Der Todschlaeger
schweinische
Bedeutung und legten einfachen Aussprüchen
wie folgenden: »Meine Zange sperrt einen
Schlitz weit!« oder auch: »Wer hat denn in
meinem
Döschen
herumgekramt?«
ungewöhnliche Anspielungen unter. Und alles
bezogen sie auf den Herrn, der sich gegenüber
die Beine in den Bauch stand. Am Ende der
Anspielungen kam um jeden Preis der Herr.
Na, dem mußten die Ohren klingen! Sie sagten
schließlich sehr dumme Sachen, so gewitzt
wollten sie sein. Aber das hinderte sie nicht,
dieses Spiel recht unterhaltsam zu finden, sie
waren erregt, hatten irre Augen und legten
immer tüchtiger los. Frau Lerat brauchte nicht
böse zu werden, man sagte nichts Derbes. Sie
selbst brachte sie alle dazu, sich vor Lachen zu
wälzen, als sie bat:
»Mademoiselle Lisa, mein Feuer ist aus,
reichen Sie mir doch Ihres herüber.«
»Ah, Madame Lerats Feuer ist aus!« schrie die
Werkstatt.
Sie wollte eine Erklärung beginnen.
»Wenn Sie erst in meinem Alter sind, meine
Damen ...«
Aber man hörte ihr nicht zu, man sprach
davon, den Herrn zu rufen, damit er Frau
Lerats Feuer wieder anzünde.
Während sich alles bucklig lachte, war Nana
kreuzfidel, das mußte man sehen! Ihr entging
kein zweideutiges Wort. Sie ließ selber starke
Sachen los, unterstrich sie mit einer
Kinnbewegung, wobei sie den Busen
herauspreßte und vor Behagen strotzte. Sie
schwamm im Laster wie ein Fisch im Wasser.
Und sie drehte sehr gut ihre Veilchenstengel,
während sie sich auf ihrem Stuhl hin und her
wand. Oh, eine fabelhafte Geschicklichkeit,
nicht einmal die Zeit, die man zum Drehen
einer Zigarette brauchte. Nur die
Handbewegung, um einen schmalen Streifen
grünes Papier zu nehmen, und los ging's! Das
Papier flitzte und umwickelte den
Messingdraht; dann einen Tropfen Gummi
obendrauf zum Kleben, und fertig war's, es
war ein frischer und zarter grüner Halm,
geeignet, auf den Reizen der Damen
angebracht zu werden. Die Geschicklichkeit
saß ihr in den dünnen Dirnenfingern, die
knochenlos, geschmeidig und schmeichlerisch
zu sein schienen. Von dem Handwerk hatte sie
nur das lernen können. Man ließ sie alle
Stengel der Werkstatt machen, so gut machte
sie sie.
Unterdessen war der Herr vom
gegenüberliegenden
Bürgersteig
davongegangen. Die Werkstatt beruhigte sich,
arbeitete in der drückenden Hitze. Als es zwölf
schlug, die Stunde des Mittagessens, machten
sich alle Bewegung. Nana, die aufs Fenster
zugestürzt war, rief ihnen zu, wenn sie
wollten, werde sie hinuntergehen und Einkäufe
machen. Und Léonie bestellte bei ihr für zwei
Sous Krabben, Augustine eine Tüte Pommes
frites, Lisa ein Bund Radieschen und Sophie
eine Wurst. Als sie dann hinunterging, sagte
Frau Lerat, die Nanas Vorliebe für das Fenster
an diesem Tage komisch fand und sie mit
ihren langen Beinen einholte:
»Warte doch, ich komme mit, ich brauche
etwas.«
Aber da erblickte sie in dem engen Hausflur
den kerzengerade aufgepflanzten Herrn, der im
Begriff war, mit Nana zu liebäugeln! Die
Kleine wurde ganz rot. Ihre Tante nahm sie
mit einem Ruck beim Arm und ließ sie auf das
Pflaster hinaustraben, während das Individuum
auf dem Fuße folgte. Aha, der Kater kam
wegen Nana! Na, das war ja nett, mit
fünfzehneinhalb Jahren so Männer an ihren
Röcken hinter sich herzuschleppen! Und
lebhaft fragte Frau Lerat sie aus.
Oh, mein Gott, Nana wußte nichts; er steige
ihr erst seit fünf Tagen nach, sie könne nicht
mehr die Nase hinausstecken, ohne daß er ihr
zwischen die Beine komme; sie glaube, er sei
Kaufmann, ja, ein Fabrikant von Hornknöpfen.
Frau Lerat war sehr beeindruckt. Sie drehte
sich um, schielte verstohlen zu dem Herrn hin.
»Man sieht genau, daß er Geld wie Heu hat«,
murmelte sie. »Hör mal zu, mein Kätzchen, du
mußt mir alles sagen. Nun hast du nichts mehr
zu befürchten.«
Plaudernd liefen sie von Laden zu Laden, zum
Schlächter, zur Obsthändlerin, zum Bratkoch.
Und in fettigem Papier stapelten sich die
Einkäufe in ihren Händen. Die beiden aber
blieben liebenswürdig, wiegten sich in den
Hüften, lachten leichtsinnig und warfen
leuchtende Blicke hinter sich. Selbst Frau
Lerat tat anmutig und benahm sich wie ein
junges Mädchen wegen des Knopffabrikanten,
der ihnen noch immer nachkam.
»Er ist sehr vornehm«, erklärte sie, als sie
wieder den Hausflur betraten. »Wenn er bloß
ehrbare Absichten hätte ...« Als sie dann die
Treppe hinaufstiegen, schien sie sich jäh
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