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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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umschifft. Am 15. Januar sah man nicht ohne eine gewisse Erregung das erste Eis, zwischen dem die Schiffe nun bald dahinsegeln sollten.
    Die schwimmenden Eisschollen sind an und für sich nicht die gefährlichsten Feinde in diesen Gegenden; der Nebel – ein dichter Nebel, den auch das schärfste Auge nicht zu durchdringen vermag – umhüllt die beiden Fahrzeuge, lähmt deren Bewegung und setzt sie, obschon sie beigelegt haben, doch jeden Augenblick der Gefahr aus, gegen irgend einen gewaltigen Block zu stoßen. Die Temperatur sinkt; an der Meeresoberfläche zeigt der Thermometrograph nur noch zwei Grad, weiter in der Tiefe fällt er bis unter Null. Bald wirbelt ein halbgeschmolzener Schnee herab. Alles deutet darauf hin, daß man jetzt in die antarktischen Meere einfährt.
    Es ist unmöglich, die Insel Clarence und die New-South-Orkneys aufzusuchen; man verliert die Zeit mittelst Segelmanövern, um den Eisbergen auszuweichen. Am 20. Januar zu Mittag befindet man sich unter 62°3’ südlicher Breite und 49°56’ westlicher Länge. Nicht fern von hier hatte Powell die ersten compacten Eisfelder getroffen. Man gewahrt bald eine gewaltige Eisinsel von zweitausend Meter Länge, siebzig Meter Höhe und glatt abgeschnittenen Wänden, welche unter der wechselnden Einwirkung des Lichtes einem Lande zum Verwechseln ähnlich aussieht.
    Walfische und Pinguins verfolgen unablässig das Schiff, um welches weiße Möven in Schaaren flattern.
    Am 21. ergiebt die Messung 62°53’ südlicher Breite und d’Urville hofft schon in den nächsten Tagen den 65. Grad zu erreichen, als man ihm in der Nacht, gegen drei Uhr Morgens, die Meldung macht, daß der Weg durch Packeis versperrt erscheint, das nirgends eine fahrbare Straße erkennen lasse. Die Halsen werden fort gewechselt, und man segelt langsam, denn der Wind hat sich abgeschwächt in östlicher Richtung weiter.
    »Auch fanden wir Gelegenheit, heißt es in dem Berichte, das wundervolle Schauspiel, das sich vor unseren Augen entrollte, mit Muße zu genießen. Ernst und über alle Beschreibung großartig und die Einbildungskraft mächtig anregend, erfüllt es doch das Herz unwillkürlich mit Entsetzen. Niemals fühlt der Mensch so sehr wie hier seine gänzliche Ohnmacht…
     

    Ansicht von Adélieland. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
     
    Es ist eine neue Welt, die sich vor seinen Blicken aufthut, aber eine starre, schauerliche, schweigende Welt, wo ihm von allen Seiten Vernichtung droht. Wenn ihn hier das Unglück ereilte, sich allein überlassen zu sein, würde nichts, kein Trost, kein Funken von Hoffnung, seinen letzten Augenblicken die Bitterkeit nehmen können. Dieser Gedanke erinnert unwillkürlich an die berühmte Inschrift über dem Thor zu Dante’s Hölle:
     
    »
Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate.
«
    (Laßt alle Hoffnung draußen, ihr, die ihr hier eintretet.)«
     
    D’Urville unternimmt dann eine andere, merkwürdige Arbeit, die, mit anderen von derselben Natur verglichen, einen großen Nutzen versprechen würde. Er läßt nämlich die Grenzlinie des Packeises genau aufnehmen. Wenn das auch andere Seefahrer gethan hätten, würde man genauen Aufschluß über die Richtung und Vorwärtsbewegung der Eismassen des Südens erlangen können, ein Punkt, über den jetzt noch ziemliche Dunkelheit herrscht.
    Am 22. bemerkte man, nach Umschiffung einer vorspringenden Spitze, daß die Grenze des Packeises nach Südsüdwest und später nach Westen verlief. In dieser Gegend erblickt man auch ein hohes bergerfülltes Land. Dumoulin hat dessen Aufnahme begonnen, und d’Urville glaubt darin Morell’s Neu-Süd-Grönland zu erkennen, als man seine Formen sich verändern und es am Horizont allmählich verschwinden sieht.
     

    Man mußte das Steuerruder in Balken einschließen. (S. 428.)
     
    Am 24. segeln die zwei Corvetten über eine mit schwimmenden Schollen bedeckte Wasserfläche und gelangen nach einer anderen Stelle, wo das Eis offenbar im Schmelzen ist. Bald aber verengert sich der vorher freie Weg, es treten wieder zahlreiche Blöcke auf, und man muß sofort Kehrt machen, um nicht eingeschlossen zu werden.
    Alles deutet jedoch darauf hin, daß der Rand des Packeises in Zersetzung begriffen ist; die Eisinseln brechen mit furchtbarem Krachen zusammen, von den Schollen rieselt in seinen Fäden das Wasser – das ist das Thauwetter; die Jahreszeit ist also noch nicht weit genug vorgeschritten, und Fanning behält damit Recht, wenn er sagt, daß man nach diesen Gegenden

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