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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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des Floßes, die Arme auf das lange Steuerruder gestützt. Auch er sprach leise. Auf dem Wasser hörte man Geräusche meilenweit.
    »Ist es ein Schiff aus Westfall?«
    Der Bootsbauer hob die Schultern. »Schwer zu sagen in der Dunkelheit, aber es ist groß, größer, als es Piratenschiffe meistens sind.«
    Schwarzklaue schlich zum Rand des Floßes, tauchte die Hände ins Wasser und trank. Es war kühl und süß. Seine Müdigkeit verschwand.
    »Können wir es kapern?«
    »Was?« Snellig hob den Kopf.
    »Können wir es kapern?« Ungeduld machte aus Schwarzklaues Flüstern ein Zischen.
    »Ich sagte doch, dass ich nicht weiß, ob es ein Schiff aus Westfall ist.«
    »Und wenn es so wäre?« Marya richtete sich auf und hielt die Nase in den Wind.
    Snellig kratzte sich am Bauch. »Ich weiß nicht, wie die Schiffe heutzutage ausgestattet sind. Damals im Krieg hatten sie ein Dutzend Katapulte an Bord und hundert Bogenschützen. Sie waren uneinnehmbar.«
    Von anderen Schiffen, aber wir sind kein Schiff. Die Stimme flüsterte in Schwarzklaues Geist. »Von anderen Schiffen …«, sagte er, bevor ihm auffiel, dass es nicht sein eigener Gedanke war, sondern ein fremder. Er wollte nach ihm greifen, ihn erkunden, wie einen neuen Ort, aber da war er bereits verschwunden.
    »Aber wir sind kein Schiff«, sagte Marya im gleichen Moment, als wäre der Gedanke auf sie übergesprungen wie ein Floh. Schwarzklaue sah sie an. Die Krieger auf dem Floss nickten, sogar Snellig neigte den Kopf.
    »Das ist wahr«, sagte er.
    Schwarzklaue spürte die Blicke der anderen. Der schwarze Fleck wurde größer, nahm allmählich die Form eines Schiffs an. Drei Maste ragten in den Himmel, schwarze Striche vor den Sternen. Die Segel hingen schlaff von ihnen herab. Es war beinahe windstill.
    »Wenn wir das Schiff einnehmen«, sagte Marya leise, »können wir bis in den nächsten Hafen segeln, bevor jemand etwas bemerkt.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Snellig.
    Schwarzklaue knurrte. So sprachen Feiglinge. Nacheinander berührte er vier Krieger am Arm. »Schwimmt zu den anderen Flößen. Sagt ihnen, dass wir das Schiff angreifen.«
    Sie nickten. Er roch ihre Zustimmung. Sie wollten kämpfen, genau wie er. Deshalb waren sie auf die lange Reise gegangen. Beinahe lautlos ließen sie sich ins Wasser gleiten. Die meisten Flöße waren nicht weit entfernt von ihrem eigenen. Schwarzklaue hoffte, dass die anderen abwarteten.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Schiff zu.
    Er hörte die Takelage knarren. Ab und zu blitzte ein Licht auf, vielleicht eine Öllampe, die an einem der Masten hing. Er tastete nach dem Seesack neben sich und öffnete ihn. Vorsichtig zog er das Schwert heraus. Die Lederrüstung schob er zurück, nahm nur den Helm. Sie war zu schwer, um darin zu schwimmen.
    Nur Marya und drei andere Krieger griffen ebenfalls nach Säcken. Die restlichen hatten wohl nicht darauf geachtet, wo ihre Sachen verstaut worden waren.
    Unter Korvellan wäre das nicht passiert , dachte Schwarzklaue. Er hätte darauf geachtet, dass sich die Krieger nicht von ihrer Ausrüstung trennten.
    Er grinste.
    »Worüber lachst du?«, fragte Marya, während sie sich zwei Schulterstücke anschnallte.
    »Darüber, dass wir wie Krieger kämpfen, weil wir nicht wie Soldaten denken.« Er half ihr, die Schulterstücke zurechtzuziehen. »Und deshalb können wir nur siegen oder sterben.«
    Sie schien nicht zu verstehen, was er meinte. Er erklärte es nicht. Immer näher kam das Schiff. Schwarzklaue konnte bereits die Wellen an seinem Bug erkennen und die sanft geschwungene Reling, die zum Heck hin höher wurde. Es war größer als jedes andere Schiff, das Schwarzklaue je gesehen hatte, dreimal so breit wie das Floß und neun- oder zehnmal so lang. Am Heck, dort, wo das Schiff am höchsten war, standen vier Männer an einem langen Ruder. Rechts und links neben ihnen ragten Katapulte empor.
    »Legt euch flach hin«, sagte Schwarzklaue leise. Die Krieger folgten dem Befehl. Es klirrte metallisch, als zwei Schwerter gegeneinanderschlugen. Schwarzklaue verzog das Gesicht. Er sah zu den Männern am Ruder, aber sie reagierten nicht.
    Noch zwei Speerwürfe waren sie von dem Schiff entfernt. Es trug einen Schriftzug an der Seite. Schwarzklaue hatte nie lesen gelernt. Er wusste nicht, was er bedeutete.
    »Heldenmut«, flüsterte Snellig. Er schnaubte. »Das muss ein Schiff aus Westfall sein.«
    Schwarzklaue drehte den Kopf. Er sah ein zweites Floß nicht weit entfernt von ihnen. Auch dort hatten

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