Der Zeitenherrscher
kann.“ Simon trat noch einen Schritt näher an Moon heran. Das Mädchen umklammerte Moon nur noch fester. „Hör auf mich“, bat Simon. „Ihr seid alle in sehr großer Gefahr. Auch wenn dir jetzt alles merkwürdig vorkommt. Ja, auch wenn dir all das hier vielleicht Angst macht. Wir sind hier, um dich zu retten.“
„Retten? Ich verstehe nicht …“
Simon seufzte. „Nicht mehr lange, und dort draußen werden Schüsse fallen. Es …“
„Einen Schuss haben wir bereits gehört“, gab Moon zur Antwort. „Ist es das, wovon du sprichst?“„Ja, Moon. Es gab ein Missverständnis. Gleich werden weitere Schüsse fallen. Und es wird Opfer geben. Viele Opfer. Du musst fliehen. So schnell es nur geht.“
„Und meine Familie? Meine Freunde?“ Simon stach es ins Herz. Das war die Frage, vor der er sich gefürchtet hatte. Wie sollte er Moon dazu bringen, fortzulaufen und seine Freunde in der Schießerei zurückzulassen, die gleich beginnen würde? Wortlos blickte er auf seinen Freund und rang nach Worten.
Die kleine Krähe hüpfte nervös auf und ab. „Simon, wir müssen uns beeilen! Der Zauber wird nicht mehr lange anhalten.“
Die Worte des Vogels rissen Simon aus seinen Überlegungen. Hastig wandte er den Kopf und blickte die Krähe an: „Können wir uns hier frei bewegen?“
Sie nickte.
„Dann lasst uns so viele Menschen wie möglich retten“, schlug Simon vor, und sein Tatendrang steckte die anderen an. „Moon, führ deine Familie nach draußen. Wir suchen ein Versteck für euch und werden so viele deiner Leute mitnehmen, wie die Zeit es zulässt. Los!“
Er wartete Moons Reaktion nicht mehr ab. Er hoffte einfach nur darauf, dass Moon ihnen vertraute. Der Indianer hatte ja auch kaum eine andere Wahl.
„Nun kommt schon!“ Simon stürzte so hastig aus dem Zelt, dass die Krähe von seiner Schulter fiel. Sie flatterte zur Spitze des Tipis und setzte sich dort auf die längste Stange, die aus dem Zelt herausschaute.
Die Zeitenkrieger hasteten ebenfalls aus dem Zelt. Neferti warf Simon noch einen zweifelnden Blick zu, doch da tratMoon auch schon mit dem Mädchen auf dem Arm aus dem Tipi heraus: von einem Mann und der Frau begleitet, die gewiss seine Mutter war.
„Sag uns, was wir tun sollen“, bat Moon.
Simon wies auf die Anhöhe, auf der er sich vorhin mit seinen Freunden versteckt hatte. „Bring deine Familie dort hinauf. Sucht euch ein gutes Versteck. Eines, von dem aus ihr nicht sehen könnt, was hier vor sich geht.“ Und an Salomon und Caspar gewandt sagte Simon: „Ihr beiden kommt am besten mit mir!“
Nin-Si führte Moon mit seiner Familie zu dem Hügel. Neferti ging mit den anderen zu einer Gruppe von Indianern, die dicht neben dem Tipi standen, in dem sie Moon gefunden hatten.
Simon hakte sich bei einem Indianer, der den Arm ausstreckte, unter, und Salomon verstand sofort, was er vorhatte. Er stellte sich auf die andere Seite des Indianers und hakte sich ebenfalls unter. Gemeinsam hoben sie den Mann an. Er fühlte sich ganz normal an. Simon hatte damit gerechnet, dass er kalt oder wie versteinert wirken würde. Doch er machte eher den Eindruck eines schlafenden Mannes. Es war gespenstisch.
Zusammen mit Salomon trug er den Indianer in Richtung des Hügels.
Neferti und Caspar gingen auf ein Indianermädchen zu, das ein Baby auf dem Arm hielt. Die Freunde trugen beide mit Mühe den Hügel hinauf.
Der Aufstieg war für alle sehr beschwerlich. Und immer wieder rutschten die Freunde unter ihrer Last aus. Doch es gelang ihnen, die Lakota-Indianer sicher in ihr Versteck zu bringen.
Moon hatte inzwischen verstanden, was Simon und die Zeitenkrieger bezweckten. Auch wenn er sich das Ganze nicht erklären konnte. Zusammen mit den anderen rannte er den Hügel wieder hinunter, um weitere Menschen zu retten.
Die Krähe umflog die Jugendlichen. „Ich weiß nicht, wie lange der Zauber noch wirkt“, warnte sie immer wieder. „Wir sollten flüchten.“
„Wir flüchten doch“, gab Simon ihr zur Antwort, als er wieder einen indianischen Krieger zusammen mit Salomon den Hügel hinauftrug.
„Aber ihr geht immer wieder ins Lager zurück“, beschwerte sich die Krähe. „Lasst uns endlich verschwinden!“
„Wir werden versuchen, weitere Indianer zu retten, solange es noch möglich ist“, erwiderte Simon mit Nachdruck. „Dein Zauber rettet Menschenleben. Jeder Einzelne, den wir aus der Gefahr retten können, wird später …“
Simon verstummte. Wind kam auf. Eine eisige Brise fuhr ihm
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