Der Weihnachtswunsch
Vergeltung.«
»Nein, hier geht es jetzt um Vergeltung. War es Gifford? Park? Shelton? Oder vielleicht Pinnock oder Mitchell? Oder dieser Johnson von Plastiform?«
Kier schüttelte den Kopf. »Es ist zum Heulen, dass Sie nur zwei Sekunden benötigt haben, um mit Ihrer eigenen Liste von Personen zu kommen, die mich hassen. Und keiner von ihnen steht auf meiner Liste. Das bestätigt meine Ansicht nur.«
»Welche Ansicht?«
»Dass ich das hier verdient habe.«
»Hören Sie, Kier, wenn Sie Omelettes machen wollen, müssen Sie ein paar Eier zerschlagen. Und Sie, mein Freund, sind ein Meisterkoch.«
»Genug von der Omelette-Geschichte.«
In diesem Augenblick kam die Kellnerin an den Tisch. »Wissen die Herren, was sie möchten?«
»Bringen Sie mir ein Erdbeer-Pilsner«, sagte Lincoln.
»Gebongt. Für Sie noch etwas?«, fragte sie Kier.
»Mir reicht die Cola.«
»Prima. Ich bring es Ihnen sofort.« Sie verschwand.
Lincoln griff nach unten in seinen Aktenkoffer. »Übrigens, ich habe die Scheidungsunterlagen mitgebracht. Sara hat sie unterschrieben.« Er legte sie auf den Tisch.
Kier blickte auf die Unterschrift seiner Frau. »Jetzt nicht, Lincoln.«
»Es dauert nur ein paar Sekunden. Unterschreiben Sie einfach dort, wo ich die Post-its hingeklebt habe, und es ist vorbei.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will.«
»Was meinen Sie damit?« Lincoln sah ihn an.
»Ich bin mir dessen einfach nicht mehr so sicher. Wissen Sie, was im Moment am meisten schmerzt?«
»So, wie Sie aussehen, würde ich sagen, Ihre Nase.«
»Was ich Sara angetan habe. Sie ist diejenige, wegen der ich mich am schlechtesten fühle. Sie geht mir nicht aus dem Kopf. Ich habe sie verlassen, als sie mich am meisten brauchte. Was für ein Mann tut so etwas?«
»Menschen entwickeln sich auseinander, Jim. Das passiert nun mal.«
»Mit entwickeln hat das nichts zu tun. Ich bin abgestürzt, und ich weiß nicht, wie ich wieder zu ihr zurückkehren kann. Ich weiß noch nicht einmal, womit ich anfangen soll.«
»Nun, zumindest müssen Sie sich darüber nicht mehr lange den Kopf zerbrechen.«
Kier warf ihm einen scharfen Blick zu.
»Was ist?«, fragte Lincoln.
Kier stand auf und stieß seinen Stuhl zurück. »Ich muss gehen.« Er zog einen Zehndollarschein hervor, warf ihn auf den Tisch und entfernte sich.
»Ach kommen Sie, Kier! Was habe ich denn gesagt?«
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Kier stand vor dem Spiegel und nahm langsam seinen Verband ab. Die Nase war, ebenso wie sein linkes, schwarz unterlaufenes Auge, noch immer geschwollen, und das Umfeld seines rechten Auges zeigte eine stumpfe Mischung aus Purpur-, Grün- und Gelbtönen. Eine Minute lang betrachtete er sich einfach nur selbst. »Wie viele Menschen hätten dir das gern antun wollen?«, fragte er sich.
Dann legte er den Verband wieder an, zog sein Handy aus der Tasche, zögerte einen Moment und drückte die Schnellwahltaste. Es meldete sich eine weibliche Stimme, die er nicht zuordnen konnte.
»Hier bei Kier.«
»Ist Sara da?«
»Tut mir leid, sie ist im Moment nicht erreichbar. Darf ich ihr eine Nachricht hinterlassen?«
»Wer ist da?«
»Hier ist Beth, Saras Schwester. Darf ich eine Nachricht aufschreiben?«
Beth war Saras einzige Schwester und Steves Mutter.
Kier hoffte, dass sie nicht wusste, wie er Steve während der juristischen Scheidungsauseinandersetzungen behandelt hatte, aber er vermutete, dass dem doch so war. »Hier ist James.«
»Jim«, sagte sie kalt. »Du klingst nicht wie Jim.«
»Ich … ich habe mich erkältet.«
»Was willst du?«
»Ich will mit Sara sprechen.«
»Nur über meine Leiche«, erwiderte sie eisig.
»Na, das wär’s doch, Beth, aber darum geht es nicht. Ich muss mit Sara sprechen.«
»Nein, das kannst du nicht.«
»Du kannst mich nicht davon abhalten. Sie ist meine Frau.«
»Da ich hier am Telefon sitze, kann ich dich durchaus davon abhalten. Und nein, sie ist nicht deine Frau. Zumindest nicht mehr. Du warst da ja sehr deutlich.«
Mit dem Telefon hatte sie Recht. »Nun komm schon, Beth, lass mich einfach mit ihr sprechen.«
»Hast du sie nicht schon genug verletzt? Lass sie einfach in Ruhe.« Beth knallte den Hörer auf die Gabel.
Kier klappte sein Handy wieder zu. Was nun?
Vierundzwanzigstes Kapitel
Das erste deutliche Anzeichen, dass Sara an Krebs erkrankt war, hatte sich Anfang März in Form eines plötzlichen stechenden Schmerzes in ihrem Unterbauch bemerkbar gemacht. Es war nicht das erste Symptom, das sie wahrnahm.
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