Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
wieder bewiesen, wie wenig er durchblickte? Indem er diese Worte aussprach, bestätigte er mir, was ich schon wusste - dass die Gefolgschaft des verkommenen Chinesen bestimmten Bedingungen unterlag. Ja, heute war der Klotzkopf noch loyal; er war immer noch durch und durch Stratton. Aber kein Mensch kann lange zwei Herren dienen, und ganz gewiss nicht ewig. Und genau das war der verkommene Chinese: ein anderer Herr. Er wartete hinter den Kulissen und manipulierte den schwachen Geist des Klotzkopfs; er säte in meinen Reihen Zwietracht und fing damit bei meinem Juniorpartner an. Da braute sich ein Krieg zusammen. Er lauerte schon am Horizont - und in nicht allzu ferner Zukunft würde er vor meiner Tür ankommen. Und ich würde diesen Krieg gewinnen.
AUGUST 1993 (VIER MONATE VORHER)
„Wo zum Teufel bin ich denn, um Himmels Willen?" Das war die erste Frage, die mir in den Sinn kam, als ich zu dem unverkennbaren Geräusch eines Fahrwerks aufwachte, das aus dem riesigen Bauch eines großen Passagierflugzeugs ausgefahren wurde. Während ich zu Bewusstsein kam, schaute ich das rot-blaue Emblem auf dem Sitz vor mir an und versuchte, irgendwie daraus schlau zu werden.
Das Flugzeug war offensichtlich eine Boeing 747, ein Jumbojet; mein Sitz hatte die Nummer 2A, Fensterplatz erster Klasse, und meine Augen waren zwar schon offen, aber mein Kinn lag noch in Schlafhaltung auf der Brust und mein Kopf fühlte sich an, als hätte man mit einer chemischen Keule darauf eingeprügelt. „Ein Kater?", fragte ich mich. „Von Quaaludes?" Das ergab keinen Sinn!
Immer noch verwirrt reckte ich den Hals, schaute aus dem kleinen ovalen Fenster links von mir und versuchte, mich zu orientieren. Die Sonne stand knapp über dem Horizont - Morgen! Ein wichtiger Hinweis! Meine Laune wurde besser. Ich drehte den Kopf und schaute mir die Aussicht an: Grüne Berge zogen vorbei, eine kleine erleuchtete Stadt, ein riesiger türkisfarbener, halbmondförmiger See, eine riesige, 100 Meter hohe Wasserfontäne - atemberaubend! Einen Moment. Was zum Teufel tat ich in einem Passagierflugzeug? So was Billiges! Wo war mein Gulfstream-Jet? Wie lange hatte ich geschlafen? Und wie viele Quaaludes - oh Gott! Das Restoril!
In meinem Hirnstamm stieg eine Wolke der Verzweiflung auf. Ich hatte die Warnung meines Arztes missachtet und Restoril mit Quaalude kombiniert, beides Schlafmittel, aber zwei Arten, die nicht zueinander passten. Separat genommen war die Wirkung vorhersehbar - sechs bis acht Stunden tiefer Schlaf. Zusammen genommen war die Wirkung - ja, was war die Wirkung?
Ich atmete tief durch und kämpfte gegen das unangenehme Gefühl an. Dann fiel es mir plötzlich ein - das Flugzeug landete in der Schweiz! Alles würde gut werden! Das war Freundesland! Neutrales Territorium! Schweizer Territorium! Lauter Schweizer Sachen - kremige Vollmilchschokolade, abgesetzte Diktatoren, edle Uhren, verstecktes Nazigold, Nummernkonten, gewaschenes Geld, Bankgeheimnis, Schweizer Franken, Schweizer Quaaludes! So ein fabelhaftes kleines Land! Und aus der Luft prächtig anzuschauen! Kein Wolkenkratzer in Sicht, lauter kleine Häuschen über die Landschaft verteilt, wie im Märchenbuch. Und dieser Geysir-unglaublich! Die Schweiz! Die hatten sogar ihre eigene Quaalude-Marke! Wenn mich mein Gedächtnis nicht trog, hieß die Methasedil. Ich nahm mir vor, an der Rezeption danach zu fragen.
Jedenfalls musste man die Schweiz einfach lieben - trotz der Tatsache, dass die Hälfte des Landes voller Frogs und die andere Hälfte voller Krauts war [Franzosen und Deutsche]. Das war das Ergebnis jahrhundertelanger Kriege und politischer Intrigen; das Land war buchstäblich in zwei Hälften geteilt; Genf war die Frog-Zentrale, wo man Französisch sprach, und Zürich war die Kraut-Zentrale, wo man Deutsch sprach. Was meine bescheidene jüdische Meinung angeht, waren die Genfer Frogs die richtigen Geschäftspartner - im Gegensatz zu den Zürcher Krauts, die ihr ekelhaftes, gutturales Deutsch sprachen, massenweise pisswarmes Bier tranken und so viel Wiener Schnitzel aßen, das sich ihr Bauch wölbte wie bei einem Kanguruweibchen nach der Geburt. Außerdem wurde einem ohne viel Nachdenken klar, dass dort immer noch ein paar Nazi-Bastarde von den Goldzähnen leben mussten, die sie meinen Vorfahren mit Gewalt herausgerissen hatten, bevor sie sie vergasten!
Außerdem hatte es noch einen zusätzlichen Vorteil, im französischsprachigen Genf Geschäfte zu machen - nämlich die Frauen. Oh ja!
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