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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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und antwortete: »Alles, was du da sagst, ist richtig, Herr Ridibund. Aber glaube mir   – ich habe mich nicht freiwillig vom Baum gestürzt, wie du annimmst. Und sich das Leben zu nehmen ist eine Sünde! Du meine Güte! Nichts läge mir ferner!«
    Finn betastete seinen Kopf und spürte die fast faustgroße Beule, die über seinem rechten Auge heranwuchs. »Und glaube mir   – ich gäbe dir einen Großheller dafür, käme ich in Bälde in ein heißes Bad und in frische Kleider und vor allen Dingen aus dem Bruch heraus! Wo bin ich überhaupt? Und was macht ihr hier? Wo immer hier ist?«
    »Für den Moment fragen wir uns, was du hier tust«, erwiderte Ridibund. »Und, damit du es nicht vergisst   – du hast uns noch nicht verraten, warum du dieses Dings da an deinen Bauch gebunden hast.«
    Finn sah an sich herab und nestelte Glimfáins Axt von seinem Gürtel. »Ja, stier nur darauf, Gevatter! Auf den Bauch gebunden? Ich hab sie an mich gebunden, damit sie nicht fällt, und nicht als Gewicht für   … für das, was du meinst. Also wirklich! Auch gehört sie mir nicht, sondern einem Freund. Und ich wollte sie ihm retten, bevor sie verloren ging, was mir auch knapp gelang, das immerhin; aber dann ging alles schief, und am Ende platschte ich in deinen Sumpf.«
    »Aha«, machte Ridibund. »Es ist nicht mein Sumpf! Und deiner Rede Sinn ist wenigstens gerade so dunkel wie er. Wir sind hier mitten im Moorreeter Moor, wie du im Übrigen wissen solltest, wenn du weiterhin vorgibst, Furgo Fokklins Sohn zu sein.«
    »Na schön«, erwiderte Finn verdrossen. »Ich höre und sehe, ihr glaubt mir nicht. Ja, starrt mich nur weiter an! Ich weiß! So kurz erzählt hört es sich wahrlich nicht vertrauenswürdig an. Ich würde mir selbst kaum glauben, aber es ist eine lange Geschichte, und die haben es an sich, dass sie in aller Kürze nun mal kaumzu glauben sind. Gib mir eine Waschgelegenheit oder wenigstens einen Lappen und ein Handtuch, und ich verspreche dir, ich verwandele mich wieder in den Finn Fokklin, den du kennst.«
    Finn blickte sich um und starrte zu der uralten Eiche hinauf, die nah am Rande des Tümpels ihren mächtigen Stamm in die Höhe reckte. Ihm kam es vor, als wäre sie eine Säule, die das Dach des sie umgebenden Bruchwaldes trug. »Mir ist kalt, Herr Ridibund«, fuhr er fort. »Und mir tut wirklich alles weh, sogar jedes einzelne meiner Haare, was mir ein Rätsel ist.Mitten im Moor also, sagst du. Wie weit sind wir denn vom Brada entfernt? Und wo geht’s zurück nach Hause?«
    Ridibund kniff die Augen zusammen, was ihn noch eine Spur verdrießlicher aussehen ließ, falls das überhaupt möglich war. Er rieb sich nachdenklich das Kinn.
    »Zumindest klingst du immer mehr nach Herrn Finn«, brummte er. »Viele Worte, deren Sinn sich nur allmählich erschließt. Also gut, von mir aus. Niemand soll sagen, ein Rohrammer habe einem Fokklin ein Handtuch verweigert. Kannst du wenigstens gehen?«
    Finn rappelte sich auf und machte ein paar vorsichtige Schritte.
    Er schwankte, aber das war zu gleichen Teilen eine Folge seines Sturzes und Begleiterscheinung des alles andere als sicheren Knüppelsteges, der sich bei jeder Gewichtsverlagerung bewegte.
    So tasteten sie sich hintereinander den kaum halbklafterbreiten Holzpfad entlang, Wigo und Buffo gingen vorweg. Finn folgte humpelnd, die Axt auf seiner schmerzenden Schulter schleppend. Ridibund schlurfte grummelnd hinterdrein. Finn bemerkte erst jetzt, dass die beiden Rohrammersöhne hölzerne Eimer mit breiten Deckeln bei sich hatten, aus denen es patschte und rumpelte, als bewege sich etwas darin.
    Der Holzsteg führte von dem einen Tümpel fort und zu einem anderen hin; dazwischen wurde er zu einem Bohlenweg, der über feuchter Erde verlief und eine Zunge des schwarzbraunen Morastes umging. Diesem Knüppelpfad folgten sie für gut zehn Minuten, ehe die Strecke sich erneut zu einem Steg wandelte, der sich auf dünnen Pfählen abermals über eine trügerische, unberührte Wasseroberfläche schwang.
    An deren jenseitigem Ufer stand eine Hütte dicht am Schilfrand, kaum zu erkennen unter dem Blätterdach der sie überwölbenden Wipfel. Schräg einfallende Licht- und Schattenstreifen narrten zudem das Auge, und wäre nicht das flackernde Hellrot eines Feuers gewesen, das im Inneren brannte, so hätte Finn die Hütte erst bemerkt, als er unmittelbar vor ihr stand.
    Das hölzerne Haus war auf einer umlaufenden Plattform errichtet, die ihrerseits auf in den Grund gerammten,

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