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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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Mann!«
    »Ich kann jetzt nicht!«
    »Dann vielleicht Myrtle?« Smudge war verzweifelt.
    »Räumt den Tisch ab.«
    »Irgendjemand. Emerald … Mutter?« (Dass sie ausgerechnet an ihre Mutter dachte, war Beweis für ihre Verzweiflung.) »Mrs Trieves, sie sind oben!«
    »Oben? O mein Gott, das darf doch nicht wahr sein. Komm mit!«
    Sie nahm Smudges Hand und zerrte sie aus dem Raum.
    Als sie durch die mit grünem Stoff bespannte Tür kamen, stießen sie unverzüglich auf ein kleines Grüppchen Passagiere, die durch den Flur schlichen und sich leise miteinander unterhielten.
    »Zurück!«, befahl Florence der kleinen Gruppe mit gebieterischer Stimme, packte Smudges Hand noch fester und lief mit ihr zum Speisezimmer.
    »Sie haben das Studierzimmer verlassen und sind überall im ganzen Haus!«, rief sie.
    »Was?«, »Großer Gott!« und andere Rufe des Entsetzens kamen von der Gruppe am Tisch.
    »Meine Damen, Sie bleiben hier«, befahl John, der bereits aufgesprungen war. Clovis und Ernest taten es ihm nach. Gemeinsam begaben sie sich zur Tür.
    »Trivering …« Clovis hatte den verflixten Namen schon wieder vergessen. »Kommen Sie nicht mit?«
    »Muss ich wirklich?«, erwiderte der Mann träge und hievte sich gemächlich hoch.
    »Nun machen Sie schon!«, drängte John, aber der Mann ließ sich nicht zur Eile antreiben.
    Die anderen warteten ungeduldig in der Tür, dann gingen sie zu viert los.
    Ohne die Herren, sicher hinter geschlossener Tür, waren die Frauen nun unter sich. Florence stand an der Anrichte, zögerte, sich zu den anderen an den Tisch zu setzen.
    »O mein Gott«, sagte Charlotte, sich Luft zufächelnd. »Wie furchtbar.«
    »Ich weiß wirklich nicht, was wir uns dabei gedacht haben, sie derart schäbig zu vernachlässigen«, sagte Emerald.
    »Unsinn«, gab ihre störrische, reuelose Mutter zurück. »Man sollte sie alle vor die Tür setzen und durchprügeln! Wenn Robert doch nur hier wäre«, rief sie und schlug sich mit der Faust gegen die Stirn.
    Smudge ging zu ihr, kniete sich vor sie und berührte ihr Kleid.
    »Lass das!«, sagte sie zurückzuckend, und Emerald ergriff die Hand des Kindes. Stumm lauschten sie auf das Geschrei und das Gepolter jenseits der Tür des Speisezimmers.
    Mehrere Überlebende hatten sich aus dem abgelegenen Studierzimmer herausgewagt und streunten nun hungrig durch das Haus. Ihre Stimmung war nicht verärgert oder bedrohlich, sondern vielmehr geprägt von fiebriger Unruhe. John Buchanan, mit einem Wanderstock bewaffnet, hatte den Rest des Hauses abgesucht, aber außer dem Mann mit den Kindern, der inzwischen wieder zur Gruppe zurückgebracht worden war, war niemand oben gewesen.
    Die hungrigen Seelen suchten Ruhe oder Nahrung, suchten Trost und Kommunikation, suchten, wie es schien, die Torringtons, und standen nun widerspenstig in der Halle beisammen.
    »Wir möchten mit der Dame des Hauses sprechen!«, rief eine Frau. »Wir wollen einfach nur weiter! Und wir haben Hunger. Wir haben solchen Hunger. Das alles ist doch nicht unsere Schuld!«
    »Aber, aber, wir werden sehen, was sich tun lässt«, versuchte Ernest, sie zu beschwichtigen, und fragte sich, während er sie betrachtete, ob die Frau nicht vielleicht doch auf irgendeine Art verletzt war, die ihm vorher nicht aufgefallen war, oder ob ihre alarmierende Blässe nur die Nachwirkung des Unfalls und des langen Eingepferchtseins war. »Ich muss mich wirklich entschuldigen«, sagte er.
    Obwohl er natürlich nicht für seine Gastgeber sprechen konnte, hatte er das Gefühl, dass irgendetwas für diese Leute getan werden musste, und beschloss, wenn schon nicht mit der unnahbaren Mrs Swift, so doch vielleicht mit Emerald zu sprechen.
    »Wir haben gewartet und gewartet«, sagte eine andere Frau, und überall um ihn herum erhoben sich kläglich-vielstimmig die Rufe »Hunger!« und »Wieso?«.
    »Aber, aber«, erklang die durchdringende, nasale Stimme von Traversham-Beechers hinter ihnen, und viele – unter ihnen auch John, der sich noch auf halber Höhe der Treppe befand, und Ernest, der die weinende Frau tröstete – drehten sich zu ihm um.
    Die Hände in den Taschen vergraben, stand er in der Tür der Bibliothek.
    »Hört mir zu, Leute. Durch Jammern werden wir gar nichts erreichen. Sie und ich müssen hier nun einmal für eine kurze, unbestimmte Zeit ausharren!« Sie hörten ihm aufmerksam zu. »Wir hoffen, dass man auf unsere Bedürfnisse eingehen wird. Wir vertrauen darauf …« Hier hielt er inne, und plötzlich flog über

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