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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gemüthsruhe betrachteten sie Alles, was sie sahen, und schienen nach den Gegenständen, die man ihnen zeigte, kein besonderes Verlangen zu haben. Diebesgelüste waren ihnen offenbar nicht eigen, denn so Viele ihrer auch an Bord kamen, wurde doch nicht das Geringste heimlich mit weggenommen.
    Ihre mittlere Größe schien 173 Centimeter zu betragen, doch sah man auch weit kleinere; ihre Gliedmaßen waren stark und rund, aber nicht besonders muskulös, und die Füße meist klein. Charakteristisch an ihnen ist die auffallende Breite der unteren Gesichtstheile, denen gegenüber die Stirn niedrig und abgeflacht erscheint. Längliche, schmale Augen, vorspringende Wangenbeine und eine abgeplattete Nase verleihen ihrem Typus viel Aehnlichkeit mit dem der Mongolen.
    Alles deutet bei ihnen auf Schlaffheit und Indolenz, nichts auf Kraft und Gewandtheit. Wenn man sie stehend oder gehend so zusammengesunken sieht, mit ihren nach vorn zusammenknickenden Pferden, so glaubt man eher Frauen aus einem Harem vor sich zu haben, als Wilde, welche gewöhnt sind, allen Unbilden rauher Witterung zu trotzen und gegen Schwierigkeiten aller Art anzukämpfen, um nur das Leben zu fristen. Mitten unter ihren Hunden und Pferden auf Fellen ausgestreckt, kennen sie keinen angenehmeren Zeitvertreib als den, sich das Ungeziefer abzusuchen, von dem sie strotzen. Zu Fuße zu gehen, sind sie so wenig gewöhnt, daß sie zu Pferde stiegen, um Muscheln am Strande zu suchen, obwohl dieser kaum fünfzig bis sechzig Schritte entfernt war.
    Unter ihnen lebte auch ein Weißer von elendem Aussehen; er gab zwar vor, aus den Vereinigten Staaten zu stammen, sprach aber nur sehr unvollkommen englisch, und man erkannte ihn leicht als einen deutschen Schweizer. Niederhauser – so hieß der Mann – war nach den Vereinigten Staaten ausgewandert, um Schätze zu sammeln; da sich das Geschick ihm nicht günstig zeigte, ließ er sich durch die verlockenden Vorspiegelungen eines Robbenjägers bethören, der seine Mannschaft zu vervollständigen wünschte. Er wurde, wie dies Gebrauch ist, nebst sieben Kameraden und dem nöthigen Proviant auf einer öden Insel von Feuerland ausgeschifft, um Robben zu jagen und deren Felle zuzubereiten.
    Vier Monate später erschien sein Schiff wieder, nahm die erbeuteten Felle ein, ließ neuen Proviant zurück – und war für immer verschwunden. Niemand wußte, ob dasselbe gescheitert war oder der Kapitän seine Leute einfach im Stiche gelassen hatte.
    Als die Zeit verstrich und diese Bedauernswerthen sich ohne Lebensmittel sahen, bestiegen sie ihr Boot und fuhren in die Meerenge ein, wo sie bald mit Patagoniern zusammentrafen. Niederhauser blieb bei diesen, während die Anderen ihre Fahrt fortsetzten. Er wurde von den Wilden freundlich aufgenommen, fügte sich gänzlich deren Lebensgewohnheiten, füllte sich den Magen tüchtig an, wenn die Jagd reiche Beute lieferte, und schnürte sich den Gürtel fester, wenn er in Zeiten des Mangels den Hunger nur mit einigen eßbaren Wurzeln stillen konnte.
    Müde dieses elenden Lebens, bat Niederhauser jetzt aber d’Urville, ihn an Bord aufzunehmen, denn er könne diese Entbehrungen, sagte er, nicht einen Monat länger aushalten. Der Kapitän gewährte die Bitte und schiffte ihn als Passagier ein.
    Während seines dreimonatlichen Aufenthaltes bei den Patagoniern hatte sich Niederhauser einigermaßen deren Sprache angeeignet, und d’Urville benutzte diesen Umstand, um die patagonischen Ausdrücke für ein vergleichendes Wörterbuch aller Sprachen zu erfahren.
    Das Kriegscostüm der Feuerländer besteht aus einem ledernen Helm mit mehreren Erzplatten, über dem ein schöner Busch von Hahnenfedern weht, einem Ueberwurf von Büffelhaut mit gelben Streifen und aus einer Art zweischneidigem Pallasch. Der Häuptling des Stammes im Hafen Peckett ließ sich bewegen, ein Bild von sich anfertigen zu lassen, ein Beweis von geistiger Ueberlegenheit gegenüber seinen Unterthanen, welche das aus Furcht vor irgend welcher Zauberei stets verweigerten.
    Am 8. Januar wurden die Anker gelichtet, die andere enge Stelle trotz der Strömung ohne Beschwerde passirt, und nachdem sie zwei Drittheile der Ausdehnung der Magellanstraße untersucht, wendeten sich die Schiffe nach den Polarregionen und nahmen die ganze Ostseite von Feuerland auf, eine Lücke, deren Ausfüllung in hydrographischem Interesse sehr erwünscht schien, da bis jetzt noch keine specielle Karte der genannten Insel existirte.
    Staatenland ward ohne Unfall

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