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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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offenbar der Einzige, der dem Herrscher der Zeit ernsthaft gefährlich werden kann. Also wird er alles darangesetzt haben, deinen Freund da zu lassen, wohin er ihn verbannt hat. Damit war jeder sein Feind, der ihn daraus befreien konnte.«
    »Allen voran die Kollins.« Sophia nickte. So konnte es gewesen sein. Sie sah ihre Großtante an. »Du hast es auch probiert, nicht wahr?« Das hatte sie schon die ganze Zeit fragen wollen. »Und die Idee, den Mechanismus von Antikythera nachbauen zu lassen, stammt von dir, stimmt’s?«
    Lotta wechselte einen kurzen Blick mit Nico und Laura. Beide nickten unmerklich. »Ja«, antwortete sie widerstrebend. »Natürlich haben schon vor mir andere darüber spekuliert, ob so etwas möglich und sinnvoll sei. Im Computer gibt es ja schon eine Simulation davon. Aber ich habe mir von einer richtigen Maschine mehr erhofft.«
    »Und warum?«
    »Weil Erik, dein Ururgroßvater, überzeugt war, beim Zusammensetzen der Weltenuhr etwas falsch gemacht zu haben. Er meinte, es fehle etwas. Da jedoch die Konstruktionspläne verschollen waren, konnte er die vermissten Teile nicht zweifelsfrei rekonstruieren. Er …«
    »Dann sind sie gar nicht gestern erst verloren gegangen, als die Uhr in der Zeitwäscherei heruntergefallen ist!«, rief Theo.
    Sophia nickte verstehend. »Es haben sich nur die sieben Sphären verklemmt. Deshalb ist sie ins Stottern geraten.«
    Nico machte eine vage Geste, die wohl seine Ratlosigkeit ausdrücken sollte. »Heißt das nun, wir können den Antikythera-Mechanismus vergessen? Theo ist ja wieder da, wo er hingehört: in der Menschenwelt.«
    »Nein!«, stieß der aufgeregt hervor. »Ich habe Freunde, denen ich mein Leben verdanke. Sie sind immer noch in Mekanis gefangen. Außerdem werden weder die Menschen, geschweige denn wir fünf hier jemals Ruhe finden, wenn Oros noch da draußen herumschleicht und seine Ränke schmiedet. Er muss in sein eigenes Reich zurückgeschickt werden. Danach sollten wir uns etwas sehr Gutes einfallen lassen, damit der kosmische Mechanismus und das Wissen aus dem Buch der Zeit nie mehr missbraucht werden können.«
    »Ruhig Blut, junger alter Freund«, sagte Nico. »Wir sitzen ja hier, um den Fluch dieses vermaledeiten Eies endlich loszuwerden. Sollte es dazu nötig sein, das Werk zu reparieren, dann würde ich sogar das übernehmen – obwohl es mir fast so viel Respekt einjagt wie ein dunkles Zimmer. Nur, bevor wir darüber sprechen, wie wir es wieder ganz bekommen, solltest du uns vielleicht erst erzählen, wie es kaputtgegangen ist.«
    »Ja«, pflichtete ihm Sophia bei. »Das wüsste ich auch gerne. An ein paar Stellen deiner Geschichte hatte ich tatsächlich schon das Gefühl, sie könnte uns verraten, wie Oros beizukommen ist, aber den großen Knall hat’s bisher nicht gegeben.«
    »Den großen Knall?«, wiederholte Theo. Ein melancholisches Lächeln umspielte seine Lippen. »Wenn euch danach ist, dann hört mir jetzt gut zu.«

25
    E ben noch hatte ich in der Werkstatt von Meister Hans am Schlüssel der Weltenuhr gedreht und jetzt stand ich auf einer baumbestandenen Graslandschaft. In einer Nacht ohne richtige Dunkelheit. Ich spürte das Uhr-Ei in meinen Händen und war verwirrt.
    Am Horizont flackerte ein Stern, der aussah wie eine Kerzenflamme. Ein lauer Wind strich mir um die Nase, umfächelte mich mit einem ungewöhnlichen Geruch, wie er nach dem Einwirken von Essigsäure auf Kupfer entsteht. Irgendetwas flatterte an mir vorbei. Ich hörte ein schnelles leises Quietschen. Eine Fledermaus? Um das Tier mit Blicken einzufangen, drehte ich mich um. Hinter mir ragte ein dunkler, verkrüppelter Stamm auf, der uralt zu sein schien. Von dem Flatterwesen war nichts zu sehen.
    Unvermittelt fuhr eine Brise durch das hohe Gras und ließ es klimpern, als würden Abertausende feine Glasstäbe aneinanderschlagen. Dabei bewegten sich die Halme so gleichförmig wie ein Garderegiment. Mir dämmerte, was an dieser scheinbar so lebendigen Welt nicht stimmte.
    Alles war künstlich.
    Hatte der kosmische Mechanismus mich erneut eingefangen? Ein beklemmender Gedanke, den ich am liebsten sofort verscheucht hätte. Aber dann wäre ich doch wohl im Labyrinth der Zeit gelandet, redete ich mir ein. Das hier war etwas ganz anderes. Ich verstaute das Uhr-Ei in dem Lederbeutel an meinem Gürtelstrick und beugte mich zu den Grashalmen hinab. Unter dem Baum wuchsen sie weniger dicht und hoch als ein paar Schritte weiter.
    Seltsam, dachte ich. Sie schimmern nicht nur

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