Der Verrat
tust du hier, Nicholas?Wolltest du mir beim Schlafen zusehen?«
»Ja«, entgegnete er und beugte sich wieder über sein Schwert.Auf dem Fensterbrett vor ihm lagenTaschentücher, Ãl und Sandpapier. Mit einem kleinenWetzstein strich er langsam und sorgfältig über sein Schwert. »Ich kam, um dein Gesicht im Schlaf zu betrachten.Aber du hast die Decke über den Kopf gezogen, also musste ich den Klumpen ansehen, den ich für deinen Kopf hielt, der sich aber dann doch als deine Schulter herausstellte.Was nichts wirklich Besonderes war.«
»Du hast es wirklich schwer.«
Die Sonne schien durchs Fenster und lieà sein Schwert und seinen Ring blitzen. Mae fragte sich, wie spät es wohl war.
Nick warf ihr das zerfledderte Heft zu, dasTagebuch seinesVaters, ohne in seinerArbeit innezuhalten. »Ich dachte, da du schon mal da bist, könnten wir vielleicht auch noch eine weitere Lektion durchnehmen.«
Mae krallte ihre Finger ins Bettlaken und betrachtete das Heft, als sei es eine Giftschlange. Dann sah sie auf Nicks über das Schwert gebeugten Rücken und schluckte. »Komisch. Aus irgendeinem Grund kann ich niemandem beibringen, sich menschlich zu benehmen, wenn ich keine Hose anhabe.«
»Tatsächlich?«
Mae wedelte majestätisch mit der Hand, um ihm zu zeigen, dass seineAnwesenheit nicht mehr erwünscht ist. Nick warf das Schwert hoch und stand auf, bevor er es auffing.
»Na gut«, sagte er. »Ich muss sowieso das Schleifpapier anfeuchten.«
Er ging und Mae hechtete nach ihrer Jeans und zog sie rasch über die gepunktete Unterwäsche.Als sie den Knopf zumachte, fühlte sie sich schon erheblich wohler.
Normalerweise hätte ihr das nicht so viel ausgemacht, aber heute hatte sie das Gefühl, als müsse sie gewappnet sein. Sie fühlte sich nicht ganz wohl in ihrer Haut.
Sie hatteAlan geküsst. UndAlan hatte sie geküsst. Es hatte ihr wirklich gefallen. Sie hatte Seb ihrWort gegeben und jetzt fing sie etwas mitAlan an.
Diese Fieberfrucht war wirklich gemeingefährlich !
Es wäre beruhigend gewesen, wenn sie das, was geschehen war, tatsächlich ausschlieÃlich auf die Fieberfrucht schieben könnte, aber dieses Mal hatte sie die Frucht viel besser vertragen. Sie war nicht herumgetorkelt oder hatte versucht, Gerald anzumachen â Gott bewahre! â oder so was in derArt.Vielleicht hatte sie die Fieberfrucht etwas kühner gemacht, ein wenig mehr dazu bereit, ihrem eigenenVerlangen nachzugeben.
Sie war total durcheinander.
Mae legte das Gesicht in die Hände und riss sich dann zusammen. Sie war so verwirrt, hin und her gerissen und verlegen. Und sie musste einen Dämon unterrichten.
Und was sie gerade fühlte waren ziemlich grundlegende menschliche Emotionen.
»Anständig angezogen?«, fragte Nick vom Flur aus.
»Ja.«
»Schade«, sagte er. Er trat ein und fuhr mit dem nassen Schleifpapier sanft über die Klinge seines Schwerts. Mae hatte keineAhnung, wozu das gut sein sollte, aber er ging so darin auf, dass sie sich nicht sicher war, ob er überhaupt bemerkt hätte, wenn sie sich nicht anständig angezogen hätte.
Er ging zu seinem Bett, setzte sich auf die Kante und lehnte das Schwert gegen ein Knie.
»Bist du manchmal verlegen?«
»Du meinst, ob ich mir Gedanken darüber mache, wenn mich jemand ohne Hose sieht?«, fragte Nick. »Klar. Manchmal sind die Leute überwältigt. Sie fallen um und schlagen sich den Kopf an. Darüber muss man sich Gedanken machen.«
»Dass du schamlos bist, wusste ich schon«, informierte ihn Mae. »Ich wollte wissen, ob du dich manchmal schämst. Denkst du jemals über etwas nach, was du gesagt oder getan hast, und möchtest dich am liebsten irgendwo verstecken?«
Nick überlegte. »Nein.«
»Menschen tun so etwas«, erklärte Mae und setzte sich neben ihn. »Du solltest versuchen, uns nicht inVerlegenheit zu bringen, sonst treten wir dir in den Hintern.«
Nick lachte. »Das sollte ich tatsächlich bedenken.« Er legte sich auf die zerwühlte Decke, einenArm unter dem Kopf und den anderen locker auf der Brust.
»Hey«, sagte Mae. »Du solltest meine Hand halten.«
Sie berührte seine Hand, doch er zog sie heftig weg.
»Was soll das?«, fragte er. »Du warst doch mit imAuto, als ich Jamie gesagt habe â¦Â«
»Du hast ihm gesagt, warum Dämonen keine Menschen
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