Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)
am Empfang, De’Ath sei ins Labor gegangen, wo die Leiche gerade seziert und analysiert wurde. Ich beschloss draußen zuwarten, denn ich hatte schon oft genug beim Aufschneiden von Leichen zugesehen. Ehrlich gesagt wurde mir dabei immer speiübel. Ich hatte mich zwar noch nie übergeben, aber warum das Risiko eingehen? Nach rund einer halben Stunde kam ein grauhaariger Mann im grünen Overall mit einem digitalen Aufzeichnungsgerät heraus, gefolgt von De’Ath, der die Augenbrauen hochzog, als er mich sah.
»Ich war neugierig«, erklärte ich. »Ich wollte nur wissen, was die Obduktion ergeben hat.«
»Messer ins Herz«, sagte De’Ath. »Die Kehle wurde erst hinterher aufgeschlitzt. Wir haben eine ziemlich klare Vorstellung, wie das fragliche Messer aussah.«
»Wie ist denn der Plan? Ein Messer wie das verschwundene besorgen und es dann mit der Form der Mordwaffe vergleichen, die man anhand der Obduktion vermutet?«
»Mann, an dir ist ein Detective verloren gegangen«, lachte De’Ath. »Ich bin nicht sicher, was uns das nützen sollte. Ich habe sie nach dem Messer gefragt. Sie sagte, dass das Messer schon verschwunden war, als sie die Wohnung gemietet hat, und das könne sie auch beweisen. In einer Küchenschublade sollte eine Liste des gesamten Inventars sein, datiert auf den Tag des Mietvertrags. Vielleicht haben wir sie übersehen. Ich bin gerade unterwegs dorthin.« Er sah meinen Gesichtsausdruck und wedelte mit dem Finger, bevor ich etwas sagen konnte. »Wenn du mitkommen willst, solls mir recht sein, aber dass das bloß nicht der Captain erfährt«, warnte er.
Auf dem Weg hinaus wedelte er mit seinem Notizbuch vor meiner Nase. »Da gibt es noch was, das du wissen solltest«, sagte er. »Das Opfer war völlig blutleer. Oder doch fast.«
»Was?« Ich war schockiert, doch dann argwöhnte ich, dass er schon wieder an einem Vampirwitz bastelte.
»Der Körper war fast blutleer. Nun überrascht das nicht allzu sehr, wenn man bedenkt, dass er in die Brust gestochen wurde, aber an seiner Kleidung oder an der Stelle, wo wir ihn gefunden haben, war nicht mehr als etwa ein halber Liter. Und, wie ich bereits sagte, die Kleider des Mädchens waren sauber.« Er blieb an seinem Wagen stehen und schloss die Tür auf.
»Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass er von einem Vampir gebissen wurde, Samuel?«
Er lachte schallend und klatschte mit der Hand auf das Dach des Wagens. »Du machst schon zu lange mit Irren rum, Mann. Du schnappst auch bald über.«
Er lachte wieder und schüttelte den Kopf. »Das bedeutet, mein lieber Van Helsing, dass er mit ziemlicher Sicherheit woanders getötet und dann in der Gasse abgelegt worden ist.« Immer noch lachend, stieg er in seinen Wagen.
Als ich ihm auf dem Weg zu Terrys Wohnung hinterherfuhr, sah ich, wie er sich immer noch vor Lachen bog und den Kopf schüttelte.
Er ließ uns in ihre Wohnung, und ich wartete neben der Hi-Fi, während er neue Handschuhe anzog und sorgfältig die Schub laden in der Kochnische durchsuchte. »Hier ist sie ja«, sagte er und fischte ein Blatt Papier heraus. »Eine vollständige Liste des Inventars.«
Er sah auf den Messerblock und zählte. Sechs Messer im Block, sechs auf der Liste. Auf sechs Monate vorher datiert. Er faltete die Liste zusammen, schob sie in eine Plastikhülle und steckte sie in seine Innentasche. Er zog eine Plastiktragetascheaus der Schublade und legte die Messer behutsam hinein. »So, fertig«, sagte er.
»Eine Minute noch«, bat ich und ging ins Schlafzimmer.
»Nichts …«
»Ich weiß, nichts anfassen«, schrie ich zurück. Ich hatte da einen gewissen Riecher, fragen Sie bloß nicht wieso, aber ich wollte herausfinden, wie der Mann auf dem Foto hieß. Der Filmstar. Greig Turner stand hinten auf dem Stuhl und ich kritzelte den Namen auf die Rückseite einer meiner Visitenkarten.
»Was treibst du denn da, Doc?«, fragte De’Ath, als ich ins Wohnzimmer zurückkam.
»Nichts. Nichts Wichtiges«, sagte ich. »Hast du Lust auf einen Drink?«
Er sah auf seine Armbanduhr, so ein Elektronikding von Seiko mit jeder Menge Knöpfen. »Ja, schon überredet! Ich kenne da was in der Nähe, komm mit!«
De’Ath kannte immer was in der Nähe, überall im Großraum Kalifornien. Er schloss die Tüte mit den Messern in seinem Kofferraum ein, und wir gingen in eine enge Bar auf dem Sunset Boulevard mit Hockern und einem Barkeeper in einer grün-goldenen Weste, der so schniefte, als hätte er eine teure Angewohnheit. Er brachte
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