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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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schweinische
    Bedeutung und legten einfachen Aussprüchen
    wie folgenden: »Meine Zange sperrt einen
    Schlitz weit!« oder auch: »Wer hat denn in
    meinem

    Döschen

    herumgekramt?«
    ungewöhnliche Anspielungen unter. Und alles
    bezogen sie auf den Herrn, der sich gegenüber
    die Beine in den Bauch stand. Am Ende der
    Anspielungen kam um jeden Preis der Herr.
    Na, dem mußten die Ohren klingen! Sie sagten
    schließlich sehr dumme Sachen, so gewitzt
    wollten sie sein. Aber das hinderte sie nicht,
    dieses Spiel recht unterhaltsam zu finden, sie
    waren erregt, hatten irre Augen und legten
    immer tüchtiger los. Frau Lerat brauchte nicht
    böse zu werden, man sagte nichts Derbes. Sie
    selbst brachte sie alle dazu, sich vor Lachen zu
    wälzen, als sie bat:
    »Mademoiselle Lisa, mein Feuer ist aus,
    reichen Sie mir doch Ihres herüber.«
    »Ah, Madame Lerats Feuer ist aus!« schrie die
    Werkstatt.
    Sie wollte eine Erklärung beginnen.
    »Wenn Sie erst in meinem Alter sind, meine
    Damen ...«
    Aber man hörte ihr nicht zu, man sprach
    davon, den Herrn zu rufen, damit er Frau
    Lerats Feuer wieder anzünde.
    Während sich alles bucklig lachte, war Nana
    kreuzfidel, das mußte man sehen! Ihr entging
    kein zweideutiges Wort. Sie ließ selber starke
    Sachen los, unterstrich sie mit einer
    Kinnbewegung, wobei sie den Busen
    herauspreßte und vor Behagen strotzte. Sie
    schwamm im Laster wie ein Fisch im Wasser.
    Und sie drehte sehr gut ihre Veilchenstengel,
    während sie sich auf ihrem Stuhl hin und her
    wand. Oh, eine fabelhafte Geschicklichkeit,
    nicht einmal die Zeit, die man zum Drehen
    einer Zigarette brauchte. Nur die
    Handbewegung, um einen schmalen Streifen
    grünes Papier zu nehmen, und los ging's! Das
    Papier flitzte und umwickelte den
    Messingdraht; dann einen Tropfen Gummi
    obendrauf zum Kleben, und fertig war's, es
    war ein frischer und zarter grüner Halm,
    geeignet, auf den Reizen der Damen
    angebracht zu werden. Die Geschicklichkeit
    saß ihr in den dünnen Dirnenfingern, die
    knochenlos, geschmeidig und schmeichlerisch
    zu sein schienen. Von dem Handwerk hatte sie
    nur das lernen können. Man ließ sie alle
    Stengel der Werkstatt machen, so gut machte
    sie sie.
    Unterdessen war der Herr vom
    gegenüberliegenden

    Bürgersteig
    davongegangen. Die Werkstatt beruhigte sich,
    arbeitete in der drückenden Hitze. Als es zwölf
    schlug, die Stunde des Mittagessens, machten
    sich alle Bewegung. Nana, die aufs Fenster
    zugestürzt war, rief ihnen zu, wenn sie
    wollten, werde sie hinuntergehen und Einkäufe
    machen. Und Léonie bestellte bei ihr für zwei
    Sous Krabben, Augustine eine Tüte Pommes
    frites, Lisa ein Bund Radieschen und Sophie
    eine Wurst. Als sie dann hinunterging, sagte
    Frau Lerat, die Nanas Vorliebe für das Fenster
    an diesem Tage komisch fand und sie mit
    ihren langen Beinen einholte:
    »Warte doch, ich komme mit, ich brauche
    etwas.«
    Aber da erblickte sie in dem engen Hausflur
    den kerzengerade aufgepflanzten Herrn, der im
    Begriff war, mit Nana zu liebäugeln! Die
    Kleine wurde ganz rot. Ihre Tante nahm sie
    mit einem Ruck beim Arm und ließ sie auf das
    Pflaster hinaustraben, während das Individuum
    auf dem Fuße folgte. Aha, der Kater kam
    wegen Nana! Na, das war ja nett, mit
    fünfzehneinhalb Jahren so Männer an ihren
    Röcken hinter sich herzuschleppen! Und
    lebhaft fragte Frau Lerat sie aus.
    Oh, mein Gott, Nana wußte nichts; er steige
    ihr erst seit fünf Tagen nach, sie könne nicht
    mehr die Nase hinausstecken, ohne daß er ihr
    zwischen die Beine komme; sie glaube, er sei
    Kaufmann, ja, ein Fabrikant von Hornknöpfen.
    Frau Lerat war sehr beeindruckt. Sie drehte
    sich um, schielte verstohlen zu dem Herrn hin.
    »Man sieht genau, daß er Geld wie Heu hat«,
    murmelte sie. »Hör mal zu, mein Kätzchen, du
    mußt mir alles sagen. Nun hast du nichts mehr
    zu befürchten.«
    Plaudernd liefen sie von Laden zu Laden, zum
    Schlächter, zur Obsthändlerin, zum Bratkoch.
    Und in fettigem Papier stapelten sich die
    Einkäufe in ihren Händen. Die beiden aber
    blieben liebenswürdig, wiegten sich in den
    Hüften, lachten leichtsinnig und warfen
    leuchtende Blicke hinter sich. Selbst Frau
    Lerat tat anmutig und benahm sich wie ein
    junges Mädchen wegen des Knopffabrikanten,
    der ihnen noch immer nachkam.
    »Er ist sehr vornehm«, erklärte sie, als sie
    wieder den Hausflur betraten. »Wenn er bloß
    ehrbare Absichten hätte ...« Als sie dann die
    Treppe hinaufstiegen, schien sie sich jäh

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