Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Füßen des Wanderers wogt.
Bisher von den Wolken oder den hohen ihn umgebenden Bergen verdeckt, wird der Pic endlich sichtbar. Die Steigung ist jetzt nicht mehr so groß und man überschreitet ausgedehnte Ebenen von trostloser Traurigkeit, welche die Spanier ihrer Nacktheit wegen »Cañadas« genannt haben.
Um zu frühstücken, rastete man in der Piniengrotte, bevor man sich anschickte, die gewaltigen Basaltstücke zu erklimmen, welche, im Kreise angeordnet, die Umgebung des Kraters bilden, der heutzutage ziemlich von Asche ausgefüllt ist.
Nun begiebt man sich nach dem eigentlichen Pic, nach dem eine Art Esplanade, deren Namen Estancia de los Ingleses ist, hinaufführt.
Hier verbrachten die Reisenden die Nacht, zwar nicht so gut wie in ihren Cabinen, doch ohne allzu viel von der sogenannten Bergkrankheit zu leiden, die anderen Reisenden so fühlbar zugesetzt hatte. Nur lieferten ihnen die Flöhe eine förmliche Schlacht, bei welcher der Commandant kein Auge zuzuthun vermochte.
Um vier Uhr Morgens brach man wieder auf und erreichte bald eine Esplanade, welche Alta Vista heißt. Von hier aus giebt es nun keinen Weg mehr und man muß unter großen Beschwerden bis nach dem Zuckerhute klettern, wobei man fortwährend an Schneemassen vorüberkommt, die, geschützt vor den Sonnenstrahlen, niemals zum Schmelzen kommen. Der Gipfel ist sehr steil und dessen Besteigung um so beschwerlicher, als die Bimssteine, auf die man tritt, immer abwärts rollen und das Fortkommen verhindern.
»Um sechs Uhr dreißig Minuten, sagt Dumont d’Urville, kamen wir auf den Gipfel des Zuckerhutes an. Es ist das offenbar ein halb geschlossener Krater mit dünnen, ausgeschweiften Wänden, dessen Tiefe sechszig bis achtzig Fuß beträgt und der außen mit Obsidiantrümmern, Bimssteinen und Lavablöcken bedeckt ist. Am Rande desselben dringen Schwefeldämpfe hervor und bilden sozusagen eine Rauchkrone, während der Grund völlig erkaltet erscheint. Auf dem Gipfel wies das Thermometer elf Grad; doch glaube ich, daß es dabei noch von den Dampfausströmungen beeinflußt wurde; denn im Grunde des Kraters zeigte es, nach neunzehn Grad in der Sonne, nur noch eine Temperatur von neuneinhalb Grad im Schatten.«
Das Herabsteigen ging auf einem anderen Wege ohne Unfall vor sich, wobei die Reisenden noch Cueva de la Nieve besichtigten und den Wald von Agua Garcia besuchen konnten, den ein klarer Bach durchströmt, und wo d’Urville viele Pflanzenexemplare sammelte.
In Santa Cruz sah der Commandant in dem Cabinet des Major Megliorini inmitten von Waffen, Muscheln, Thieren, Fischen und höchst verschiedenen Gegenständen auch eine complete Guanche-Mumie, welche die einer Frau sein sollte. Sie lag in genähte Felle eingehüllt und maß in der Länge etwa fünf Faß vier Zoll; die Hände waren groß, und die Gesichtszüge schienen ziemlich regelmäßig gewesen zu sein.
Die Gräberhöhlen der Guanchen enthielten Vasen aus Thon oder Holz, dreieckige Petschafte aus gebranntem Lehm und eine Menge Scheibchen aus demselben Material, welche, in Form von Rosenkranzkugeln aufgereiht, dieser verschwundenen Race vielleicht zu demselben Zwecke gedient haben, wie die »Quipos« den Peruanern.
Am 21. Juni ging die »Astrolabe« wieder unter Segel und lief la Praya an den Inseln des Grünen Vorgebirges an, wo d’Urville den englischen Kapitän King zu treffen hoffte, von dem er wichtige Mittheilungen betreffs der Fahrt an den Küsten Neu-Guineas zu erhalten erwartete. Dieser hatte la Praya leider schon seit sechsunddreißig Stunden verlassen. Die »Astrolabe« nahm deshalb schon am folgenden Tage, dem 30. Juni, ihren Weg wieder auf.
Am letzten Juli kamen die Felseninseln Martin Vaz und Trinidad in Sicht. Die letztere schien vollkommen unfruchtbar zu sein, denn man gewahrte auf derselben nur ein sehr dürftiges Grün nebst einzelnen verkrüppelten Bäumen, welche in Felsenspalten wurzelten.
D’Urville hatte zwar lebhaft gewünscht, wenigstens einige botanische Nachforschungen auf der verlassenen Insel vorzunehmen; die Brandung an der Küste erwies sich aber als so heftig, daß er es nicht für gerathen hielt, ein Boot durch dieselbe zu entsenden.
Am 4. August segelte die »Astrolabe« über die Stelle, wo die Insel Saxembourg liegen sollte, die endlich von den französischen Seekarten verschwinden dürfte, wie es bezüglich der englischen schon lange geschehen war; später kam man, unter einer Reihe heftiger Windstöße, welche das Schiff beträchtlich
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