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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Natürlich waren sie eigentlich gar nicht umsonst. Ihr Preis war der Fluch. Das bedeutete ein Risiko, und nun hat es sich in der Tat als äußerst schlechter Handel herausgestellt.«
    »Dies mag gewiss ein wunderbarer Beitrag zur Erziehung der jungen Lady sein«, unterbrach Vasudev sie. »Aber es ist Zeit, dass sie hier verschwindet. Kleines Fräulein? Estella braucht ein bisschen Ruhe, damit sie endlich in Frieden sterben kann.«
    »Augenblick noch«, widersprach Estella und holte ein Fläschchen aus den Falten ihres Schultertuchs und reichte es Anamique. »Hier Kind, rasch, trink das.«
    Vasudev stockte der Atem. »Nein! Das darfst du nicht!«, stieß er hervor.
    Anamique blickte verunsichert zwischen den beiden hin und her. Dann flüsterte Estella: »Es ist noch nicht zu spät, ihn zu retten«, und Anamique nahm das Fläschchen und trank. Der Inhalt schmeckte nach Gewürzen und Kräutern, brannte in der Kehle und breitete sich auf eine Weise in ihr aus, dass sie spürte, wie ihr Blut in ihrem Körper strömte und wohin es floss.
    Vasudev tanzte aufgebracht hin und her und schrie: »Das darfst du nicht! Yama wird das niemals billigen!«
    »Ein Leben für ein Leben«, erwiderte Estella. »So wird es gehalten.« Und trotz ihrer schweren Krankheit und obwohl sich die Haut straff über ihre feinen Knochen spannte, sah sie aus wie eine Göttin, und ihr glänzendes Haar wogte in den Winden der Hitze, die durch den Gang wehten. Ihre Augen waren hart, klar und unnachgiebig. Sie wiederholte: »Ein Leben für ein Leben«, und fügte hinzu: »Meines für seins.«
    Anamique starrte sie an. Pranjivans Schatten hing an seiner Herrin. Der Dämon knurrte: »Nein! Das genügt nicht! Hör sofort mit diesem Unsinn auf!«
    Eindringlich blickte Estella der jungen Anamique in die Augen. »Sprich, Kind, und schick meine Seele ins Feuer. Folge mir, und ich finde deinen Soldaten für dich. Du kannst ihn hinausführen. Sprich jetzt«, drängte sie flehend. »Sag irgendetwas. Sag seinen Namen. Bitte .«
    James, dachte Anamique und hielt seinen Namen auf der Zungenspitze wie den Samen eines ganzen Lebens, das sich von diesem Augenblick an mit ihrem eigenen umschlingen könnte wie eine liebliche Weinranke. Aber sie konnte seinen Namen nicht aussprechen, nicht jetzt. Sie würde ihn nicht als Mordwaffe benutzen. Estella blickte sie flehend und hoffend an. Anamique würde James’ Namen nicht sagen, aber ihr fiel etwas anderes ein. Sie atmete langsam aus und holte tief Luft. Und zum zweiten Mal in ihrem Leben ließ sie ihre Stimme aus dem Käfig.
    Sie sang.
    Als Estella ihre Stimme hörte, in dem Moment, ehe sich ihre Augen nach hinten verdrehten, verklärte sich ihr Gesicht zu einem Ausdruck der Freude. Dann brach sie zusammen. Pranjivans Schatten fing sie auf und hob sie hoch.
    Anamique musste blinzeln. Der Schatten hielt die Leiche in den Armen, aber Estellas Seele stand noch immer vor ihr, schwerelos und voller Freude. Frei. Einen langen Moment verharrte sie so und lauschte Anamiques Stimme, dann winkte sie, drehte sich um und ging auf leichten, leisen Sohlen auf das Feuer zu. Sie tauchte in die Flammen ein, und die langen Strähnen ihres kanonengrauen Haars verschwanden als Letztes. Sie glühten wie Zündschnüre, wogten und knisterten, als die Flammen sie vollständig umfingen.
    Singend und mit klopfendem Herzen folgte Anamique ihr.
    Ins Feuer.
    Es sog sie auf. Es wütete um sie herum. Sie spürte die Hitze, doch sie wurde nicht verbrannt. Sie fühlte sich so hart wie ein Diamant. Außergewöhnlich. Und sie sang weiter.
    Hinter ihr, im schwarzen Tunnel, war Vasudev betäubt vom Klang ihrer Stimme. Sein Blick ging ins Leere, sein Kinn fiel herunter, und Sabber hing zwischen seinen spitzen Zähnen. Pranjivans Schatten hielt Estellas gebrechlichen alten Leib in den Armen. Langsam glitt er hinter Anamique ins Feuer, und anders als der Stoff, aus dem die Seelen bestehen und der im Inferno lange Zeitalter überdauern kann, waren Schatten und Haut irdischer Herkunft und gingen sofort in Flammen auf. Nichts blieb von ihnen, nicht einmal Asche.
    Im Feuer hatte Anamique die Augen geöffnet, und sie sah zahllose Seelen, die um sie herumtrieben, Seelen, die wie Alchemistenmetall in diesem großen Schmelztiegel verwandelt wurden, Seelen, die man zerfließen ließ und neu erschuf. Sie schwebte dahin und folgte den Ranken von Estellas Haar durch die Flammen. Sie sang. Mit jedem einzelnen Ton empfand ihre Seele einen freudigen Stich, als würde ihre Stimme

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