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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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Auktionshäusern. In späteren, finanziell knapperen Jahren sorgten gleichermaßen befriedigende Ausflüge in staubige Antiquariate dafür, dass sich die schimmernden Regale bis zum Bersten füllten.
    »Ich glaube … es ist irgendwo hier«, sagte Patience, stand auf und stellte ihre Teetasse ab (die irgendjemand nun wegtragen und abwaschen und abtrocknen und wegräumen musste). Sie trat ans Fenster mit der tiefen Einbuchtung der Sitznische und klopfte prüfend an die Vertäfelung auf der linken Seite.
    »Falsch!«, rief Smudge vergnügt.
    »Ich weiß noch, dass wir uns gemeinsam dort versteckt haben, Emerald. Du warst auch dabei, Ernest!«
    Clovis drehte sich zur Seite, um Patience nicht ansehen zu müssen, und tat so, als wäre er unendlich erschöpft.
    »Ich habe mich einmal einen ganzen Nachmittag drin versteckt, und niemand hat mich gefunden«, prahlte Smudge und vergaß zu erwähnen, dass sie niemandem gesagt hatte, dass sie sich verstecken wollte, und niemand sie vermisst hatte. »Ich bin eingeschlafen«, krähte sie.
    Beim Anblick von Smudge, die immer noch barfuß und immer noch in ihrem schmuddeligen Nachthemd auf dem Boden saß, schossen Emerald all die vielen Dinge, die sie noch erledigen musste, bevor der Abend erfolgreich beginnen konnte, durch den Kopf. Sie erinnerte sich auch wieder an die erschreckende Tatsache, dass das Frühstückszimmer voller fremder Leute war, ihre Mutter sich irgendwo versteckte, ihr Bruder ein ichbezogenes Ekel war, in der Küche eine Hilfe fehlte und sie selbst immer noch die verflixte Eisenbahn anrufen musste (die übrigens höflicherweise Sterne hätte anrufen können, wo sie ihnen allen derartige Unannehmlichkeiten aufgebürdet hatte).
    »Smudge, findest du nicht, du könntest dich endlich anziehen?«, sagte sie. »So kannst du nicht länger herumsitzen. Also sei ein braves Mädchen und lauf und zieh dich um. Wir anderen werden es auch gleich tun.«
    »Ich werde strahlend schön aussehen«, sagte Smudge und stand auf. »Ihr werdet Augen machen.«
    »Sehr schön. Und jetzt lauf.«
    Mit einem letzten bedauernden Blick auf Patience verließ Smudge das Zimmer.
    »Was für einen Eindruck ihr von uns haben müsst«, sagte Emerald, als sie weg war. »Ich habe euch noch nicht einmal eure Zimmer gezeigt, und ihr wollt euch doch sicherlich – sicherlich …« Sie deutete auf Ernests arg mitgenommene Kleidung. Er musste die Reise durchaus elegant angetreten haben, sah nun jedoch ziemlich beklagenswert aus; sein Jackett, das Clovis dazu benutzt hatte, Ferryman die Augen zu verhüllen, mochte Gott weiß wo in Wind und Wetter herumliegen. Aus diesem Grund war er immer noch in Hemdsärmeln, und ein fehlender Manschettenknopf ließ eine seiner Manschetten steif abstehen, doch die guten Manieren verboten ihm, den Ärmel einfach umzukrempeln. Seine braunen Schnürschuhe waren voller Matsch, und sowohl sein Hemd als auch eins seiner Hosenbeine wiesen lange Streifen grünlichen Schleims auf, die aussahen, als ließen sie sich nie wieder entfernen. (Ferryman hatte friedlich auf der Weide vor sich hin gegrast, als man von ihm verlangt hatte, sich vor das Fuhrwerk spannen zu lassen, und sein Geifer war von daher frühlingsgrün und würde bleibende Flecken hinterlassen.)
    »Ich weiß nicht einmal, ob eure Sachen schon aus dem Brougham geholt wurden – alles war so chaotisch … Lasst uns nach oben gehen. Clovis kann derweil Robert ausfindig machen, damit er sich um eure Sachen kümmert – machst du das, Clo? Was haltet ihr davon?«
    »Hervorragend«, sagte Patience. »Geh voran, Em. Und mach dir keine Gedanken. Wir werden trotz allem mächtig Spaß haben, da bin ich mir ganz sicher.«
    Voller plötzlicher Dankbarkeit küsste Emerald ihre Freundin auf die Wange und nahm ihre Hand.
    »Clovis!«, rief sie dann mit scharfer Stimme. »Würdest du bitte aufhören, faul in der Gegend herumzuliegen wie ein übergewichtiger Mops. Mach dich auf die Suche nach Robert und sorg dafür, dass das Gepäck ins Haus gebracht wird.«
    Patience nahm den Arm ihres Bruders, und sie verließen als fröhliches Dreiergespann das Zimmer.
    Sie begaben sich die Haupttreppe hinauf, wobei sie über die Schultern zu den Räumlichkeiten auf der anderen Seite der Halle hinübersahen. Kein Geräusch drang durch die Türen des Frühstückszimmers, dafür war Florence Trieves’ tragende Stimme, die Myrtle anblaffte, mehr heißes Wasser zu bringen, nicht zu überhören.
    Vor ihrem inneren Auge sah Emerald, wie das schwarze

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