Der verkaufte Tod
zum Lebensende. Keine Reisen mehr nach Hawaii oder zu den Bahamas, kein Trip mehr nach Japan oder Europa, nicht einmal mehr ein verlängertes Wochenende in Las Vegas oder auf den Keys – nur noch dreimal in der Woche neben einer Waschmaschine fürs Blut liegen. »Ich weigere mich!« wiederholte er. »Es mußt doch noch andere Möglichkeiten geben! Konservative Methoden, wie Dr. Salomon sagte.«
»Zu spät, Mr. Burten.« Dr. Henderson hatte jetzt die Hemmschwelle zur absoluten Wahrheit überwunden. Auch für einen erfahrenen Arzt ist es immer noch schwer, seinen Patienten mit dem Tod zu konfrontieren.
»Zu spät … Dann habe ich das also Dr. Salomon zu verdanken?«
»Aber nein. Eine Niereninsuffizienz hat oft eine eigenwillige Entwicklung. Ehe man sie richtig entdeckt, ist die Bombe meistens schon sprengbereit.«
»Ihre Ausdrucksweise schlägt mir auf den Magen!« Burten setzte sich mit einem tiefen Seufzer in einen der herumstehenden Sessel. »Ich kann mir also einen Sarg bestellen?«
»Wenn Sie sich weigern, an die Dialyse angeschlossen zu werden, müssen Sie sich beeilen. Ich habe Ihnen ja schon gesagt: Sie sind im letzten Augenblick gekommen.«
»Das ist also mein Todesurteil«, sagte Burten dumpf.
»Ich kann Sie nicht zwingen, sich an das Gerät anschließen zu lassen.«
»Es gibt doch noch eine andere Möglichkeit.«
In Burtens Augen erkannte Dr. Henderson ein verzweifeltes Flehen.
»Man kann doch jetzt auch Nieren verpflanzen. Von Toten und sogar von Lebenden, die eine Niere verkaufen. Ich habe davon gelesen, Doc.«
»Ja, man kann Nieren transplantieren. Das ist zum ersten Mal 1954 in Boston gelungen. Abgesehen von den Risiken der Abstoßung durch Immunreaktionen – der Eingriff 1954 geschah bei eineiigen Zwillingen, die die gleiche Eiweißzusammensetzung hatten – gibt es da zwei Hindernisse: Erstens ist ein Nierenkauf von einem Lebenden strafbar, und zweitens ist die Verwendung einer frischen, intakten Leichenniere aus vielerlei moralischen und juristischen Gründen problematisch. Man kann ja nicht stillschweigend einen Gestorbenen ausschlachten und als Ersatzteillager benutzen, so wie man Autoteile ausbaut.« Dr. Henderson schüttelte den Kopf. »Den Gedanken an eine Transplantation lassen Sie bitte fallen, Mr. Burten.«
»Und wenn sich doch eine Niere für mich finden läßt?«
»Fast aussichtslos. Erstens haben Sie eine seltene Blutgruppe und damit auch einen seltenen Spender, und zweitens haben alle Klinken auf der ganzen Welt so viele Nierenkranke auf der Warteliste, daß Sie in absehbarer Zeit keine Chance haben. Und Ihre Zeit ist ohne Dialyse nicht mehr absehbar! Verzeihen Sie, aber ich muß Ihnen das so grob sagen.«
»Ich bin auch dafür dankbar, Doc.« Burten senkte den Kopf, als blicke er in sich hinein. »Wann komme ich an das Gerät?«
»Ich warte jeden Augenblick auf den Anruf von der Station. Es wird alles vorbereitet. Als Notfall kommen Sie außer der Reihe dran. Auch die Kapazität unserer Dialysen ist begrenzt. Sie glauben nicht, wieviel Nierenkranke es gibt.«
Burten nickte wieder, mehrmals, als müsse er die grausame Erkenntnis in sich hineinhämmern. Aber ein Gedanke blieb in ihm haften, ein wahnsinniger Gedanke, an den er sich jetzt klammerte wie ein Ertrinkender an ein Brett: eine neue Niere. Ich muß eine neue Niere bekommen. Ich werde mir eine neue Niere kaufen. Und wenn sie eine Million Dollar kostet, mein Leben ist mehr wert als eine lumpige Million. Es wird doch jemanden auf dieser Welt geben, der eine Niere für eine Million Dollar abgeben kann. Ich werde in allen Zeitungen der Staaten eine Annonce aufgeben – zum Teufel mit den Juristen, die das verbieten wollen! Was würden sie selbst tun, wenn ihre Nieren versagten?
Das Telefon klingelte und schreckte Burten auf.
Dr. Henderson hob ab und sagte: »Okay!«
Burten erhob sich von seinem Sessel. »Es ist soweit?« fragte er.
»Ja.« Dr. Henderson schien in bester Laune zu sein. »Jetzt werden wir den ganzen giftigen Dreck aus Ihrem Blut wegwaschen. Schwester Lauren wird Sie betreuen. Sie hat einen fabelhaften Hintern – kneifen Sie nicht hinein, das hat sie nicht so gern.«
»Ihr Ärzte habt das Gemüt eines Nilpferdes«, sagte Burten, aber er war trotzdem irgendwie erleichtert. »Ihr kriegt es fertig und eßt bei einer Sektion einen Hamburger.«
»Wenn uns der Hunger überfällt, warum nicht?« Dr. Henderson winkte zur Tür. »Auf zur Premiere! Haben Sie Lampenfieber?«
»Warum?«
»Sie sind jetzt der
Weitere Kostenlose Bücher