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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gibt   …»
    Merrily dachte darüber nach. «Wir reden von der Sache, die manchmal der ‹Zweite Tod› genannt wird, oder?»
    «Es geht dieser Erscheinung darum, dem Zweiten Tod zu
entgehen
.» Simon beugte sich in seinem Stuhl vor. «Ich glaube, dieser Fall ist in unserer Gesellschaft kaum verbreitet. Und in der Roma-Kultur übrigens auch nicht. Ich glaube, die Roma haben mit dieser Geschichte seit Jahrhunderten maßlos übertrieben – jedenfalls
hoffe
ich das.»
    «Es ist ein sehr unangenehmer Zustand», sagte Al, «weil es heißt, dass der
Mulo
Lebensenergien braucht, um existieren zu können. Deshalb werden sie auch die ‹lebenden Toten› genannt. Es gibt zwar Geschichten über
Mulos
, die den Lebenden das Blut aussaugen, aber», er machte eine wegwerfende Geste, «im Grunde geht es nur um Energie. Sexuelle meistens. Das Opfer kann der ehemalige Lebenspartner sein, aber auch die Person, die für den Tod des Menschen verantwortlich gemacht wird, der dann zum
Mulo
wird.»
    «Manche Legenden der Roma sprechen von einer konkreten körperlichen Erscheinung», sagte Simon. «Aber
wir
sprechen lieber von Träumen oder sexuellen Phantasien.»
    «Sie wollen es mit Psychologie erklären?», fragte Merrily zweifelnd.
    «Es ist
durch und durch
psychologisch», sagte Simon. «Aber das macht es nicht weniger real. Und auch nicht weniger beängstigend.»Seine Miene war angespannt. Er hatte eines dieser sanften, blassen Gesichter, deren Ausdruck innerhalb von Sekunden zwischen Jugendlichkeit und vorzeitiger Alterung wechseln konnte. «Der Gedanke an Rebekah – beziehungsweise das, was vielleicht aus ihr geworden ist – jagt mir einen eiskalten   … Entschuldigung.»
    Al stand auf und ging zu dem Foto hinüber. «Ich denke, unsere Aufgabe besteht darin, den Geist Rebekahs von dem zu trennen, was sich um ihn herum geformt hat. Von dem Bösen, das sich in einem Klima von Hass und Zorn wie ein Pilzgeschwür ausbreitet. Können Sie mir folgen,
Drukerimaskri ?»
    «Und ihren Geist dann zu Gott zu führen. Zum Licht.»
    «Und das Böse?», sagte Simon. «Wohin geht das Böse?»
    «Darum kümmere
ich
mich.» Al ging zur Tür. «Sie haben jetzt vermutlich ein paar christliche Dinge zu besprechen. Ich gehe zu dem Hopfenfeld. Dort spreche ich mit meinem Vater. Kommen Sie, wenn Sie so weit sind, Sie stören mich nicht.»
    «Al   …?» Merrily legte ihm die Hand auf den Arm.
    «Es wird schon gut laufen,
Drukerimaskri .»
Erneut warf er einen Blick auf das Bild der jungen Frau, die naiv in der Sonne posierte. «Sie ist überreif. Wir können es nicht mehr hinauszögern.»
    Dann ging er, ohne sich noch einmal umzudrehen.
     
    Charlie Howe sagte: «Kleiner Rat, Mr.   Robinson, für den Fall, dass Sie nochmal jemanden beschatten wollen. Kein Mensch parkt einen Kilometer entfernt, wenn er im Supermarkt einkaufen geht. Nur so als Tipp.»
    «Danke.» Lol nahm die beiden Teetassen und Charlie Howes Doughnut von dem Tablett und stellte alles auf den Tisch. Um diese Zeit war kaum ein Viertel der Tische in dem Supermarkt-Café besetzt.
    «Ich vermute, die Sache hat nichts mit dem Stadtrat zu tun.»Charlie Howes sonnengebräuntes, wettergegerbtes Gesicht wirkte nicht die Spur argwöhnisch. Er biss in seinen Doughnut. Dunkle Marmelade quoll daraus hervor. Charlie leckte sich die Finger ab. «Und für die Zeitung arbeiten Sie auch nicht, nach meiner Erinnerung.»
    «Zeitung nein», sagte Lol. «Erinnerung schon eher.»
    «Das wird Sie aber eine Kleinigkeit kosten, mein Junge.»
    «Ich habe Ihnen doch schon den Doughnut bezahlt.»
    Charlie lächelte. «Damit kommen Sie bis 1960.   In dem Jahr ist nichts Besonderes passiert, damals war ich noch ein einfacher Revierbeamter.»
    «Und was ist mit 1963?»
    «Da war ich Constable. Hatte noch keinen einzigen Mordfall bearbeitet. Womit verdienen Sie nochmal Ihr Geld?»
    «Ich schreibe Songs.»
    Howes Augen lagen unter seiner zerfurchten Stirn tief in den Höhlen. «Also soll das die
Ballade von Charlie Howe
werden, oder was?»
    Lol zwang sich, Howes Blick standzuhalten. «Wie wär’s mit der
Ballade von Rebekah Smith

    Charlie zog eine Augenbraue hoch. «Ich glaube nicht, dass mir dieser Song viel sagt.»
    «Könnte sein, dass Sie nur in der letzten Strophe vorkommen», sagte Lol.
     
    Merrily zündete sich eine Zigarette an.
    Simon St.   John zog seinen Stuhl ein bisschen näher an die Werkbank. «Rauchen Sie immer vor einem Exorzimus?»
    «Klingt wie dieser alte Witz», sagte Merrily.

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