Der Waechter
sind? » Jenny flüsterte.
« Es macht sie angreifbar. Es birgt viele Probleme, wenn Seelenträger verwandt sind. Irgendwann wirst du verstehen, was ich meine. » Ruth lächelte ihr aufmunternd zu.
Jenny konnte sich nicht vorstellen, was das für Probleme sein sollten? Vor wenigen Stunden hatte Ruth gesagt, wie selten es vorkam, dass mehrere Familienmitglieder Animus-beseelt waren. Konrad und Benedict waren zwei davon. Jenny freute sich für sie. Sie waren nicht allein.
Alle waren nach und nach in die Küche gekommen und räumten abwechselnd schmutziges Geschirr in den Geschirrspüler. Samuel spülte die großen Töpfe im Spülbecken ab, während Konrad neben ihm mit einem Geschirrhandtuch darauf wartete, sie abzutrocknen.
« Jenny, du solltest unbedingt am Wochenende hierher kommen. » Cynthia war in Plauderstimmung. Bisher hatte Jenny sie nicht viel sagen hören. « Es wird in unserem Haus eine außerordentliche Ratssitzung abgehalten und die anderen Ratsmitglieder brennen darauf, dich persönlich kennenzulernen. Es ist schön, wenn sie hier zu Gast sind. Der Rat tagt immer dort, wo er gerade am meisten gebraucht wird. Es ist ein Erlebnis. »
Es waren bis auf die Begrüßung die ersten Worte, die Cynthia heute mit Jenny sprach. Jenny nickte nur. Sie war etwas verunsichert darüber, dass Cynthia nichts zu den Vorgängen vom Vortag gesagt hatte.
« Übrigens, du warst richtig gut gestern, Jenny. Respekt! », sagte Cynthia auf einmal, als habe sie Jennys Gedanken gelesen.
Wahrscheinlich hatte sie das sogar. Jenny musste in Zukunft aufpassen, was sie in Cynthias Gegenwart dachte. Keinesfalls durfte sie über Konrad und seine Merkwürdigkeiten nachdenken. Cynthia könnte das falsch verstehen.
Cynthia drehte sich zu Jenny um und zwinkerte ihr zu.
Ups!
Arthur trat neben Jenny, legte freundschaftlich seinen Arm schwer wie ein Kran um sie und drückte sie in seine Seite.
« Darf ich darauf hoffen, die Ehre zu haben, sie zu trainieren, Madame? », fragte er sie und schnalzte mit der Zunge.
Jenny sah ihn verunsichert an. « Trainieren in was? »
« Na im Kämpfen, Kleine! » Arthur und Benedict lachten, Konrad schmunzelte.
« Ich soll kämpfen? » Sie musste sich verhört haben.
Das Gelächter ging in Grölen über.
« Natürlich, was hast du denn gedacht? », fragte Benedict. « Niemand kann dich besser beschützen als du selbst. Außer Konrad natürlich. »
« Nein, ernsthaft », bestätigte Cynthia. « Deine Energie wird durch das Kampftraining stark gefordert. Dein Körper kann sich so an ihre Erweiterung gewöhnen. Außerdem verbessert sich deine Kondition. Du wirst nach Ausüben deiner Fähigkeiten nicht mehr so lange brauchen, dich zu erholen. »
Klingt gut.
« Wann fangen wir an? », fragte Jenny.
« So ist’s fein », sagte Arthur und streckte Jenny seine Handfläche entgegen, damit sie einschlagen konnte.
Es war ein sternenklarer Winterabend. Die Heizung im SUV war voll aufgedreht. Jenny hatte sich dick eingepackt und ihre Füße unterhalb des Armaturenbretts auf die Ablage gestellt. Kurz betrachtete sie Konrad, wie er konzentriert auf die Straße sah und dann wieder den Rückspiegel nach Verfolgern absuchte.
Soll das mein neues Leben sein? Immer Angst vor Verfolgern? Scheiße!
« Wo warst du eigentlich vorher auf der Schule? », Jenny war selbst überrascht von der Belanglosigkeit der Frage.
Konrad sah sie fragend an.
« Okay », sagte sie genervt. « Da du keine Fragen zu beantworten scheinst, erzähl mir doch einfach einen beliebigen Schwank aus deinem Leben. »
Konrad rieb nervös mit einem Daumen am Lenkrad. « Ich komme ursprünglich aus dem Norden. Ich ging auf gar keine Schule mehr. Erst hier bin ich wieder zur Schule gegangen. »
« Du warst schon raus aus der Schule und bist freiwillig wieder rein? »
Er lachte. « Ja sicher, ganz und gar freiwillig. » Mit einem schiefen Grinsen zwinkerte er ihr zu.
Jenny warf einen ehrfürchtigen Seitenblick auf Konrad. Der Gang zur Schule gehörte zu seinen Aufgaben als ihr Wächter!
« Und das geht einfach so, dass man wieder zur Schule gehen kann? »
« Nein, natürlich nicht. Aber es gibt genügend Bundmitglieder bei den Behörden. Samuel kümmert sich um solche Sachen. »
Unglaublich, was für ein Aufwand der Bund betrieb, um sie zu schützen.
« Und was hast du gemacht anstatt Schule? », fragte sie weiter.
« Nichts womit es sich anzugeben lohnt », antwortete er schnell und abweisend.
Es war klar, dass er nicht weiter darüber
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