Der Tote am Lido
und Zitronengras, durchmischt mit Lavendel. Tarantalla steckte seinen Kopf ins Wohnzimmer, beschwichtigte seine Frau und bat die Gäste in ein Arbeitszimmer, das ebenfalls im Erdgeschoss lag.
Lunau und Amanda setzten sich in weiche, kühle Clubsessel, Tarantella auf eine Couch.
»Wir würden Sie nicht um diese Uhrzeit behelligen, wenn es sich nicht …«, setzte Lunau an, aber Tarantella bedeutete ihm mit einer Geste, dass Vorreden überflüssig waren. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
Wie viel sollte Lunau Tarantella verraten? Dieser hob wieder die Hand und sagte: »Der Raum ist abhörsicher. Sie können sich auf meine Diskretion verlassen, und selbstverständlich erwarte ich dasselbe von Ihnen.«
Lunau nickte. »Es geht um eine ganz konkrete Information. Michael Duhula, ein Nigerianer, Zuhälter und vermutlich auch Dealer.«
Tarantella schwieg. Lunau konnte seine Mimik nicht erkennen, dazu war sein Blick immer noch zu getrübt. Aber er hatte den Eindruck, dass der Mann etwas ratlos war.
»Duhula, sagen Sie?« Tarantella stand auf und ging an seinen Schreibtisch, wo er den Computer hochfuhr. »Ich beschäftige mich ausschließlich mit Organisiertem Verbrechen. Wie kommen Sie auf die Idee, dass er damit in Verbindung steht?«
»Das scheint mir bei Prostitution und Drogenhandel auf der Hand zu liegen.«
»Ja, natürlich«, erwiderte Tarantella und schaute auf seinen Monitor. »Einen kleinen Moment bitte, der Rechner verfettet allmählich. Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
Lunau und Amanda lehnten höflich ab.
Tarantellas Augen waren auf einen bestimmten Punkt auf dem Bildschirm gesprungen, und Lunau war sicher, dass er fündig geworden war.
»Sie werden verstehen, dass alle Informationen, die bei mir zusammenlaufen, höchst delikat sind. Ich bin keine Ermittlungsbehörde, habe aber eine unterstützende Funktion. Mir ist jeder Mitstreiter in unserer Mission willkommen, es ist jedoch nicht gesagt, dass eine Einzelaktion, noch dazu gegen einen kleinen Mitläufer, Sinn macht. Es kann sogar sein, dass eine solche Aktion wertvolle Ermittlungsarbeit und eine zukünftige konzertierte Aktion untergräbt. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Natürlich«, erwiderte Lunau. Natürlich hatte Tarantellarecht, aber das half nicht gegen Lunaus Ungeduld. »Wir brauchen nur seine Wohnadresse und, wenn möglich, seine aktuelle Handynummer.«
Tarantella war wieder zu der Sitzgruppe zurückgekehrt, hatte Platz genommen und schaute Lunau direkt in die Augen, mit einem Blick, in dem ebenso viel Wärme wie Kälte lag. »Tut mir leid. Ich müsste trotzdem wissen, wozu Sie diese Informationen brauchen.«
Lunau überlegte. Michael war also nur ein kleiner Mitläufer. »Es geht uns nicht um das, was Sie als Organisiertes Verbrechen bezeichnen, um die großen Fische. Ich bin nur an Michael Duhula interessiert.«
»Mag sein. Aber auch eine punktuelle Aktion wird weitreichende Konsequenzen haben. Warum ausgerechnet Michael Duhula?«
Lunau schaute Amanda an. Sie nickte ihm aufmunternd zu. Lunau war klar, dass sein Gegenüber seinetwegen ein großes Risiko einging. »Michael hat die kleine Tochter meiner Lebensgefährtin entführt. Er will sie gegen Joy, eine Prostituierte, eintauschen.«
Tarantella war in seinem Sessel zusammengesackt, sprang dann auf und ging im Raum auf und ab. Er schien unter fast körperlicher Pein zu leiden. Tarantella hatte selbst ein Kind verloren. Ein Mitglied der Camorra hatte seinen ältesten Sohn von einer sechzig Meter hohen Brücke in ein Flussbett geworfen. Im Hochsommer, als der Fluss kein Wasser führte.
»Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
Er stand wieder auf und verließ das Zimmer.
Lunau blickte Amanda an, aber sie schien ebensoratlos wie er. Nach wenigen Minuten kam Tarantella zurück, ging um den Schreibtisch herum und ließ seine Maus klickend durch Menüs springen. »Seit wann ist das Mädchen verschwunden?«
»Seit vier Stunden.«
»Woher wissen Sie, dass Michael dahinter steckt?«
»Nur er kommt in Frage.«
Tarantella hob eine Augenbraue. »Die Polizei?«
»Weiß von nichts. Er bringt Sara um, wenn wir die Polizei informieren. Das Übliche.«
Tarantella nickte. »Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie Michael finden?«
»Ich werde mich an seine Fersen heften und versuchen, das Kind zu befreien.«
»Michael wird nicht alleine agieren. Haben Sie Helfer? Eine Waffe?«
Lunau schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sicher, dass Sie die Polizei nicht einschalten wollen?«
Lunau war
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