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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Innenminister begleitete ihn hinab ins Erdgeschoß.
    »Sie sind sich bewußt, welche Folgen es haben könnte, wenn das herauskommt?« fragte er.
    »Das müssen Sie mir nicht erst sagen«, antwortete Fairweather. »Es würde zu Ausschreitungen kommen. Ich muß diese Sache Jim Donaldson und vielleicht auch Michael Odell vorlegen. Sie müssen dem Präsidenten davon berichten. Mein Gott, was für eine fürchterliche Geschichte!«
    Sam Somervilles Mietwagen stand noch auf dem Kurzzeit-Parkplatz in Heathrow, wo sie ihn zurückgelassen hatte. Sie fuhr sofort zu dem Herrenhaus in Surrey. Kevin Brown las den Brief, den sie mitgebracht hatte, und machte ein finsteres Gesicht.
    »Sie sind im Begriff, einen Fehler zu machen, Agentin Somerville«, sagte er. »Auch Direktor Edmonds macht einen Fehler. Der Mann unten im Keller weiß mehr, als er zugibt – das war von Anfang an so, wird immer so sein. Ich finde es ganz verkehrt, daß man ihn freiläßt. Wenn es nach mir ginge, säße er in einem Flugzeug in die Staaten – mit Handschellen.«
    Doch die Unterschrift unter dem Brief war eindeutig. Brown schickte Moxon hinab in den Keller, um Quinn heraufzuholen. Er war noch immer in Handschellen, die man ihm nun abnehmen mußte. Und er war ungewaschen, unrasiert und hungrig. Das FBI -Team war dabei, auszuziehen und das Gebäude seinen Gastgebern zurückzugeben. An der Tür wandte sich Brown um und sagte zu Quinn: »Ich will Sie nicht wiedersehen, Quinn. Außer hinter schwedischen Gardinen. Und ich denke, das werde ich eines Tages erleben.«
    Auf der Fahrt zurück nach London hörte sich Quinn schweigend an, wie Sam ihm vom Ergebnis ihres Fluges nach Washington und der Entscheidung des Weißen Hauses berichtete, ihm seinen Willen zu lassen, sofern sie ihn begleitete:
    »Aber sei auf der Hut, Quinn! Diese Typen müssen Bestien sein. Was sie mit dem Jungen gemacht haben, war grauenhaft …«
    »Schlimmer noch«, sagte Quinn. »Es war unlogisch. Das ist es, was ich mir nicht erklären kann. Es ergibt keinen Sinn. Sie hatten doch alles. Sie waren entkommen, außer Gefahr. Warum umkehren, um den Jungen zu töten?«
    »Weil sie Sadisten sind«, sagte Sam. »Du kennst doch diese Leute, hast jahrelang mit diesen Typen zu tun gehabt. Sie kennen keine Gnade, kein Mitgefühl. Es macht ihnen Spaß, Menschen leiden zu lassen. Es war von Anfang an ihre Absicht, ihn umzubringen …«
    »Warum dann nicht unten im Keller. Warum nicht auch mich? Warum nicht mit einem Revolver, einem Messer oder einem Strick? Warum überhaupt?«
    »Das werden wir nie erfahren. Es sei denn, sie werden erwischt. Und die ganze Welt steht ihnen offen, unterzutauchen. Wo möchtest du jetzt hin?«
    »Zu unserer Wohnung«, sagte Quinn. »Ich hab’ meine Sachen dort.«
    »Ich auch«, sagte Sam. »Ich bin nur mit dem, was ich am Leib hatte, nach Washington geflogen.«
    Sie fuhr in nördlicher Richtung die Warwick Road hinauf.
    »Du bist zu weit gefahren«, sagte Quinn, der sich in London auskannte wie ein Taxifahrer. »Bieg an der nächsten Kreuzung in die Cromwell Road ab.«
    Die Ampeln standen auf Rot. Vor ihnen überquerte ein langer, schwarzer Cadillac mit dem wehenden Sternenbanner-Wimpel die Kreuzung. Im Fond saß Botschafter Fairweather, zum Flughafen unterwegs, und studierte einen Bericht. Er blickte auf, sah die beiden kurz an, ohne sie zu erkennen, und war auch schon fort.
    Duncan McCrea war noch da, als wäre er im Durcheinander der letzten Tage vergessen worden. Er begrüßte Quinn wie ein junger Labrador, der wieder mit seinem Herrn vereint ist.
    Einige Stunden vorher, berichtete er, hatte Lou Collins die Ausputzer geschickt. Das waren keine Männer, die mit Staubwedeln hantierten. Sie hatten die Wanzen beseitigt. Aus der Sicht der »Company« war die Wohnung verbrannt, für sie fortan nutzlos. McCrea war angewiesen worden, noch zu bleiben, zu packen, aufzuräumen und am nächsten Morgen, wenn er ging, dem Vermieter die Schlüssel zurückzubringen. Er war gerade damit beschäftigt gewesen, Sams und Quinns Sachen zu packen, als sie ankamen.
    »Nun, Duncan, entweder bleiben wir hier oder wir gehen in ein Hotel. Haben Sie was dagegen, wenn wir hier noch eine Nacht verbringen?«
    »Aber natürlich nicht, kein Problem. Fühlen Sie sich als Gäste der Agency. Es tut mir schrecklich leid, aber morgen früh müssen wir hier raus.«
    »Morgen früh, das ist okay«, sagte Quinn. Er spürte die Versuchung, dem Jüngeren mit einer väterlichen Geste durchs Haar zu fahren.

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