Der Totenerwecker (German Edition)
ein paar Drinks würde sie sich noch glücklicher fühlen.
Josh bestellte etwas, das sich Macho Martini nannte und einen Schuss Red Bull enthielt. Sarah saß neben ihm auf der edlen blauen Samtcouch und nippte an einem Granatapfel-Martini. Eine Band spielte Jazzversionen von R’n’B-Songs. Sarah lehnte sich zurück und entspannte sich bei einem saxofonlastigen Cover von Smokey Robinsons Tears of a Clown. Langsam ließ sie sich von der Musik und vom Alkohol davontragen. Sie spürte, wie ihre Muskeln sich entkrampften, die Sehnen in Hals und Schultern sich lockerten und Anspannung und Angst allmählich von ihr abfielen. Selbst als der Saxofonist sich an einer furchtbar amateurhaften Version eines Miles-Davis-Stücks und danach an einem noch grässlicheren John-Coltrane-Cover versuchte, störte Sarah sich nicht im Geringsten daran.
»Dafür sollte man ihn erschießen«, flüsterte Josh.
»Scht«, antwortete Sarah mit geschlossenen Augen. Sie hakte sich bei Josh ein, zog ihn näher zu sich heran und kuschelte sich an ihn.
Sarah bestellte einen Wassermelonen-Martini, dann einen Saurer-Apfel-Martini und schließlich etwas, das sich Love Martini nannte. In Herzform geschnittene Erdbeeren schwammen darin. Josh nippte noch an seinem ersten Martini, als Sarah bereits ihren vierten herunterstürzte und an den Erdbeeren am Boden des Glases knabberte.
»Ich denke, das hast du gebraucht, was?«
Josh küsste sie in den Nacken, und sein warmer Atem schlich sich hinter ihr Ohr und jagte einen wonnigen Schauer über ihren Rücken. Sarah kicherte, dann drehte sie sich zu ihm um und küsste ihn. Sie schmeckte die bizarre Mischung aus Wodka, Wermut und Red Bull auf seiner Zunge. Es schmeckte gar nicht so schlimm, wie es sich anhörte. Sie angelte eine Erdbeere aus ihrem Glas und steckte sie ihm in den Mund. Im Grunde tat sie nichts anderes als sonst auch, und doch verspürte sie keine der üblichen Regungen, keine Spur von Verlangen. Wohl empfand sie tiefe Liebe zu ihrem Mann, aber statt des Wunsches, die Sprungfedern des Bettes zu ruinieren, verspürte sie lediglich das Verlangen, festgehalten und geküsst zu werden und von ihm zu hören, wie schön sie war. Sie fragte sich, ob sie jetzt so wurde wie all die anderen Ehefrauen, deren Sexualtrieb abgestorben war, nachdem sie die drei kleinen Wörtchen gesagt hatten: Ja, ich will . Nur trugen bei ihr ein Messer und ein schmieriger kleiner Penis die Schuld. Sie verjagte die Erinnerung aus ihrem Kopf und schmiegte sich enger an Josh. Im Moment fühlte sie sich viel zu wohl, um die verstörenden Bilder in ihren Geist eindringen und die Nacht ruinieren zu lassen.
»Hast du Hunger?«
Sarah überlegte, wann sie zuletzt etwas gegessen hatte. Eiscreme und Schokoladentorte im Hotelzimmer, aber das war schon Stunden her.
»Und wie!«
»Sie haben hier die besten Chicken Fingers der Welt.«
»Chicken Fingers? Ist das dein Ernst?«
»Vertrau mir. Sie nehmen frisches Hühnerfleisch, kein Formfleisch, es ist also nicht trocken und gummiartig. Die werden in Cornflakes paniert, gebraten und mit scharfer Sauce serviert. Schmeckt großartig.«
Sarahs Blick blieb skeptisch. »Na gut, ich probier sie mal.«
»Du wirst nicht enttäuscht sein.«
Sarah bestellte noch einen Martini, während Josh die Chicken Fingers orderte. Ihr war klar, dass sie schon zu viel getrunken hatte. Sie wollte gar nicht wissen, was passierte, wenn sie versuchte, aufzustehen. Bestimmt würden ihre Beine nachgeben. Zum Glück konnte Josh sie problemlos tragen, falls es zum Äußersten kam. Es wäre nicht das erste Mal.
Die Band beendete ihren Gig, und eine weitere Combo betrat die Bühne. Der Umbau dauerte nur wenige Minuten, und sie spielten bereits, als das Essen kam. Es war eine Prince-Coverband, und als sie ihren Gig mit einer richtig guten Version von Sexy Motherfucker eröffneten, versuchte Sarah, Josh auf die Tanzfläche zu zerren. Diesen Song hatte sie zum letzten Mal gehört, als sie noch zur Schule ging. Damals war Prince für sie der erotischste Mann der Welt gewesen.
Der Sänger der Band hätte ein Zwillingsbruder von Prince sein können. Davon abgesehen, dass es sich um eine Frau handelte. Sarah wäre nie darauf gekommen, wenn Josh es ihr nicht gesagt hätte. Der Schnurrbart war lediglich mit einem Kajalstift aufgemalt. Sie bewegte sich genau wie Prince und klang auch wie er, problemlos imitierte sie das ohrenzerreißende Falsett des Stars bei den hohen Tönen.
Aber Josh war kein großer Tänzer und tat
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