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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Wache!«
    Cruza gab den Befehl an einen mit erstaunter Miene dastehenden Diener weiter. »Señor, kann dies wirklich Beauvallet gewesen sein?«
    Don Cristobal rieb seine wunden Handgelenke. »Er hat mir die Ehre erwiesen, es mir persönlich mitzuteilen«, sagte er. Er rückte näher an den Tisch heran und tauchte einen Federkiel in das Tintenfaß. »Ich brauche einen Mann, der dieses Schreiben an Don Luis de Fermosa überbringt. Die Büttel sollen die Stadt durchsuchen. Der Gefangene kann noch nicht weit sein.«
    Cruza sah ihn fragend an: »Glaubt Ihr nicht, Señor, daß er versuchen wird, die Grenze zu erreichen?«
    Don Cristobal streute Sand auf die Zeilen, die er soeben geschrieben hatte, und las den Brief nochmal durch, bevor er Cruza antwortete. Während er das Blatt zusammenfaltete und versiegelte, sagte er ruhig: »Dazu braucht er ein Pferd, Cruza, und wie wir wissen, hat er kein Geld.« Er überreichte dem Leutnant den Brief und wandte sich an seinen Diener: »Hut und Mantel, Juan.«
    Der Diener eilte aus dem Zimmer. Cruza wagte eine weitere Frage: »Señor, wo geht Ihr hin!«
    »In den Alkazar«, antwortete der Gouverneur. »Um zu erfahren, was Seine Majestät in dieser Angelegenheit zu tun gedenkt.«
    Bei Hof wurde er nicht gleich vorgelassen. Der König befinde sich in seinen Privatgemächern und wünsche nicht gestört zu werden. Erst ein paar scharf geflüsterte Worte erzielten die gewünschte Wirkimg. Ein Diener eilte davon, und wenig später wurde Don Cristobal vor den König befohlen.
    Philipp hatte die Nachricht bereits erhalten; Don Cristobal gegenüber, der sich tief verneigte, gab er sich allerdings gleichmütig wie immer. Seine Augen glitten apathisch über den Gouverneur, und er sprach kein Wort.
    »Sire« – Don Cristobal machte es so kurz wie möglich –, »ich bedaure, Eure Majestät davon in Kenntnis setzen zu müssen, daß der Gefangene entflohen ist.«
    Philipp faltete seine eisigen Hände. »Ihr erzählt mir seltsame Dinge, Don Cristobal.«
    Der Gouverneur errötete. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sire. Ich selbst wurde auch überwältigt.«
    »Faßt Euch! Wann ist der Gefangene entflohen?«
    »Vor knapp einer Stunde, Sire. Er überwältigte die Wachen, den Diener, der ihm sein Abendbrot gebracht hatte, erstach den Soldaten vor seiner Tür und ist auf mir unbekannte Weise zwei Wachtrupps entkommen, die sicher waren, ihn in der Falle zu haben. Auf mir ebenso unerklärlichen Wegen gelangte er schließlich in meine eigene Kammer. Als ich in das Zimmer trat, überwältigte er mich, Sire.« Unbewußt fuhr er sich mit der Hand über die blutunterlaufene Stelle an seinem Kinn. »Der Gefangene schlug mich nieder, Sire, bevor ich wußte, was vor sich ging, und als ich wieder zu Bewußtsein kam, lag ich gefesselt und geknebelt auf dem Boden. Der Gefangene nahm meinen Mantel, meinen Hut, die Insignien des Goldenen Vlieses und meinen Degen und bestieg in dieser Verkleidung die vor dem Haus wartende Kutsche, die mich zu meinem Freund hätte bringen sollen. Mein Leutnant, der Verdacht geschöpft hatte, ließ die Kutsche unverzüglich verfolgen, aber als die Soldaten sie einholten, war der Gefangene verschwunden.«
    Es folgte eine lange Stille. Philipps Augen waren von seinen Lidern verdeckt, man konnte nicht sehen, ob er Ärger oder Bestürzung empfand. Nach einiger Zeit blickte er wieder auf. Wie es seine An war, dachte er über einen weniger bedeutenden Aspekt der Angelegenheit nach. »Es dürfte sich also doch um El Beauvallet handeln«, sagte er bedeutungsvoll.
    »Sire, der Gefangene hat mir selbst seinen Namen genannt. Als er mir meinen Degen abnahm, sagte er, daß ich den seinen dafür behalten solle, und brüstete sich damit, daß ich der einzige Mann sei, der El Beauvallet jemals etwas gegen seinen Willen weggenommen hätte.«
    Eine weitere Stille folgte. »Er muß gefangen werden«, sagte der König schließlich und betätigte die kleine silberne Handglocke an seiner Seite.
    »In Anbetracht der Tatsache, Sire, daß er kein Geld zum Kauf eines Pferdes hat, ist anzunehmen, daß er sich noch in Madrid versteckt hält. Ich habe daher sofort zu Fermosa gesandt und ihm befohlen, die Stadt durchsuchen zu lassen.«
    Philipp neigte den Kopf. »Ihr habt richtig gehandelt, Señor.«
    Ein Mann trat ein und blieb in wartender Haltung neben dem König stehen. Philipp hatte bereits begonnen, ein ausführliches Memorandum zu schreiben. Die Feder kratzte langsam über das Papier. Ohne die Augen vom

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