Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
alles in Ordnung zu sein. Die US- Behörden hatten keine Ermittlungen angestellt - und sowohl Saurel als auch der Meisterfälscher versicherten mir, in diesem Fall hätten sie es als Erste erfahren.
Indian Creek war mit dem Auto nur 15 Minuten von der Rückenklinik entfernt. Und an Autos herrschte kein Mangel; dafür hatte die Herzogin gesorgt - sie hatte für mich einen nagelneuen Mercedes und für sich einen Range Rover herliefern lassen. Gwynne war nach Miami mitgekommen, um sich um meine Bedürfnisse zu kümmern, und sie brauchte ja auch ein Auto. Also kaufte die Herzogin bei einem Händler in Miami einen neuen Lexus. Selbstverständlich war auch Rocco mitgekommen. Er gehörte doch zur Familie, oder? Rocco brauchte auch ein Auto, und Richard Bronson, einer der Besitzer von Biltmore, ersparte mir die Nerverei, noch eins zu kaufen, und lieh mir für den Monat sein rotes Ferrari-Cabrio. Also waren alle versorgt. Da so viele Autos zur Wahl standen, erschien meine Entscheidung, eine 18-Meter-Motorjacht für den Weg zur Klinik und zurück zu mieten, eigentlich lächerlich. Für 20.000 Dollar die Woche bekam ich vier stinkende Dieselmotoren, eine gut ausgestattete Kabine, in die ich nie einen Fuß setzen würde, und eine Flybridge ohne Sonnendach, sodass ich mir auf Schultern und Rücken einen hochgradigen Sonnenbrand holte. Zum Boot gehörte ein alter weißhaariger Kapitän, der mich mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von fünf Knoten zur Klinik und zurück schipperte.
Im Moment befanden wir uns auf dem Intercoastal Waterway und fuhren von der Klinik aus nordwärts zurück Richtung Indian Creek Island. Es war Samstag, kurz vor 12:00 Uhr, und wir tuckerten schon fast eine Stunde dahin. Ich saß mit Gary Deluca, dem leitenden Geschäftsführer von Dollar Time, auf der Flybridge; er hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit Präsident Grover Cleveland. Gary war kahlköpfig, breit gebaut, hatte ein finsteres Gesicht, ein eckiges Kinn und war extrem behaart, vor allem am Oberkörper. Wir hatten unsere Hemden ausgezogen und brieten in der Sonne. Ich war schon fast seit einem Monat nüchtern, und schon das war fast ein Wunder.
Deluca hatte mich auf der morgendlichen Bootsfahrt zur Klinik begleitet. Das war für ihn die Gelegenheit, lange mit mir unter vier Augen zu sprechen, und unser Gespräch hatte sich schnell in einen Lästerwettbewerb über Dollar Time verwandelt; wir waren beide der Meinung, dass die Zukunft des Unternehmens hoffnungslos war. Aber keines der Probleme von Dollar Time ging auf Delucas Konto. Er war erst später gekommen - als Teil des Trainingsteams - und hatte sich in den letzten sechs Monaten als erstklassiger Betriebsmensch bewährt. Ich hatte ihn schon dazu überredet, nach New York umzuziehen und leitender Geschäftsführer von Steve Madden Shoes zu werden, denn die Firma brauchte dringend jemanden mit seiner betrieblichen Kompetenz. Das hatten wir alles am Morgen auf der Fahrt nach Süden besprochen. Auf der Fahrt nach Norden besprachen wir etwas, das ich unendlich viel besorgniserregender fand, nämlich seine Meinung über Gary Kaminsky, den Finanzdirektor von Dollar Time - genau der Finanzdirektor, der mich vor fast einem Jahr mit Jean Jacques Saurel und dem Meisterfälscher bekannt gemacht hatte.
„Auf jeden Fall", sagte Deluca hinter seiner Rundum-Sonnenbrille, „hat er etwas Merkwürdiges an sich, das ich nicht genau festmachen kann. Das ist, als ob er etwas im Kopf hätte, das nichts mit Dollar Time zu tun hat. Als ob das nur eine Tarnung wäre. Ich meine, ein Mann in seinem Alter müsste eigentlich komplett ausflippen, wenn das Unternehmen den Bach runtergeht, aber ihn scheint das kein bisschen zu kümmern. Er verbringt den halben Tag damit, mir zu erklären, wie wir unsere Gewinne in die Schweiz umleiten können - dann möchte ich ihm am liebsten sein beschissenes Toupet vom Kopf reißen, denn wir haben ja gar keine Gewinne, die wir umleiten könnten." Gary zuckte die Schultern. „Früher oder später finde ich bestimmt heraus, was dieser Bastard vorhat."
Ich nickte langsam und mir wurde klar, dass meine anfänglichen Instinkte im Hinblick auf Kaminsky voll zutrafen. Der Wolf hatte sehr klug gehandelt, als er es nicht zuließ, dass sich dieser Bastard von Toupetträger in seine Auslandsgeschäfte hineinwühlte. Ich war allerdings nicht hundertprozentig sicher, ob Kaminsky den Braten vielleicht gerochen hatte, und deshalb wollte ich einen Versuchsballon in Richtung Deluca
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