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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Faustschläge seines Nachbarn gegen das
    Bettgestell. Schließlich kam Vickery. Teilnahmslos, als führte er
    nur pflichtgetreu aus, was das Lehrbuch der medizinischen Be-
    handlung vorschrieb, verabreichte er William eine schallende
    Ohrfeige, bevor er ihm den Löffel zwischen die Lippen rammte.
    William schluckte und schloss die Augen, presste die Hände ge-
    gen die würgende Kälte in seinem Bauch. Dann wartete er, dass
    die Dunkelheit ihn hinabzog.

    280

XXI

    E s dauerte fast eine Stunde, bis sie die Leiche aus dem Mauer-
    spalt freibekamen, wo sie eingeklemmt war. Die aufgedunsenen
    Schultern und Hüften hatten sich in den Backstein gedrückt,
    und die Haut war dunkellila verfärbt, als hätte sie die unterirdi-
    sche Dunkelheit aufgesogen. Natürlich hatten sich auch schon
    die Ratten über den Kadaver hergemacht und Beine und Finger
    und alle auch nur irgendwie für sie erreichbaren Stellen ange-
    nagt. Aber das Salz und die Kälte hatten verhindert, dass die Ver-
    wesung ra c
    s h voran c
    s hritt, und so

    stank die Leiche mehr nach
    Schlamm und Tang als nach sonst was.
    Nachdem sie den Toten schließlich freibekommen hatten,
    nutzten sie den Gezeitenstand und ließen ihn einen guten Teil
    der Strecke bis zur Schleuse von der Strömung tragen; wenn er
    sich in einer Spalte im Mauerwerk verfing, brauchten sie nur
    einen der leichenstarren Füße anzustupsen. Bei der Treppe in
    Temple schickte Tom zuerst Joe nach oben, um sich zu vergewis-
    sern, ob die Luft rein war, während er selbst die Gerätschaften
    aus dem wasserdichten Bündel auf seinem Rücken auspackte. Es
    war kurz vor fünf Uhr morgens, und obschon die Dämmerung
    noch auf sich warten Ließ, herrschte auf dem Fluss bereits emsige
    Geschäftigkeit. Für die Dampfboote war es noch zu früh, aber
    die mit Heu beladenen Kähne und die Boote, auf denen die
    Gärtner vom Oberlauf der Themse ihre Erzeugnisse zu den Vor-
    mittagsmärkten brachten, waren bereits unterwegs. Toms Erfah-
    rung nach würden die Leute, die zu so früher Stunde schon auf
    den Beinen waren, sie nicht weiter beachten. Außerdem hatten

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    sie das Glück, dass Neumond war und schwere Wolken über
    der Stadt hingen. Tom duckte sich, so gut es ging, in den tiefen
    Schatten entlang der Ufermauer und ließ die Leiche an seiner
    Hand im Flusswasser driften.
    Sie dümpelte bäuchlings im Wasser, die Hände mit den an-
    genagten Fingern wie sanft paddelnd. Tom hielt sie am Fußge-
    lenk fest. Den Kopf tief über die dunklen Fluten gebeugt, zog er
    die Leiche langsam flussabwärts zu einer Stelle, wo mehrere aus-
    gemusterte Holzkähne vertäut lagen. Gelegentlich wurden sie als
    Schlafplatz benutzt, aber es waren nur noch Wracks, deren ver-
    faulte Rümpfe bei Ebbe nach und nach im Schlamm auseinan-
    der brachen. Tom konnte nicht besonders gut schwimmen, aber
    er kämpfte sich voran, indem er sich halb im Wasser watend an
    den alten geteerten Fendern entlangzog, mit denen die dunklen
    Flanken der Kähne bestückt waren, bis er zu einer Stelle kam, wo
    die Ankerketten zu einem klobigen eisernen Knoten zusammen-
    liefen und sich ein altersschwacher Landungssteg mit wackligen
    Beinen mühsam gegen die Strömung behauptete. Die voll geso-
    gene Leiche war schwer und unbeweglich. Tom schlang die Arme
    um die aufgequollenen Oberschenkel, um sie besser ziehen zu
    können. Schwerfällig trieb sie hinter ihm her und hinterließ da-
    bei eine flüchtige V-förmige Spur im eisig kalten Wasser. Tom
    zitterte. Wenn er zu lange drinblieb, würde es ihm ergehen wie
    dem da. Er schob die Leiche in den engen Spalt zwischen den
    Kähnen. Hier würde man ihn nicht sehen, weder vom Ufer noch
    vom Fluss aus. Der Streifen Himmel zwischen den hohen Flan-
    ken der Boote war inzwischen grau geworden und ließ die Mor-
    gendämmerung erahnen. Tom verkeilte die Leiche, so gut es ging,
    und wartete.
    Je heller es wurde, desto emsiger und lauter wurde das Trei-
    ben. Themsefähren pflügten tutend durchs Wasser. Am Ufer rat-
    terten Karren und Kutschen über das Kopfsteinpflaster. Tom

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    lehnte sich gegen den morschen Kahn und wartete darauf, dass
    der Pegel endlich sank. Und langsam, so langsam, dass Tom fast
    meinte, der Fluss würde sich mit aller Kraft gegen die Naturge-
    setze stemmen, ging das Wasser zurück. Als es ihm nur mehr bis
    zu den Knien stand, nahm er aus dem Ölzeugbündel, das er sich
    auf den Rücken gebunden hatte, einen alten Mantel, schlüpfte
    hinein und rieb sich die vor Kälte

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