Der unsterbliche Highlander
sie wusste, dass sie nicht gerade überzeugend war, wenn sie sich mit Lügen herausreden musste. »Ich ... äh, mir war nicht gut. Ich habe mich richtig schlecht gefühlt. Ich hatte Sushi zum Mittagessen.«
»Sagten Sie nicht, dass Sie ein Chili bei Skyline essen wollten?«
Verdammt, der Kerl hatte ein Gedächtnis wie ein Elefant. Hatte er nichts Besseres zu tun, als sich daran zu erinnern, welche Notlügen sie gestern erzählt hatte? Sie hatte in der Tat etwas von Skyline gesagt, als sie ihm auf den Weg nach draußen begegnet war - weil er nicht erfahren sollte, dass sie auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch war, denn dann würde er ihr zehnmal so viel Arbeit aufhalsen.
Die Referendare, bei denen feststand, dass sie später nicht für die Kanzlei arbeiten würden, wurden brutal ausgebeutet.
»Ich habe mich in letzter Minute umentschieden«, erwiderte sie schlagfertig. »Tut mir Leid, dass ich nicht angerufen habe, aber mir war so schlecht, dass ich mich kaum noch rühren konnte. Sie wissen ja, wie scheußlich eine Lebensmittelvergiftung sein kann.« Sie zwang sich, zu ihm aufzuschauen, und begegnete seinem düsteren Blick. Sie wusste, dass sie furchtbar aussah wegen des Schlafmangels und der Aufregung und dass die dunklen Ringe unter den Augen ihre Lüge glaubhaft machten.
»Aber ich bin der Lügner und Blender, ja?«, gurrte eine tiefe Stimme mit exotischem Akzent hinter ihr. »Ich schätze, da haben wir etwas gemeinsam, Irin.«
Ihr Kopf fuhr herum. Da war er, der nächste Schlag. Hinter ihr auf dem Aktenschrank lümmelte dreist Adam Black mit seiner ganzen übernatürlichen Unbekümmertheit und Eleganz. Diesmal trug das Wesen nicht die verwaschene Jeans, sondern eine hautenge schwarze Lederhose und ein schwarzes Seidenhemd, die goldenen Armreifen und den Torques und neue Stiefel, die sehr teuer aussahen. Für einen Moment war Gabby abgelenkt, weil sie sich fragte, woher und wie es zu diesen Klamotten kam. Wahrscheinlich stahl es, was immer es wollte, und nutzte den feth-fiada— Zauber kräftig aus, dachte sie verächtlich. Das passte zu ihm. Ein Dieb.
Trotzdem war es unmöglich, nicht zu bemerken, dass er - es - lässig-elegant und schlichtweg atemberaubend aussah. Vorsicht, Gabby, das könnte dir zum Verhängnis werden.
»Wir haben überhaupt nichts gemeinsam«, zischte sie.
»Was?«, fragte Jeff verständnislos. »O'Callaghan, wovon reden Sie?«
Gabby krümmte sich innerlich und wandte sich wieder ihrem Boss zu. Er schaute mit gerunzelter Stirn zu ihr, dann zum Aktenschrank und wieder zurück. Sie räusperte sich. »Sie und ich«, plapperte sie hastig drauflos. »Ich wollte damit sagen, dass Sie vermutlich nicht krank geworden wären, aber mein Verdauungssystem ist wirklich empfindlich - das war schon immer so. Die kleinste Kleinigkeit bringt es durcheinander, besonders roher Fisch, der nicht ordentlich zubereitet wurde. Ich hätte es besser wissen müssen und dem Sushi von einem Straßenhändler niemals trauen dürfen. Aber ich hatte Hunger, und es sah gut aus. Hören Sie, es tut mir ehrlich leid, aber ich schwöre, dass Sie den Schriftsatz um vier Uhr auf dem Schreibtisch haben.« Durchatmen, Gabby. Sie holte Luft und zeigte das strahlendste Lächeln, das sie unter diesen Umständen zustande brachte. Es fühlte sich eher wie eine Grimasse an.
Gänzlich unbeeindruckt von ihren Erklärungen und ihrem verkümmerten Lächeln grollte Jeff: »Zu spät. Ich muss in zehn Minuten bei Gericht sein und komme nicht rechtzeitig zurück, um ihn einzureichen. Er sollte bereitliegen, wenn ich morgen früh ins Büro komme. Genau wie der Desny-Fall. Und die Elliot-Klageschrift. Verstanden?«
»Ja«, sagte Gabby zähneknirschend.
Als sich Jeff umdrehte, warf Gabby dem Feenwesen auf dem Aktenschrank einen wütenden Blick über die Schulter zu. Es zwinkerte und verzog den Mund zu einem trägen, attraktiven Lächeln.
»Und, O'Callaghan ...«
Gabby fuhr herum.
»Wenn Sie schon dabei sind, können Sie auch noch prüfen, welche Präzedenzfälle Sie für die Rollins-Sache finden. Das liegt am Montag auf meinem Schreibtisch.«
Erst als Jeff in seinem eigenen Büro verschwunden war, ließ Gabby die Schultern sinken und den Kopf mit einem dumpfen Knall auf die Schreibtischplatte fallen.
»Warum machst du das, Irin?«, ertönte das samtene Gurren hinter ihr. »Draußen ist strahlendes Wetter. Die Sonne scheint. Die Welt ist ein riesiges Abenteuer, das nur auf dich wartet. Und du sitzt hier in diesem voll gestopften
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