Der Tote vom Silbersee (German Edition)
die Brust. »Gut proportioniert, nicht so ein Hungerhaken. Ich steh auf weibliche Formen.« Der Mann griente auf feiste Art. Als Lena nach ihm trat, lachte er. Doch ein fast unmerklicher Wink von Faustus ließ ihn verstummen.
»Tja, das nennt man wohl Hausfriedensbruch, meine Verehrteste«, schmunzelte Faustus.
»Boss, die legen wir erst flach und dann versenken wir sie in der Pegnitz!«, rief einer der Männer. Lena fühlte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie spürte keine Angst, sie war nur fürchterlich wütend. »Blödi Affe, öich söt’me iloche«, schimpfte sie. Einer der Kerle lachte amüsiert und äffte. »Ch-ch-ch, das hilft dir jetzt auch nicht. Allein für diese fürchterliche Sprache verdienst du den Tod.«
Mit übertrieben sanfter Stimme sagte Faustus. »Bobby, du bist ein Dummkopf. Was meinst du wohl, was da los sein würde, wenn eine Schweizerin«, er grinste und machte einen kratzenden Laut, »ein Chuchichäschtliweib hier in Nürnberg verschwinden würde?«
Er gab den umstehenden Männern einen Wink. »Räumt auf, Jungs!« Während er mit der Pistole auf Lena zeigte, musste sie zusehen, wie das umetikettierte Fleisch auf einen Lastwagen mit verdrecktem Nummernschild verladen wurde. Dann begaben sich alle wieder in die Halle zurück. Lena schien es, als würden sie weiterarbeiten. Faustus besprach sich kurz mit den Männern, dann sah er Lena kalt an. »Verehrte, Sie können von Glück reden, dass mir euer Schweizerländle so gute Dienste leistet. Es wäre nämlich ein Leichtes, Sie in einen der Kühltürme zu sperren. Erfrieren soll gar nicht so schlimm sein, sagt man wenigstens.«
Lena spürte, wie ihr übel wurde. Ihr Magen rebellierte, am liebsten hätte sie sich übergeben. Aber diese Genugtuung wollte sie diesem Würstl-Menschen nicht geben.
Unendlich scheinende Augenblicke später hörte Lena die Sirenen eines Streifenwagens. Sie atmete auf. Rettung nahte. Allerdings verzog sie schmerzlich das Gesicht, als sie das Klappern von Stöckelschuhen vernahm. Das würde wieder einen Anschiss geben.
»Wir haben einen Hilferuf erhalten.«
Das war eindeutig die Stimme von Bertaluise Nürnberger.
»Sie kommen mir zuvor, verehrte Frau Kommissarin.« Faustus erklärte sowohl den Beamten als auch Belu, dass seine Männer bei einem Kontrollgang einen Eindringling erwischt hätten. Er hob die Pistole und grinste: »Hab dafür übrigens einen Waffenschein.«
Er deutete auf Lena, die ein böses Gesicht zog.
»Diese Kerle haben Gammelfleisch umdatiert!«, schrie sie aufgebracht. August Faustus schüttelte den Kopf. »Ts ts …«, er zog leicht entrüstet eine Augenbraue hoch. »Reiten Sie sich nicht noch tiefer hinein, meine Gute. Das ist nicht nur Hausfriedensbruch, sondern auch noch Verleumdung. Das kann Sie teuer zu stehen kommen!«
Belu gab einem der sie begleitenden Polizisten einen Wink. »Sie haben sicher nichts dagegen, wenn wir uns in der Halle umsehen?«
Faustus nickte. »Selbstverständlich nicht!«
Während die Beamten im Kühlturm verschwanden, versuchte Lena sowohl der Kommissarin als auch den Beamten zu erklären, was sich abgespielt hatte.
»Das können Sie uns auf dem Revier erzählen!«, sagte Belu eisig. Ihre Kollegen kehrten aus der Halle zurück und schüttelten den Kopf. »Nichts gefunden!«
»Ja, aber …«, rief Lena.
»Machen Sie keine Zicken, Lena, kommen Sie mit!« Man hörte der Kommissarin an, dass sie richtig sauer war. »Sie stecken mal wieder bis zu den Ohren in Problemen. Haben wir nicht erst gestern darüber gesprochen, dass Sie sich raushalten sollen? Am liebsten würde ich Sie in Sicherungsverwahrung nehmen. Sie sind ja eine Gefahr für sich selbst!«
Lena senkte schuldbewusst die Augen. War sie zu weit gegangen? Sie wollte doch nur … den Rest der Gedanken verbot sie sich selbst.
Vor ihrem inneren Auge sah sie den Kopf von Lord und den Punk Andy, dessen Gesicht sich mit dem ertrunkenen Reporter verwob.
»Gottfriedstuz«, schimpfte Lena, »Mord, Frau Kommissarin, Hundekämpfe und jetzt auch noch Gammelfleisch, sehen Sie das nicht? Bitte unternehmen Sie etwas!«
Ein Beamter packte Lena am Arm und zog sie mit sich fort. Als Lena sich Hilfe suchend nach der Kommissarin umblickte, sah sie diese mit Faustus zu einem Streifenwagen gehen. Widerwillig ließ sie sich abführen. Im Hinausgehen sah sie das hämische Grinsen von August Faustus.
Auf dem Revier nahm ein ziemlich genervter Beamter ihre Aussage auf. Es war offensichtlich, dass er ihr kein Wort
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