Der weite Himmel: Roman (German Edition)
sie ihn an, als sei sie im Begriff, ihn mit Haut und Haaren zu verschlingen und sich dann genüßlich die Lippen zu lecken? »Maria und ihr Mann Miguel kümmern sich um den Haushalt. Ist das ein Privatbesuch, Tess, oder brauchen Sie einen Anwalt?«
»Privat, im Moment jedenfalls. Rein privat.« Sie ließ den Mantel von den Schultern gleiten und registrierte befriedigt, daß seine Augen zu glänzen begannen. Seine Reaktion auf ihr Kleid konnte sie definitiv als Erfolg verbuchen. »Um ehrlich zu sein, ich mußte einfach mal aus dem Haus kommen, mir ist die Decke auf den Kopf gefallen.« Sie legte den Mantel über die Lehne eines Stuhles, dann ließ sie sich auf der Ecke seines Schreibtisches nieder, wobei ihr Rock ein Stück nach oben rutschte. »Ein Anfall von Klaustrophobie sozusagen.«
»Kommt schon mal vor.« Er konnte sich noch gut an ihre Beine erinnern, obwohl es schon eine ganze Zeit her war, seit er sie in etwas anderem als Jeans oder dicken Wollhosen gesehen hatte. Doch nun steckten diese Beine, die seine Fantasie so angeregt hatten und die der Rock bis zur Hälfte der Schenkel freigab, in hauchdünnen Strümpfen; ein Anblick, der ihm schier den Atem raubte. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken holen?«
»Oja, gerne.« Um sein Blut noch mehr in Wallung zu bringen, schlug sie provokativ die Beine übereinander. Der Rock rutschte noch ein Stück nach oben. »Was haben Sie denn da?«
»Äh …« Ihm fiel nichts ein, und er kam sich vor wie ein Trottel.
Ausgezeichnet, dachte Tess, als sie langsam vom Schreibtisch glitt. »Ich schaue selbst einmal nach, wenn Sie nichts dagegen haben.« Sie ging quer durch den Raum zu einem
Schränkchen, auf dem verschiedene Flaschen standen, und wählte einen Wermut. »Möchten Sie auch einen Drink?«
»Danke, gerne.« Nate schob den Kaffeebecher beiseite. Koffein würde ihm mit Sicherheit nicht helfen, die nächsten Stunden zu überstehen. »Ich war in den letzten Tagen leider zu beschäftigt, um mal zu Ihnen rüberzukommen. Alles in Ordnung auf Mercy?«
»Alles ruhig.« Tess machte zwei Drinks fertig und trug die Gläser zum Schreibtisch. Nachdem sie Nate seinen Wermut gereicht hatte, setzte sie sich wieder auf die Tischplatte, diesmal allerdings auf seiner Seite. »Feiertagsstimmung eben.« Sie beugte sich zu ihm und stieß mit ihrem Glas leicht gegen seines. »Frohe Weihnachten. Ach übrigens …« Sie nippte an ihrem Drink: »Ich bin nicht ganz ohne Grund hier.« Sie langte nach dem Päckchen, das sie zuvor auf den Tisch gelegt hatte. »Ich hab’ Ihnen etwas mitgebracht.«
»Ein Geschenk für mich?« Mißtrauisch betrachtete er das Päckchen, da er mit einem üblen Scherz rechnete.
»Nur eine Kleinigkeit. Sie waren ein guter Freund und Berater.« Beim letzten Wort lächelte sie leicht. »Wollen Sie es jetzt aufmachen oder bis morgen früh warten?« Mit der Zungenspitze fuhr sie sich lockend über die Oberlippe, ein Trick, der Nate fast zum Wahnsinn trieb. »Ich kann ja noch einmal wiederkommen.«
»Ich bin ganz verrückt nach Geschenken«, behauptete er und riß das Päckchen auf. Als er das Buch sah, schwankte er zwischen leichter Verlegenheit und Rührung. »Nach Keats bin ich auch ganz verrückt«, murmelte er.
»Das habe ich schon gehört. Ich dachte, daß Sie beim Lesen vielleicht an mich denken.«
Nate sah ihr in die Augen. »Ich denke auch ohne eine visuelle Unterstützung an Sie.«
»So?« Tess rückte näher und beugte sich zu ihm, um seine gelockerte Krawatte fassen zu können. »Und worum genau kreisen dann Ihre Gedanken?«
»Jetzt im Moment denke ich, daß Sie mich verführen wollen.«
»Sie haben ja so ein helles Köpfchen.« Lachend schob sie
sich auf seinen Schoß. »Und Sie habenja so recht.« Ein kurzer Ruck an der Krawatte, und schon lag sein Mund auf ihren Lippen.
Wie das Haus, so der Mann; sein Verlangen war rein und unverfälscht. Seine Hände schlossen sich um ihre Brüste, liebkosten die weiche Fülle, und als sie ihre Position verlagerte, um sich mit gespreizten Beinen auf ihn zu setzen, schlang er die Arme um ihre Taille und streichelte ihr Hinterteil.
Sie hatte seine Krawatte bereits achtlos hinter sich geworfen und machte sich schon an seinem Hemd zu schaffen, als er endlich wieder zu Atem kam.
»Wenn ich auch nur noch eine einzige Woche hätte warten müssen, bis du mich endlich einmal berührst, dann hätte ich angefangen zu schreien.« Vorsichtig knabberte sie an seinem Hals. »Allerdings kann ich auch nicht ausschließen, daß
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