Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Feind

Der unsichtbare Feind

Titel: Der unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
der Reling befestigt.
    Hesert sagte dumpf:
    »Es braucht keine scharfen Augen und wenig Klugheit, um zu erkennen, was Aiquos plant, nicht wahr?«
    »Einen Zauber. Einen starken Zauber«, knurrte Luxon heiser, »wenn ich richtig verstehe. Er braucht unendlich viel Zeit dazu.«
    »Es sind erst die Vorbereitungen dafür, mein Freund.«
    »Was mag er beabsichtigen?«
    »Sicherlich will er mit Hilfe des Zaubers die Seeschlacht gewinnen. Er ruft das HÖCHSTE zu Hilfe. Das erkenne ich schon jetzt«, sagte der logghardische Magier.
    »Er hat nur Aufmerksamkeit für seine Zauberei«, stellte Luxon fest.
    »Bist du in der Lage, einen Gegenzauber zu machen?«
    »Nein. Ich zermartere meinen Kopf, aber ich habe nichts. Vielleicht später, wenn Aiquos abgelenkt ist…«
    Die Nullora segelte vor der Flotte hin und her, und wenn der Wind günstig stand, wurden die Riemen hochgestellt. Also wurden auch die Kräfte der bedauernswerten Rudersklaven geschont. Im nachlassenden Licht des Tages bekamen die dunklen Statuen an der Reling ein beängstigendes Aussehen. Sie schienen zu merkwürdigem Leben zu erwachen; ihre metallenen Augen blitzten und funkelten und schienen jedermann an Bord zugleich anzublicken.
    Die Seeleute warfen immer wieder furchtsame Blicke auf die Szene, aber in ihren Gesichtern lagen auch Zuversicht und Siegeswillen – und Vertrauen, das sie uneingeschränkt ihrem Herrscher entgegenbrachten. Dieses Vertrauen war echt und nicht von Zweifeln geschwächt oder gebrochen.
    »Wie weit ist er mit den zauberischen Versuchen?« wollte Luxon wissen. Da sie sich gegen seine Schiffe, seine Freunde, gegen die Krieger und Seeleute von Logghard richteten, die so viele Entbehrungen bisher auf sich genommen hatten, wuchsen seine Zweifel und Sorgen von Stunde zu Stunde.
    Allerdings glaubte er zu bemerken, daß es unter den Bewaffneten nicht nur Freunde des Hexenmeisters gab. Er hatte bisher vierzehn Männer gezählt, um deren Augen sich die Tätowierungen des Einhorn-Zeichens ringelten, die manchmal wie Schlangen aussahen.
    Waren es Männer, die man in den Waffendienst gepreßt oder verschleppt hatte? Er würde es bald herausgefunden haben.
    »Er betreibt seine Absichten sehr gründlich. Also wird der Zauber groß und mächtig werden«, sagte Hesert-Varamis ausweichend. »Vieles verstehe ich, manches bleibt mir unklar.«
    »Sage mir, wenn du etwas spürst oder erfährst«, meinte Luxon.
    »Ich weiß jetzt schon, daß er unter größter Anspannung seiner Kraft auch in der Nacht seine Beschwörungen betreiben wird. Er erinnert mich an Quarons unheilvolles Wirken.«
    »Wir sprechen später darüber.«
    Mittlerweile hatte sich das Bugdeck mit den Schalen für Feuer, Rauch und fahle Blitze gefüllt, mit Zeichen, die den Lichtglocken ähnlich sahen, mit den Linien, die von den drei Duinen schnell und schweigend auf den Planken gezogen wurden und in deren Mitte der Hexenmeister stand. Zuerst waren die breiten Linien, mit einer Art Farbbrei gezogen, weiß gewesen. Jetzt verwandelten sie sich langsam in eine gezackte Schlange, durch deren unendlichen Körper verschiedene Farben zogen und einander abwechselten.
    Für die Krieger und Seeleute gab es einen Imbiß. Männer schleppten einen großen Kessel heran, in dem ein Brei aus Fleischbrocken, Gemüse und Brotstücken schmorte. Es wurden Schalen und Löffel verteilt und Becher, in die mit Wasser gemischter Wein geschüttet wurde.
    Stunde um Stunde verging. Der Himmel nahm schwärzliche Färbung an, die Dunkelzone reckte im letzten Sonnenlicht ihre schartige Mauer in die Höhe, und ihre untersten Ausläufer verschmolzen mit dem Horizont und dem Meer in einer einzigen Düsternis. Ein paar Sterne blinkten, und auf den Schiffen setzte man die ersten Lichter.
    Ab und zu ertönten Hornsignale.
    Die Kommandanten verständigten sich untereinander.
    Auch vom Heck der Nullora ertönten rätselhafte Tonfolgen.
    Dreimal sieben kleine Flammen umgaben das Bugdeck. Dort saß der Hexenmeister auf einem einfachen Stuhl, verrührte seltsame Flüssigkeiten in einer riesigen Schale und murmelte seine Beschwörungen. Ab und zu liefen die Duiner an ihm vorbei und bewegten sich in das farbenflackernde Netz der Linien hinein und wieder daraus hervor.
    »Ich spüre, es!« flüsterte Hesert. »Es wird bis zum Morgen dauern. Und noch länger.«
    Luxon deutete nach unten.
    »Einer von uns soll immer wachen. Ich bin müde. Weckt mich in zwei Stunden wieder auf.«
    »Versprochen.«
    Immerhin waren sie noch im Besitz ihrer

Weitere Kostenlose Bücher