Der Zweite Messias
getötet wurde und weshalb ich meine Schriftrolle zurückhaben will.«
» Ihre Schriftrolle?«
Hassan zündete die Zigarette an, inhalierte den Rauch und blies ihn aus. »Ja. Sie gehört mir. Ich habe sie in Qumran versteckt.«
116.
Der schwarze Mercedes mit den getönten Scheiben bog in die Via della Conciliazione ein. Zwei SUVs fuhren dem Mercedes voraus, zwei weitere folgten ihm. Sämtliche Wagen waren schwer gepanzert, sodass sie sogar einer Panzerfaust standhielten. In jedem SUV saßen mit Maschinenpistolen bewaffnete Sicherheitsbeamte des Vatikans.
John Becket saß auf der Rückbank der von einem Chauffeur gesteuerten Limousine. Ein Bodyguard saß auf dem Beifahrersitz. Der Konvoi fuhr die breite, abgesperrte Straße hinunter, die zum Vatikan führte. Auf den Bürgersteigen drängten sich die Menschen, die in Scharen unterwegs zum Petersplatz waren.
Becket schaute durch die getönten Scheiben, die ihn vor der Menge verbargen.
Sean Ryan, der neben ihm saß, ließ den Blick über die Scharen der Gläubigen auf den Bürgersteigen, über die Souvenirshops und Kioske schweifen. »Offenbar haben wir ein volles Haus, wie man auf dem Broadway sagt.«
»Sie und Ihre Männer können sich auf einen anstrengenden Nachmittag gefasst machen, Sean.«
»Ja, heute werden meine Leute ihr Geld redlich verdienen. Nach Auskunft der Carabinieri werden über eine Viertelmillion Menschen zu Ihrem Segen erwartet. Selbstverständlich haben wir strengste Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, aber ich bitte Sie dennoch, die kugelsichere Weste zu tragen, Heiliger Vater.«
Der Papst winkte ungeduldig ab. »Sie sagten, Sie hätten wichtige Neuigkeiten für mich, Sean.«
Ryan griff in die braune Lederaktentasche, die auf seinem Schoß lag, und zog eine durchsichtige Beweistüte mit einem Blatt heraus, das mit ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben beklebt war. »Der Drohbrief, von dem ich Ihnen erzählt habe und den ich nach Fingerabdrücken untersuchen ließ.«
»Mit welchem Ergebnis?«
Ryan schwang die Plastiktüte mit dem Brief durch die Luft. »Leider haben wir auf dem Blatt keinen einzigen Abdruck gefunden. Aber wir haben es von einem kriminaltechnischen Labor untersuchen lassen.« Er drehte das Blatt um und zeigte auf eine kaum erkennbare Zeile. »Das Labor hat festgestellt, dassdiese Zeile hier auf die Rückseite gedruckt wurde. Vielleicht war es ein altes Blatt, das der Benutzer zur Seite gelegt hat, weil die Tintenpatrone des Druckers leer war. Wir hatten Glück, dass der Täter es offenbar nicht bemerkt hat, als er dieses Blatt für seine Collage benutzte.«
»Und was sagt Ihnen das?«
»Das Schriftbild entspricht dem eines gängigen Hewlett-Packard-Druckers, wie er in den Büros der Kardinäle benutzt wird. Es besteht kein Zweifel, dass es jemand war, der in einem dieser Büros arbeitet.«
»Können Sie genau sagen, wem der Drucker gehört?«
Ryan schien es unangenehm zu sein, die Frage zu beantworten. »Das Schriftbild kann mitunter mikroskopisch kleine Unterschiede aufweisen, sogar bei einem Massenprodukt wie diesem Drucker. Der hier steht in Kardinal Cassinis Büro. Es ist sein privater Drucker. Natürlich könnte jemand dieses Blatt benutzt haben, um eine falsche Fährte zu legen. Ob uns das weiterhilft, können nur weitere Ermittlungen zeigen.«
Der Papst dachte darüber nach und nickte dann. »Ich gebe Ihnen die Erlaubnis, die Ermittlungen weiterzuführen. Gibt es sonst noch etwas, Ryan?«
»Sie hatten mich gebeten, sämtliche Videobänder aus den Vatikanischen Archiven seit dem Tag Ihrer Wahl zu überprüfen, weil Dokumente fehlen …«
»Wieso habe ich das Gefühl, dass Sie mir gleich sagen, sie wurden gestohlen?«
»Leider ja.«
Der Mercedes und die Begleitfahrzeuge näherten sich einem Eingang des Vatikans, der von drei Schweizergardisten bewacht wurde. Die Schranke war geschlossen.
»Wer ist der Dieb, Sean?«, fragte der Papst.
Ryan schob eine Hand in die Aktentasche und zog eine DVD in einer durchsichtigen Plastikhülle heraus. »Auf diesem Überwachungsfilm, der vor wenigen Tagen aufgenommen wurde, könnte der Verdächtige zu sehen sein. Er kennt sich offenbar gut aus, denn er versucht, den toten Winkeln der Kameras auszuweichen. Doch wir haben kürzlich weitere Kameras installiert, die …«
» Wer , Sean?«
Das Gespräch wurde kurz unterbrochen, als der Schweizergardist die Schranke öffnete und salutierte, worauf der Mercedes in den Vatikan fuhr.
»Ich gehe jede Wette ein«, sagte Ryan dann mit
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