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Der Zeitenherrscher

Titel: Der Zeitenherrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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…“
    Adam hob die Hand. „Solch eine Meute denkt nicht nach, junger Freund. Endlich haben sie einen Schuldigen für alles, was hier geschieht.“ Er blickte sich noch einmal um, und dieses Mal war pure Angst aus seinem Gesicht herauszulesen. „Sie machen wirklich ernst“, sagte er noch einmal. „Sie werden gegen die Juden vorgehen. Und ich weiß nicht, ob sie aufzuhalten sind.“
    In diesem Moment erhob sich ein durchdringender Ruf aus dem Stimmengewirr der Menge heraus, und Simon durchfuhr es wie ein Stich, als er die Worte „Juden“ und „Rache“ heraushörte.
    Adam packte Simon an beiden Armen, und aufrichtige Sorge schwang in seinen Worten mit, als er Simon anflehte: „Lauft! Vergesst euren Freund. Rettet euer Leben. Dies ist keine Nacht für Fremde in der Stadt. Wenn solch ein Pöbel einmal losgelassen ist, mit aller Wut und allem Hass der Menschen, ist das wie eine freigelassene Bestie. Wie ein riesiger Hund, der nur noch aus Gebiss und Krallen besteht. Ohne Hirn. Ohne Mitgefühl. Ihr müsst fliehen. Jetzt. Kommt mit mir, ich führe euch zum Stadttor zurück. Ihr …“
    „Wir gehen nicht ohne unseren Freund“, widersprach Simon energisch, und er hoffte, dass seiner Stimme die Angst nicht anzumerken war.
    Der Mann sah ihn mit entsetztem Blick an. „Ich bitte euch. Seid vernünftig. Ich weiß nicht, woher ihr kommt, aber dass ihr gute Menschen seid, das habe ich sofort erkannt. Rennt! Lauft davon! Diese Meute hier … Sie werden euch … Allein euer Aussehen ist doch schon verdächtig. Diese Leute mit ihren Fackeln und ihrem Groll werden nicht lange fragen, wer ihr seid oder was ihr wollt. Ihr seid Fremde hier. Und das reicht aus. Fremdes macht Angst. Gerade in einer solchen Situation.“
    „Ich danke Euch für Eure Sorge“, erwiderte Simon. Und auch wenn er zu gern den Rat dieses Arztes befolgt hätte, dachte er an seinen Freund und gab zur Antwort: „Doch es bleibt dabei: Wir gehen erst, wenn wir Salomon gefunden haben.“
    Adam wirkte jetzt geradezu verzweifelt. „Junge, hör doch …“ Aber Simons entschlossener Blick ließ ihn den Widerstand aufgeben. „Wie ihr wollt“, sagte er ermattet. „Aber ich garantiere nicht für eure Sicherheit. Euer Mut und eure Liebe zu eurem Freund beeindrucken mich. Doch gleichzeitig bange ich um euer Leben.“
    „Könntet Ihr uns denn sagen, wo wir Salomon finden?“, erkundigte sich nun Neferti.
    Der Arzt seufzte. „Er lebt im jüdischen Viertel, wie ihr ja bereits wisst. Wir müssen zusehen, dass wir noch vor dieser Meute …“
    Ein erneuter Schrei hallte vom Marktplatz herauf. Adam riss den Kopf herum und schaute wieder um die Hausecke. Und ob es ihm recht war oder nicht, jetzt lugten auch die Jugendlichen in Richtung des Marktplatzes.
    Es mussten Hunderte sein, die sich dort versammelt hatten, mit ihren Fackeln in den Händen und ihrem Hass in den Gesichtern. Einige Messerklingen blitzten im Widerschein der Fackeln auf. Manche Menschen hielten Knüppel und Steine in ihren Fäusten.
    Der, der geschrien hatte, stand vor der Menschenmenge, mit dem Rücken den Zeitenkriegern zugewandt. Es war ein hochgewachsener Mann, der sehr gepflegt wirkte in seiner schwarzen Kleidung. Der Mann hob eine Hand, und endlich kam Ruhe in die Menge. Der Anführer geduldete sich noch einen Augenblick, dann sprach er zu der Menge: „Ich danke euch allen, dass ihr gekommen seid. Ich weiß natürlich, dass ein jeder von uns sich lieber in seinem Heim verschanzt hätte, um sich vor der Krankheit zu verstecken. Doch glaubt mir, es ist gut, dass ihr gekommen seid. Denn wir haben uns lange genug versteckt. Zu lange haben wir nur zugesehen, wie der schwarze Tod unsere Freunde und Familien von uns genommen hat. Heute Nacht werden wir endlich handeln. Heute Nacht werden wir das Unglück, das über diese Stadt hereingebrochen ist, beenden. Die Schuldigen werden ihre Strafe erhalten. Sie werden Buße tun müssen für das, was sie uns angetan haben.“
    Die Menschenmenge johlte urplötzlich auf, als Geste der Zustimmung und als Zeichen ihrer Entschlossenheit.
    „Zu lange haben wir gewartet. Zu lange haben wir die Schuldigen zwischen uns wohnen lassen. Doch das Ende aller Not ist nahe. Noch in dieser Nacht werden wir diese Stadt befreien!
    Kommt, Freunde. Folgt mir!“
    Wieder brandete Jubelgeschrei auf, dann setzte sich der Mob in Bewegung, seinem Anführer hinterher.
    „Oh nein!“, zischte Adam. „Wir sind zu spät. Sie gehen bereits auf das Viertel zu. Ihr könnt nichts mehr

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