Der Zorn Des Skorpions
abfahrbereit ausgerichtet steht, schalte ich den Motor aus und ziehe die Handbremse.
Jetzt ist es so weit.
Sie liegt zitternd auf der Ladefläche und gibt erstickte Protestlaute von sich, als ich die Heckklappe öffne und die Frau herauszerre. Sie hat jetzt schon eine Gänsehaut, und gleichzeitig ist ihr der Angstschweiß ausgebrochen.
»Nein«, versucht sie, trotz des Knebels zu schreien, und ich höre das Wort, verstehe es, obwohl ihre Stimme entstellt und gedämpft klingt.
»Gehen wir.«
Jetzt weint sie, spielt mir die schwächelnde Schlampe vor, als wollten ihre Beine sie nicht tragen. Einige verhalten sich so. Andere versuchen zu fliehen. Eine hat versucht, sich zu wehren. Zum Schluss endet es immer gleich, und als ich wieder mein Messer schwinge, hat sie verstanden.
Ich schlinge ein Seil um ihre Handgelenke; ich habe keine Zeit, ihr im Wald hinterherzujagen. Ich rücke meinen Rucksack zurecht und treibe sie weiter.
Sie will nicht gehen. So dumm sie auch ist, sie versteht, dass ihr Ende naht: Es gibt kein Entkommen.
Bibbernd stolpert sie vorwärts, pflügt sich durch die Schneedecke, legt den Pfad zu ihrem eigenen Tod.
Ich treibe sie an. Viel Zeit habe ich nicht. Ich muss mich wieder im Ort blicken lassen.
»Schneller«, sage ich und weiß, dass die Kälte ihr längst bis in die Knochen gedrungen ist. Durch die vereisten Dickichte von Schösslingen und über den Bergrücken hinweg folgt sie unter meinem Zwang einem Wildwechsel, den ich seit meiner Kindheit auf der Jagd benutze.
Sie zittert jetzt unübersehbar, entweder vor Angst oder vor Kälte oder wegen beidem. Was nicht weiter wichtig ist. Wir gehen bergab, steigen über einen umgestürzten Baumstamm, dessen zackiger Stumpf unter zentimeterhohem Schnee begraben ist. Der Himmel ist dunkel von Wolken, der Wind bläst stoßweise und in starken Böen.
Sie erwägt einen Fluchtversuch, ich spüre es, aber sie ist ein gehorsames Rehlein und hat sich ihr Leben lang den Launen von Männern unterworfen, so wie sie es geschildert hat. Ein dominanter Vater und dann eine Reihe von Freunden, von denen keiner so richtig der Märchenprinz war, auf den sie gehofft hatte. Sie hat mir von allen erzählt, einschließlich Cesar, ihrem derzeitigen Freund, den sie heiraten wollte.
Elyssa hat von all den Frauen, die ich handverlesen habe, bei weitem am wenigsten Selbstbewusstsein; sie ist ein verhuschtes Mäuschen … Ich hätte sie wohl nicht auswählen sollen, aber ihr Name … der passte so perfekt.
Der Gedanke lockt ein Lächeln auf mein Gesicht, und mir fällt ein, dass mein Geschenk an die Polizei seinen Adressaten vielleicht schon erreicht hat. Wenn ja, dann steht das Büro des Sheriffs jetzt kopf. Chaos wird ausbrechen.
Die heutigen Nachrichten werden bedeutend interessanter ausfallen als die langweilige Pressekonferenz, die Grayson gegeben hat. Auf den Stufen vor dem Büro des Sheriffs hat er posiert mit seiner strengen Miene und versucht, wie ein U.S.-Marshal in irgendeinem alten Western aufzutreten. Ja, Grayson, du langweilige Marionette, wach auf.
»Hier entlang«, sage ich, als Elyssa vor dem vereisten Restchen des Bachs stehen bleibt. Ich stupse sie mit dem Messer, und sie zuckt zusammen, geht schneller über das Eis und steigt am anderen Ufer eine Böschung hinauf. Wir sind bald am Ziel, haben schon fast eine Meile zurückgelegt. Und bei ihr setzen wahrscheinlich schon Taubheitsgefühle und Erfrierungen ein.
Ich will sie nicht tragen, deshalb sage ich: »Lauf!«
Sie erschrickt, wäre um ein Haar ausgeglitten, fängt sich aber wieder, und dank der Bedrohung durch mein Messer galoppiert sie unbeholfen über den Hügel zur Lichtung. Dort steht die einsame Zeder. Ein idealer Platz.
Ihre Augen werden groß, als sie den Baum sieht.
Sie hat kapiert.
Sie schüttelt den Kopf, wehrt das Unvermeidliche ab, doch ich will ihren Protest nicht hören, und als sie mich stumm, mit großen Augen und beschwörendem Blick anfleht und die gefesselten Hände ausstreckt, ignoriere ich sie, binde sie ohne viel Aufhebens an den Baum und zurre sie mit dem Rücken fest an die rauhe Rinde. Ich höre ihren gedämpften Schrei, als ihre Haut mit dem Baumstamm in Berührung kommt.
Ich kann mir keine Zeit mehr lassen, und sie kann sowieso nicht mehr. Ihr Körper hängt in den Seilen, ihr Haar ist starr von Schnee. Sie wimmert leise, und ich entnehme meinem Rucksack die Ausrüstung, nagle die dazugehörige Botschaft über ihrem Kopf an den Baum und ritze an der präzisen Stelle
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