Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Seetzen’s ein Ziel setzte, folgte Burkhardt seiner Fährte und bereitete sich, wie Jener, durch einige Züge in Syrien zu einer weit ausgedehnten und eingehenden Erforschung Arabiens vor.
»Es ist eine Seltenheit in der Geschichte der Wissenschaft, bemerkt Vivien de Saint Martin, zwei Männer von gleich hohem Werthe einander folgen, oder sich gewissermaßen ergänzen zu sehen. Burkhardt schlug nämlich häufig den von Seetzen früher eröffneten Weg ein, und es gelang ihm, lange Zeit durch besonders glückliche Umstände begünstigt, sehr verschiedenartige Züge auszuführen und den schon bekannten Entdeckungen seines Vorgängers manche wichtige und neue hinzuzufügen.«
Obgleich Burkhardt nicht eigentlich Engländer ist, da seine Wiege in Lausanne stand, so ist er doch unbedingt den Reisenden Großbritanniens zuzurechnen, denn er verdankt es nur seinen Beziehungen zu Sir Josef Banks, dem Naturforscher und Begleiter Cook’s, dem Grafen Hamilton, Secretär der Afrikanischen Gesellschaft, und der warmen Empfehlung dieser Beiden, daß er in den Stand gesetzt wurde, mit Nutzen zu reisen.
Nach eingehenden Studien, zuerst an den Universitäten zu Leipzig und Göttingen, wo er Blumenbach’s Vorlesungen hörte, und später in Cambridge, wo er die arabische Sprache lernte, schiffte sich Burkhardt am 24. Februar 1809 nach dem Orient, und zwar zunächst nach Malta ein. Als Vorbereitung auf die Beschwerden des Lebens eines Reisenden unterzog er sich freiwillig längerem Fasten, ertrug auch den brennendsten Durst und nahm Londoner Pflastersteine als Kopfkissen oder schlief gleich im Staube der Straße.
Um wieviel blieben aber diese knabenhaften Uebungen im Entbehren gegen die Anforderungen zurück, welche an ihn als begeisterten Jünger der Wissenschaft herantraten?
Von London nach Syrien abgereist, wo er sich in der arabischen Sprache vervollkommnen wollte, dachte Burkhardt sich sofort nach Kairo zu begeben und auf dem früher von Hornemann eingeschlagenen Wege nach Fezzan vorzudringen. Wenn er hierher gekommen, wollte er den Umständen überlassen, zu bestimmen, welchem Wege er weiter folgen sollte.
Burkhardt nahm nun den Namen eines Scheich Ibrahim Ibn Abdallah an und gab sich für einen indischen Muselman aus. Um seine Verkleidung glaubhaft erscheinen zu lassen, mußte er wiederholt zur List seine Zuflucht nehmen. Eine nekrologische Notiz in den
Annales des Voyages
meldet, daß Burkhardt, als man ihn ersucht hatte, indisch zu sprechen, ohne Zögern deutsch gesprochen habe. Ein italienischer Dolmetscher, der ihn im Verdacht hatte, ein Giaur zu sein, ging so weit, ihn am Barte zu zupfen, eine Beleidigung, wie man sie schwerer einem Muselman nicht anthun kann. Burkhardt war so mit Fleisch und Bein in seiner Rolle aufgegangen, daß er auf der Stelle mit einem gewaltigen Faustschlag antwortete, der den verwegenen Dolmetscher zehn Schritte weit hintaumeln ließ, die Lacher auf seine Seite brachte und sie von seiner Echtheit überzeugte.
Vom September 1809 bis zum Februar 1812 verweilte Burkhardt in Aleppo und unterbrach seine Studien der Sprache und Sitten Syriens nur durch eine zehnmonatliche Reise nach Damaskus, Palmyra und nach Haouran – das Land, welches vor ihm nur Seetzen allein besichtigt hatte.
Es wird erzählt, daß Burkhardt bei einem Ausfluge nach Zor, einem nördlich von Aleppo, am Ufer des Euphrat gelegenen Districte, des Gepäcks und der Kleider beraubt wurde. Es blieb ihm nur noch seine Hofe übrig, als ihm die Frau eines Anführers, die keinen Beuteantheil bekommen hatte, auch noch dieses unentbehrliche Kleidungsstück wegnehmen wollte.
»Diese Züge, heißt es in der »
Revue Germanique
«, lieferten eine Menge Nachrichten über Länder, von denen man außer den unvollständigen Mittheilungen Seetzen’s keinerlei Kenntniß besaß. Selbst in häufiger besuchten Gegenden wußte Burkhardt’s Beobachtungstalent viel interessante Einzelheiten aufzufinden, die dem gewöhnlichen Reisenden meist entgehen… Dieses werthvolle Material gab später der Oberst Martin William Bake heraus, der sich auch selbst als Reisender, kenntnißreicher Geograph und tiefgebildeter Gelehrter auszeichnete.«
Burkhardt hatte Palmyra und Baalbek, den Abhang des Libanon, das Thal des Orontes, den See Hhuleh und die Quellen des Jordan in Augenschein genommen und dabei zuerst über eine große Anzahl alter Städte berichtet. Seinen Hinweisungen verdanken wir die sichere Bestimmung der Lage des berühmten Apamäa, obwohl er selbst
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