Der widerspenstige Highlander
auszureißen.«
Ewan musterte ihr Gesicht. »Wusste er, was Ihr für ihn fühltet?«
»Aye. Wie Ihr gut wisst, neige ich dazu, über alles zu reden, ich habe ihm meine Gefühle gestanden. Nachdem ich mich blamiert hatte, erzählte er mir von Joan und sich.«
»Wenigstens war er aufrichtig mit Euch.«
»Aye, aber es hat deswegen nicht weniger wehgetan.«
Er tätschelte ihr die Hand, blickte ihr suchend in die Augen. »Liebt Ihr ihn immer noch?«
»Aye, bis zu einem gewissen Grad. Ich denke, da ist ein Teil in mir, der ihn immer lieben wird. Aber ich glaube auch, wir hätten keine glückliche Ehe geführt. Ich war jung, und er hat mir den Kopf verdreht.«
»Und Ryan?«
Sie erschauerte. »Ich würde mein ganzes Leben lang bereuen, an ihn gebunden zu sein.«
»Das tut mir Leid. Aber wie wollt Ihr wissen, dass der Mann Euch nicht liebt?«
Nora lachte verbittert. »Wie könnte er? Ryan weiß nichts von mir, obwohl wir auf benachbarten Ländereien aufgewachsen sind und er uns oft besucht hat. Meistens hat er mir hinten in den Halsausschnitt meiner Kleider Frösche gesteckt oder mich an den Zöpfen gezogen. Er ist ein Ungeheuer. Ein widerliches Biest. Alles, was er über mich weiß, ist, dass ich die Erbin meines Vaters bin und sein Vermögen in meine Mitgift einfließt. Das ist alles, was ihn interessiert. Ich könnte ein pockennarbiger Esel sein, er würde mich dennoch mit Handkuss nehmen.«
»Das bezweifle ich.«
»Das könnt Ihr gerne. Es ist trotzdem die Wahrheit, und ich weiß das.«
Sie beugte sich vor, bis ihre Nasen sich beinahe berührten. »Seht, Ihr seid ein starker Mann, Ewan. Ihr seid immer noch hier. Ihr seid heimgekehrt, nachdem Ihr mit Isobail durchgebrannt wart und sie Euch verlassen hatte, wo einem anderen, einem geringeren Mann, der Mut gefehlt hätte, seiner Familie gegenüberzutreten. Damals dachtet Ihr, Euer Bruder würde Euch erwarten, um Euch auszulachen oder zu verprügeln, und doch seid Ihr wie ein echter Mann zurückgekommen, um Eure Strafe zu empfangen.«
Er holte tief Luft und schaute weg. »Ich freue mich, dass Ihr mir helfen wollt, Mylady. Aber nichts wird das je in Ordnung bringen können. Es waren meine Handlungen, die zu seinem Tod geführt haben, und nicht die eines anderen.«
Nora klopfte ihm zweimal auf die Schulter, um ihre Worte zu unterstreichen. »Denkt doch einmal nach, Ewan. Wärt Ihr nicht mit Isobail fortgelaufen, glaubt Ihr allen Ernstes, sie wäre bei Kieran geblieben und hätte ihn geheiratet? Nein, das hätte sie nicht. Sie wäre sowieso zu ihrem Liebhaber gerannt, und Kieran wäre immer noch tot, weil sie nicht bei ihm geblieben ist.«
An seiner Miene konnte sie ablesen, dass er die Sache noch nie von dieser Warte aus betrachtet hatte. »Aber ich habe ihn doch betrogen.«
»Isobail hat ihn betrogen, und er hat Euch alle betrogen, indem er sich das Leben genommen hat. Was er getan hat, ist seine Schuld, nicht Eure. Er ist gestorben, weil er nicht ohne Isobail leben konnte, die nach England gegangen wäre, gleichgültig in wessen Begleitung. Wärt Ihr es nicht gewesen, dann bin ich sicher, hätte sie einen anderen Mann gefunden, um ihn zu belügen und zu täuschen. Wie auch immer es gekommen wäre, Kieran wäre nicht mehr am Leben.«
Ewan saß stumm da, während er über ihre Worte nachdachte. Er wusste, sie hatte Recht, und es hatte viele Nächte gegeben, da er wach gelegen und Kieran für das, was er getan hatte, verflucht und gehasst hatte. Er hatte seinen Bruder dafür gehasst, dass er sich umgebracht hatte und ihn mit diesem Schmerz und diesen Schuldgefühlen zu rückgelassen hatte.
Aber das änderte nichts an dem, was er in seinem Herzen empfand.
Er sah den Bruder, wie er ihn gekannt hatte. Den Jungen, der ihm half, Braden und Lochlan Streiche zu spielen. Den jungen Mann, der ihn beiseite genommen und in die Geheimnisse des Trinkens und Glücksspiels eingeweiht hatte.
Es gab kaum eine glückliche Erinnerung an seine Kindheit, in der Kieran keine Rolle spielte.
Er hatte Kieran geachtet und geliebt. Und er hatte es seinem Bruder gelohnt, indem er sich mit seiner Frau im Dunkel der Nacht davongestohlen hatte.
Ewan unterdrückte ein Keuchen, als der Schmerz ihn aufs Neue durchfuhr. Unfähig, länger sitzen zu bleiben, erhob er sich und ging in den Wald, um allein zu sein.
Er wollte davor weglaufen. Er wünschte, er könnte die Vergangenheit einfach begraben und vergessen, was geschehen war.
Aber den Ereignissen war nicht zu
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