angestellten seiner Firma zu verheiraten. 80 Die betroffenen Frauen hatten
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