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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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wegen ihrer Schärfe kaum herunterbekam. Diese Vertrautheit zwischen ihnen spürte er seit Tagen nicht mehr. Er kam sich lächerlich vor bei dem, was er da tat.
    Dann stand sie auf einmal in der Tür. Der scharfe Geruch musste sie geweckt haben. Vielleicht hatte sie gar nicht geschlafen, überlegte er, vielleicht hatte sie auch nur dagelegen. Sonst gab es immer ein Lachen und Hüpfen, wenn sie dann in die Küche kam, heute gab es nur ein verhaltenes Lächeln. Aber sie nahm das Angebot an und schien es im Gegensatz zu ihm gar nicht lächerlich zu finden.
    Wortlos begann sie, den Tisch zu decken. Sie aßen schweigend. Mehrmals setzte sie an, etwas zu sagen, aber dann hielt sie inne, suchte seinen Blick und betrachtete ihn amüsiert.
    »Schöne Grüße von Âke, deinem Physiklehrer.«
    »Oh«, sagte sie. Ihre Stimme klang erfreut.
    »Die Arbeit war gut, du hast dich bei Joe erst am Ende verrechnet. Ich soll dir ausrichten, dass man Summen nicht kürzen kann. Deshalb braucht Joe in deinem Universum auch nur zwölf Sekunden, um die Sonne zu umkreisen. Ein Joe-Jahr dauert also zwölf Sekunden. Du hast ein schwarzes Loch erschaffen.«
    Linda krümmte sich vor Lachen.
    »Das mit dem Passwort hast du sehr gut gemacht. Alle sind beeindruckt von dir. Sogar ich.«
    Sie hob interessiert die Augenbrauen und schob sich eine Gabel mit einer ehrgeizigen Menge Nudeln in den Mund, an der sie lange zu kauen hatte. Das nutzte er aus.
    »Und wie geht es dir?«, fragte er.
    »Prima!«
    Der kurze Moment, als sie ihre Finger um die Gabel presste, verriet sie.
    »Sofi muss nach Kairo«, flocht er unauffällig in das Gespräch ein. »Weißt du, was sie erzählt? Die Wüste, die Pyramiden, das habe damals, als sie in deinem Alter war, alles in ihrem Kopf und in ihrer Brust geklärt.«
    Linda aß schweigend weiter.
    »Der Abflug ist übermorgen.«
    »Das ist echt gemein von dir.«
    Das sah er ganz anders. Bliebe sie hier, wäre es umso schneller vorbei. Aber das sagte er nicht. »Vier, fünf Tage! Das würde doch keine Rolle spielen. Du darfst sogar die Schule schwänzen. Ich dachte nur, dass du vielleicht etwas nachdenken möchtest.«
    Linda suchte in den Augen ihres Vaters nach Spuren von Arglist. Sie wusste genau, wo sie in so einem Fall suchen musste. »Ich überlege es mir«, sagte sie.

26
    Dienstag, 4. Dezember
     
    Am Morgen traf sich Barbro Setterlind in der Mensa der Universität mit Alva Sundin. Sie trug eine Mütze, so dass Barbro ihre Haare leider nicht zu Gesicht bekam. Barbro hätte gerne gesehen, worüber Kjell seine Späße gemacht hatte. Es war noch nicht viel los um diese Zeit, im Hintergrund stapelte jemand Teller zu hohen Türmen auf. Eine Handvoll Studenten saßen beim Frühstück. Der Kaffee war um diese Zeit schon verkocht und schmeckte bitter und schleimig.
    »Wir haben immer noch keine Spur von Mari«, begann Barbro, bevor sie zu ihrem Anliegen kam. »Deshalb müssen wir ihre Vergangenheit genauer untersuchen. Kennst du irgendjemanden, mit dem Mari engeren Kontakt hatte? Hatte sie einen Freund?«
    »Als ich sie kennenlernte, war sie mit jemandem zusammen.«
    Barbro wartete einige Sekunden, aber Alva sprach nicht weiter. »Hast du ihn mal gesehen, oder kennst du seinen Namen?«
    Alva konnte sich nicht erinnern und war vor allem mit ihrem Schnupfen beschäftigt. Deshalb beendete Barbro das Gespräch und fuhr hinaus nach Nacka. In Maris Zimmer gab es mehrere alte Kalender, die Barbro nun genauer studierte. In dem Kalender vom vorletzten Jahr fand sie eine Reihe von Eintragungen, die nur aus einem Namen bestanden: Fredrik. Auf den letzten Seiten gab es ein Adressverzeichnis mit allerhand Namen, aber ein Fredrik war nicht darunter. Barbro rief einige der Nummern an und kam immer auf dasselbe Ergebnis. Der Kontakt war vor anderthalb bis zwei Jahren stark zurückgegangen und dann abgerissen. Einige ihrer ehemaligen Freundinnen und Freunde kannten Fredrik, aber niemand wusste mehr über ihn als seinen Vornamen. Doch am Ende landete sie einen Volltreffer. Sie sprach mit dem jungen Mann, über den Mari Fredrik einst kennengelernt hatte. Mari hatte die Beziehung vor anderthalb Jahren beendet. Niemand hatte begriffen, wieso.
    Fredrik hieß mit Nachnamen Ulvenstam und arbeitete bei einem Reiseunternehmen. Barbro fuhr sofort hin. Die Firma saß am Industriehafen und stellte sich als internationales Transportunternehmen für Seefracht heraus. Fredrik Ulvenstam sah sportlich aus. Er war kein hässlicher Mann, gehörte aber zum Typ der

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