Der zweite Gral
um.
»Briggs, alter Junge!«, entfuhr es Ljuschkin. »Schön, Sie endlich wieder zu sehen!«
Doktor Thomas Briggs kam ihm entgegen. Sie schüttelten sich die Hände.
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, sagte Briggs. Er musste zu dem Russen aufsehen, da er gut einen Kopf kleiner war. »Wie lange ist es her, dass wir uns das letzte Mal hier getroffen haben? Ein halbes Jahr?«
Ljuschkin dachte kurz nach. »Ziemlich genau acht Monate. Ich hoffe nur, dass wir diesmal mehr Erfolg haben als damals.«
Briggs’ Miene verdüsterte sich. »Das hoffe ich auch«, sagte er. »Denn einem reichen Greis sein Geld abzunehmen und ihn dafür zu töten, nennt man in zivilisierten Teilen der Welt Mord. In meinem Sanatorium in Santa Barbara hatte ich wochenlang die Polizei.«
»Aber man konnte Ihnen nichts nachweisen«, entgegnete Ljuschkin. »Die Leiche hat Assad verbrennen und irgendwo in den Bergen verscharren lassen. Inzwischen dürfte kaum mehr etwas von ihr übrig sein.«
»Dennoch hatte ich jede Menge Scherereien. Und ich weiß nicht, wie ich der Polizei ein zweites Mal erklären könnte, dass aus meiner Klinik spurlos ein Mensch verschwindet.«
Ljuschkin legte Briggs seine prankenähnliche Hand auf die Schulter. Gemeinsam gingen sie zu einem mit Intarsien verzierten Tisch aus Rosenholz, auf dem eine Kanne Tee und ein paar Tassen standen. Ljuschkin schenkte beiden ein.
»Ich bin sicher, dass diesmal alles klappt«, sagte er. »Goldmann ist ein gewissenhafter Mann. Der erste Versuch war einFehlschlag. Er hat bestimmt alles darangesetzt, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Acht Monate sind eine Menge Zeit.« Er nippte an seiner Tasse. »Wen haben Sie uns diesmal mitgebracht?«
»Sein Name ist Bloomfield. Wayne Bloomfield. Ehemaliger Senator von Utah. Steinreich. Achtzig Jahre alt. Normalerweise würde ich ihm höchstens noch sechs bis zwölf Monate geben.«
»Der perfekte Patient für unseren Zweck«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich um. Im Eingang stand Scheich Faruq al-Assad. Er war kaum größer als Briggs und ebenso zierlich. Doch seine hagere Gestalt wurde durch den traditionellen arabischen Dishdash verdeckt, sodass er ein wenig stabiler wirkte. Er kam zu den beiden anderen Männern und reichte ihnen die Hand. Er ging ein wenig gebeugt, und seine Finger fühlten sich knorrig an wie die Äste einer alten Eiche. Unter seinen Augen waren dicke Tränensäcke. Dennoch machte er für einen Mann von achtundsiebzig Jahren einen jugendlichen Eindruck.
»Stimmt es, dass Doktor Goldmann das Elixier entdeckt hat?«, fragte Ljuschkin beinahe ehrfürchtig.
Assad nickte, lächelte geradezu spitzbübisch und sagte: »Allerdings, mein Freund. Das hat er.«
42.
D as Telefon klingelte. Emmet, der auf dem Bett eingenickt war, schreckte auf und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Kurz nach acht. Er griff nach dem Hörer.
»Ja, bitte?«
»Hier ist ein Gespräch für Sie, Mister Fitzgerald«, sagte die Dame an der Telefonannahme.
»Vielen Dank. Stellen Sie bitte durch.«
Es klickte. Dann fragte eine dunkle, rauchige Männerstimme: »Zimmer 534? Brian Fitzgerald?«
»Ja. Wer sind Sie?«
»Das tut nichts zur Sache. Ich rufe im Auftrag eines gemeinsamen Freundes an, den Sie gebeten haben, ein paar Erkundigungen einzuziehen.«
Emmet verstand. Am Apparat war ein Informant von Hassan Gamoudi, dem Waffenschieber, den er heute Mittag besucht hatte. »Hat unser Freund Informationen für mich?«
»Ja.«
»Wann kann ich diese Informationen bekommen?«
»Wann Sie wollen.«
»Geht es noch heute Abend?«
»Natürlich. Wenn Sie das Geld dabeihaben.«
Emmet ließ die Bemerkung im Raum stehen. Was er und Lara in Schottland abgehoben hatten, würde noch eine ganze Weile ihre laufenden Ausgaben decken – Hotelrechnungen, Mietwagen, Flüge. Doch um Gamoudi zu bezahlen, reichte es nicht.
Emmet überlegte. Ein Unterhändler würde die Informationen niemals auf Kredit herausrücken. Der Einzige, der diese Entscheidung treffen konnte, war Hassan Gamoudi persönlich.
»Wird unser gemeinsamer Freund bei der Übergabe dabei sein?«, fragte Emmet deshalb.
»Das weiß ich nicht.«
»Sagen Sie ihm, dass ich sehr großen Wert darauf lege.«
»Wie groß?«
»Sind 50.000 Dollar groß genug?«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte die Rauchstimme unbeeindruckt. »Ich hole Sie in einer halben Stunde am Hotel ab. Warten Sie vor dem Haupteingang.«
»Wie erkenne ich Sie?«
»Ich erkenne Sie.«
Es
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