Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
drohen?“
„Ich? Nein. Du hast mir doch gedroht. Aber man kann den Lauf der Dinge nun mal nicht aufhalten. Klar, wäre es schlimm, wenn du mit meinen Entwicklungen nicht mehr klarkommst, aber noch kann man das ja nicht sagen, oder?“
Die scheinbare Ängstlichkeit in Emilias letztem Satz beruhigte ihn.
„Naja, lange hältst du das eh nicht durch.“
An diesem Gedanken klammerte er sich wohl irgendwie fest.
Das schwarze Lieblingskleid passte Emilia wieder. Ein Glück, dass sie es nie entsorgt hatte. Es war immer noch etwas knapp, aber es ging. Es sah knackig aus. Hatte Emilia den Mut, mit so einem Dekolleté loszuziehen? Sie konnte ja eine Strickjacke darüber ziehen und sie dann je nach Stimmung weglassen. Emilia wollte gerade die Haare hochstecken, da kam Jo in den Flur:
„Wow, cool … coole große Schwester. Ach, heute ist ja die Betriebsfeier, oder?“
„Ja, genau.“
„Würd die Haare offen lassen. Das sieht besser aus.“
„Meinst du?“ Emilia war schon lange nicht mehr mit offenen Haaren rausgegangen. Irgendwann hatte sie beschlossen, sich dafür zu alt zu fühlen.
„In meinem Alter?“
„Quatsch, du spinnst, was du immer mit deinem Alter hast. Du bist nicht alt. Müsstest dir mal unsere Mathelehrerin angucken oder die stellvertretene Direktorin, die tragen sogar ihre grauen Restflusen auf dem Kopf offen. Echt, sieht aus, als wenn die früh morgens regelmäßig in die Steckdose fassen. Aber bei dir, du hast doch coole Haare.“
Emilia ließ ihre Locken wieder auf die Schultern fallen und fing an, sie mit ein bisschen Haarspray zu kneten. Jo stand immer noch da. Irgendwas war komisch daran, wie sehr er Anteil nahm an ihrem Outfit. Außerdem hatte er einen irgendwie ungeduldigen Unterton, fast aggressiv.
Emilia drehte sich um:
„Ist noch was?“
„Gibt’s da auf deiner neuen Arbeit auch nette Kollegen?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Ich mein ja nur, wär doch schön!“
Jetzt klang Jo eindeutig ironisch und etwas entnervt.
„Wieso, was willst du damit sagen?“
„Ich mein ja nur…“
Jo stand unter Spannung und hatte plötzlich einen bockigen Gesichtsausdruck.
„Was ist los, Jo?!“
„Man, weißt du doch ganz genau!“
„Ich?“
„Kann doch nicht ewig so weitergehen….“
„Was?“
Jo hieb seine Hand gegen den Türpfosten, als würde im Türpfosten etwas verklemmt sein, was er nicht herausbringen konnte. Emilia bekam einen Schreck. Warum war er so aggressiv? Dann rückte er raus mit der Sprache.
„Bernhard kotzt mich an. Ich will mit dem nicht mehr in einer Wohnung leben. Ich kann bei Marleen wohnen. Die hat zwei Zimmer aufm Dachboden. Die Eltern haben nichts dagegen.“
„Bei Marleen wohnen? Das kommt überhaupt nicht in Frage. Jo, du bist fünfzehn!“
„Ich bin fast sechzehn. Und wenn meine Mutter es nicht hinkriegt, endlich von dem Idioten wegzukommen, dann muss ich mir ja was einfallen lassen.“
Emilia sah Jo entgeistert an. Jos Ausbruch überraschte sie völlig. Sie wusste, dass Jo und Bernhard sich in den letzten zwei Jahren auseinander entwickelt hatten, aber dass Jo solche Wutgefühle gegen ihn hatte, das war ihr überhaupt nicht klar.
„Ist denn irgendwas passiert? Hattest du Ärger mit Bernhard?“
„Ich, nee, ich rede doch mit dem gar nicht, wenn‘s nicht sein muss. Aber wie er mit dir redet, das reicht ja wohl. Er ist echt n Idiot. Ich würd meine Freundin nie so behandeln.“
„Bist du wütend auf ihn, weil ihr gerade keine richtige Basis habt? Ich mein, wir sind doch eine Familie…“
Jo verdrehte die Augen und gab einen unwilligen Brummton von sich.
„Man, Mama! Hör mit dem Familiengesülze auf. Ich brauch Bernhard nicht. Echt nicht. Ich hab meine Freunde. Und Marleen. Und dich! Ich würd nur gern wieder in einer weniger verpesteten Atmo leben. Echt schade, dass nichts geworden ist mit deinem anderen Typen da. Echt!“
Jo trat zur erneuten Bekräftigung mit dem Fuß gegen den Türrahmen. Aber was wusste er von Miguel? Emilias Gedanken rasten durcheinander. Hatte Hilda ihm was gesteckt? Hatte er in ihren Emails gelesen? Hatte er sie belauscht bei irgendeinem Gespräch?“
„Welcher andere…“
„Verkauf mich nicht für blöd!!“
Jo schrie fast. Er war nicht nur sauer auf Bernhard. Er war auch sauer auf Emilia. Er war sauer auf sie und wollte sie gleichzeitig beschützen. Plötzlich kapierte Emilia, was in Jo vorgehen musste, und es tat weh. Sie war es doch, die ihn weiter beschützen musste, auch wenn
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