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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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würde sie den Verlust ihres starken Seelenkörpers kaum unbeschadet überstehen.

    Der Bund verschwendete keine Zeit. Nach Beendigung der Sitzung fand Jenny sich mit allen anderen im Trainingsraum wieder. Die Ratsmitglieder wollten Jennys neue Fähigkeit begutachten. Von den erwartungsvollen Blicken der Weißen eingeschüchtert, saß sie auf der Bank. «Und was soll ich jetzt machen?»
    «Das Gleiche, was du gestern getan hast», antwortete Benedict, die Arme vor der Brust verschränkt.
    «Vielleicht kann ihr ja jemand etwas zuwerfen», sagte Kehna mit ihrem indischen Akzent.
    «Genau, einen Dolch oder so», meinte Arthur und grinste.
    Konrad stieß ihn maßregelnd in die Seite.
    «Autsch!», brummte Arthur.
    «Ich weiß nicht, wie ich das gemacht hab.» Jenny zuckte die Schulter.
    «Es hat sich angefühlt, als würden wir eine Zwangsjacke um bekommen, einen Eisenpanzer», mischte Eva sich ein. «Ich konnte kaum mehr Luft holen. Mein Brustkorb dehnte sich einfach nicht mehr aus. Ich musste meine ganze Kraft einsetzen, um mich millimeterweise vorwärts bewegen zu können. Irgendwie hast du die Luft verdichtet.»
    Konrad und Konstantin nickten zustimmend.
    «Ich denke immer noch, dass es das Beste ist, ihr etwas zuzuwerfen», bekräftigte Kehna ihren Vorschlag.
    Jäh schnellte etwas in Jennys Augenwinkeln auf sie zu. Automatisch hob sie die Hände und hielt sie schützend vors Gesicht. Cynthias Pfefferminzdose knallte schmerzhaft gegen ihren Handrücken.
    «Aua!»
    Cynthia zuckte mit den Schultern. «Ein Versuch war’s wert.»
    «Okay!» Jenny stand auf. «Ich werde mich jetzt hier hinstellen und ihr bewerft mich mit allem, was ihr zur Verfügung habt und irgendwann klappt es dann.»
    Das schien der bis jetzt beste Plan zu sein, denn alle nickten zustimmend.
    Arthur hatte ein Feuerzeug zu bieten, Ruth einen Ring, Konrad eine Packung Taschentücher, Cynthia die vertraute Pfefferminzdose, Samuel sein Brillenetui. Bei Ruths Ring kamen erste Ansätze erleichterter Ausrufe, die schließlich aber verebbten. Für eine hundertstel Sekunde hatte es so ausgesehen, als würde der Ring in der Luft verharren. Er hatte aber nur seinen Wendepunkt erreicht und fiel anschließend zu Boden. Aaron hielt etwas in der Hand und warf es blitzschnell auf Jenny zu, als sie noch damit beschäftigt war, sich über ihre mangelnde Konzentration zu ärgern. Jenny konnte seine Handbewegung nur flüchtig wahrnehmen und einen glänzenden Punkt, der auf sie zuraste. Wie von selbst flogen ihre Arme nach oben und Jenny stieß die Kraft, die sich hinter ihrem Bauchnabel angesammelt hatte, aus den Poren nach vorn, dem Etwas entgegen. Da merkte sie schon, dass es genau das war, worauf sie die ganze Zeit gewartet hatten. Die Luft verdichtete sich und das Etwas, das auf sie zukam, verlangsamte sich, bis es sich schließlich kaum noch bewegte. Diesmal lockerte Jenny ihren Körper sofort ein wenig aus der Verdichtung. Vor ihr hing ein Amulett in der Luft. Sie hielt die Anspannung, lockerte aber die Strecke von ihrer Hand zu dem Amulett und ergriff es. Dann entspannte sie sich und spürte, wie ihre verdichtete Energie wieder in sie zurückschnalzte.
    Sie war mindestens ebenso überrascht wie die anderen. Nach einer Verzögerung des Erstaunens jubelten und klatschten alle.
    «Das war sehr beeindruckend, Jenny», sagte Jael. «Ich konnte nicht einmal mehr meine Augen bewegen.»
    «Scheiße! Und ich hab grad zur Seite geguckt», meckerte Arthur.
    «Das hast du toll gemacht, Jenny!» Aaron applaudierte anerkennend. «Aber bevor du die Anspannungsdauer verlängerst, solltest du einen Weg finden, wie du uns die Luft zum Atmen lässt. Es wäre doch zu schade, wenn wir alle tot umfielen, kaum dass du dich wieder lockerst, oder?» Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht.
    «Okay», kicherte sie aufgeregt.
    «Es ist eindeutig ein Zeit-Ding », wusste Samuel. «Du bremst die Dinge aus. Du setzt ihre Geschwindigkeit herab. Und die Geschwindigkeit ergibt sich aus Strecke durch Zeit. Also beeinflusst du die Zeit. Du bist der Zeit mächtig. Naja, abgesehen von deinen Zeitsprüngen natürlich.»
    Jennys Übelkeit hielt sich in Grenzen, und sie wollte es gleich noch einmal versuchen.
    «Jetzt will ich», rief Arthur. «Und achte drauf, dass ich gerade hinschaue. Ich will es sehen!»
    Er griff sich Samuels Brillenetui und warf es Jenny entgegen. Sie fokussierte das Etui, presste ihre Kraft durch ihren ganzen Körper nach außen und bremste alles aus, lockerte ihren Arm und

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